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Flixbus-Boom: Das „Uber der Fernbusreisen“ kommt aus München

Mit dem Fernbus durch die Alpen: Flixbus verbindet inzwischen 22 Länder Europas. (Foto: © Flixbus)
Mit dem Fernbus durch die Alpen: Flixbus verbindet inzwischen 22 Länder Europas. (Foto: © Flixbus)

Und es war Sommer: Zur vermeintlich schönsten Zeit des Jahres rollen wieder die Busse gen Süden. Tatsächlich sieht man in diesen Tagen immer öfter Grün auf der Autobahn: Flixbus dominiert den Markt für Fernbusreisen längst nicht nur in Deutschland. Binnen nur vier Jahren hat das Start-up das Reiseverhalten der Smartphone-Generation neu geprägt.

Meran, Juli 2017. Im mediterranen Alpenkurort, der nicht zuletzt als bevorzugtes Urlaubsdomizil der österreichisch-ungarischen Kaiserin Elisabeth („Sissi“) seinen Platz in den Geschichtsbüchern fand, versammeln sich keine 500 Meter von der vornehmen Promenade an der Passer ungewöhnlich viele Twentysomethings an der Bushaltestelle, an der knapp zehnmal am Tag auch Fernbusse halten.

Ein halbe Stunde vor der Abfahrt kommt ein grüner Bus herangebraust. Der Fahrer steigt aus, öffnet die Gepäckluke und nimmt die Fahrgäste in Empfang. Fast ausschließlich werden Smartphones gezückt, auf denen der digitale Fahrschein auf der App abgeglichen wird – analog sind fast nur noch die Reisepässe, schließlich geht es über die Grenze nach Österreich zunächst nach Innsbruck, dann später nach Deutschland, wo der Bus sein endgültiges Reiseziel nach gut vierstündiger Fahrt in München erreicht.

Flixbus verbindet inzwischen fast ganz Europa

Und das für keine 20 Euro, wenn man ein paar Tage im Voraus bucht. Selbst 24 Stunden vorher ist das Ticket noch für 27 Euro zu haben. Zum Vergleich: Mit der Bahn, die nach drei Umstiegen sogar mehr als fünf Stunden benötigt, schlägt für die Fahrt mit 65 Euro 24 Stunden vor der Abfahrt fast der dreifache Preis zu Buche.

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So wie an diesem Julimorgen geht es tausendfach zu in Europa. Flixbus verbindet längst nicht nur Deutschland, sondern inzwischen fast die ganze EU. Neben Deutschland, Österreich und der Schweiz bedient Flixbus auch Passagiere in 19 weiteren Ländern wie Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, den Niederlanden, Belgien, Schweden, Dänemark, Norwegen, Ungarn, Polen, der Ukraine, Tschechien, der Slowakei, Slowenien, Serbien, Montenegro und Mazedonien.

Die Geschichte des Interrails wird noch einmal neu geschrieben – auf der Autobahn

Es ist, als würde die Geschichte des Interrails, die in den 70er-Jahren begonnen hatte, fast ein halbes Jahrhundert später noch einmal geschrieben werden – vom eigentlich uncoolen Fortbewegungsmittel des Autobusses. Das liegt einerseits natürlich an den konkurrenzlos günstigen Preisen, die Bahnreisen fast wie Luxus erscheinen lassen, andererseits aber auch an der einfachen Handhabung.

Nicht von ungefähr kommen Flixbusse modern daher, sind mit Steckdosen für iPhone-Ladekabel und kostenlosem WLAN ausgestattet, während Reisen quer durch Europa mit der Mobil-App kinderleicht mit wenigen Klicks gebucht werden können. Es ist das logische Fortbewegungsmittel der Generation Instagram, die wie selbstverständlich in Europa hin- und herpendelt – und sei es nur für ein Wochenende in den Dolomiten, dem Schwarzwald oder der Bucht von Kotor.

Datenanalysten statt Busbetrieb

Dabei hat eine der überraschendsten Erfolgsgeschichten des Personentransports in Europa vor gerade einmal vier Jahren ihren Ursprung genommen – in München. Die drei Freunde Jochen Engert, Daniel Krauss und André Schwämmlein gründeten Flixbus nach der Liberalisierung des Fernbusmarkts 2013, waren aber schon Jahre vorher auf die große Chance durch eingehende Datenanalyse vorbereitet.

Tatsächlich sieht sich Flixbus mehr als Internet- denn als Logistik-Unternehmen. Flixbus operiert nach der Blaupause erfolgreicher Silicon Valley-Player wie Uber oder eBay: Gestellt wird die Plattform, das Geschäft betreiben andere. Tatsächlich besitzt die Flixmobility GmbH selbst keinen einzigen Bus – für die Fahrten werden mittelständische Busbetriebe beauftragt, die 75 Prozent des Umsatzes kassieren, 25 Provision geht an die Münchner. “Flixbus ist für mich das Uber des Busmarkts”, adelt der Tech-Investor Andreas von Bechtolsheim gegenüber dem Wirtschaftsmagazin manager magazin die drei Mittdreißiger.

Vom Start-up zum Fernbusmarktführer in vier Jahren

Das bemerkenswerte Erfolgsgeheimnis der Münchner liegt wie bei Netflix oder Amazon in der Datenanalyse: Über Jahre haben Engert, Krauss und Schwämmlein das Buchungsverhalten auf dem deutschen Fernbusmarkt analysiert und ihr Streckennetz entsprechend auf eine hohe Nachfrage optimiert.

Schnell wurde Flixbus zum ernst zu nehmenden Rivalen der seit Jahrzehnten starren Busbetriebe. Der große Coup gelang den umtriebigen Münchnern 2015, als sie, gestärkt durch das Wagniskapital ihres US-Investors General Atlantic, den größeren Rivalen Mein Fernbus übernahmen, der ebenfalls als Start-up um die jüngere, urbane Zielgruppe buhlte und damit zur Nummer eins der Branche aufstiegen.

Angeblich bereits 400 Millionen Euro Jahresumsatz

Der Rest ist Geschichte: Im vergangenen Jahr wurde schlagzeilenträchtig Postbus, der Fernbusbetrieb der Deutschen Post, übernommen, während die Deutsche Bahn ihr Fernbusangebot gar einstellte. Die Säulen der bundesrepublikanischen Wirtschaft kapitulierten vor dem ein paar Jahre alten Herausforderer aus dem Start-up-Lager. Folgerichtig kürte das Manager Magazin Flixbus im vergangenen Jahr zu einem der drei „Game Changer-Unternehmen” der Digitalisierung in der Bundesrepublik.

Mit einem Marktanteil von 93 Prozent ist Flixbus heute in Deutschland unangefochtener Marktführer. Bemerkenswerte 400 Millionen Euro Umsatz soll Flixbus, das bereits 900 Mitarbeiter beschäftigt, im vergangenen Geschäftsjahr schon erlöst haben und in diesem Jahr erstmals in Deutschland profitabel arbeiten. Ab einer Busauslastung von 67 Prozent machen die Münchner pro Fahrt Gewinn. Auch bei vermeintlich prominenten Strecken kennt die Kosten-Nutzen-Rechnung keine Gnade: Die Strecke Hamburg-Sylt etwa wurde nach fehlender Rentabilität in diesem Jahr dann auch schnell wieder geschlossen.

Auch in Europa bereits die Nummer eins

Europaweit befinden sich die Münchner nach einer strammen Expansion unterdessen ebenfalls in der Pole Position. Tatsächlich erscheint die Landkarte des Alten Kontinents nur noch in großen Teilen von Großbritannien, dem Baltikum, Griechenland und in vermeintlich abenteuerlicheren Regionen wie Albanien und Bulgarien noch einige weiße Flecken aufzuweisen.

Mittelfristig könnte Flixbus in noch andere Bereiche der „Sharing Economy“ vorstoßen – Car- und Taxisharing werden in einem Bericht des manager-magazins genannt. Bis es so weit ist, verbindet Flixbus inzwischen jeden Tag 1200 Fernbus-Destinationen in 22 Ländern. Pünktlich zum Sommerbeginn hat Flixbus sogar eine Reise-Flatrate eingeführt, die das jahrzehntelange Reisemodell Interrail in den Schatten stellt. Für nur 99 Euro können Flixbus-Kunden mit „Interflix“ fünf Direktreisen buchen, die sie beliebig binnen drei Monaten antreten – Interflix ist das neue Interrail.