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Warum die Finanzierung der Rundumbetreuung von Grundschülern kompliziert wird

Die GroKo will die Betreuung von Grundschülern garantieren. Doch es gibt Streit um die Finanzierung der nötigen Million Plätze. Auch rechtlich wird es kompliziert.

Die Große Koalition will einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschülern ab 2025. Foto: dpa
Die Große Koalition will einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschülern ab 2025. Foto: dpa

Für Kindergartenkinder ist der Rechtsanspruch auf Betreuung heute Normalität, ihn gibt es bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten. Seit 2013 gilt der Anspruch schon für Einjährige. Aber die Eltern von Grundschülern können sich bislang nicht darauf verlassen, dass ihre Kinder eine Ganztagsbetreuung bekommen.

Das will die Große Koalition ändern und verspricht einen Rechtsanspruch ab 2025. Bisher gibt es allerdings erst grobe Eckpunkte und die Einigung auf ein Sondervermögen in Höhe von zwei Milliarden Euro für Investitionen, das die Bundesministerinnen für Familie und Bildung, Franziska Giffey (SPD) und Anja Karliczek (CDU) auf den Weg gebracht haben. Doch das ist erst der Anfang. Die gesamten Investitionskosten werden weit höher sein.

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Völlig unklar ist, wer für den laufenden Betrieb zahlt. Die Länder fordern, der Bund müsse die Kosten komplett übernehmen, wenn er einen Rechtsanspruch ins Gesetz schreibt. Dieser hat sich dazu noch gar nicht geäußert. Im Koalitionsvertrag verspricht die CDU-CSU-SPD-Koalition immerhin sicherzustellen, „dass insbesondere der laufenden Kostenbelastung der Kommunen Rechnung getragen wird“. Nun drängt die Zeit, denn eigentlich sollte die Bundesfamilienministerin den Gesetzentwurf für den Rechtsanspruch schon 2019 vorlegen.

Nicht nur der Nutzen für die Eltern, auch der volkswirtschaftliche Nutzen eines staatlichen Rundum-Betreuungsangebots bis zur vierten Klasse ist unbestritten: Werden Grundschulkinder den ganzen Tag betreut, können Eltern arbeiten, zahlen mehr Steuern und Sozialabgaben.

Nach einer früheren Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) führen etwa 330.000 zusätzliche Ganztagsplätze zu Zusatzeinnahmen des Staates von mehr als zwei Milliarden Euro – denen nur laufende Kosten von etwa 0,8 Milliarden Euro entgegenstehen. „Gesamtfiskalisch lohnt sich die Ganztagsbetreuung also“, schreibt der IW-Experte Wido Geis-Thöne. Außerdem gäbe es positive Effekte auf Bildung und Integration.

Unklar ist allerdings die genaue Dimension des Bedarfs – und damit der Kosten. Die Länder wollten eigentlich eine Versorgungsquote von 90 Prozent als Basis für die noch auszuhandelnden Finanzhilfen des Bundes. Sie einigten sich dann jedoch mit dem Bund auf eine Zielmarke von „circa 75 Prozent“.

Das Deutsche Jugendinstitut (DJI) hatte im Auftrag des Bundes im Frühjahr zunächst berechnet, dass bis 2025 665.000 Plätze geschaffen werden müssten. Nach einigen Monaten legte es auf der Basis der neuesten Bevölkerungsprognose eine neue Kalkulation vor und berücksichtigte zudem einen zu erwartenden steigenden Bedarf.

Nun summiert sich der Bedarf auf zusätzlich bis zu 1,1 Millionen Plätze. Darin sind allerdings auch die Elternwünsche enthalten, die eigentlich mit einer Betreuung über die Mittagszeit bis maximal 14.30 Uhr zufrieden sind. Rechnet man diese heraus, beläuft sich der Bedarf auf 820.000 Plätze, die Länder und Kommunen bis 2025 schaffen müssten.

Bund und Länder haben sich gleichwohl auf die 1,1 Millionen als Basis künftiger Verhandlungen verständigt. Um diese zu schaffen, wären laut DJI bis 2025 Investitionen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro nötig - und dann jährlich 4,5 Milliarden für den laufenden Betrieb.

Nachfrage könnte wachsen

Auf dieser Basis kritisierten prompt Länder und Kommunen die zwei Milliarden, die der Bund nun in ein Sondervermögen packt, als viel zu niedrig. Ausgegeben werden kann das Geld ohnehin erst, wenn das Gesetz zum Rechtsanspruch und das zugehörige Finanzhilfegesetz in Kraft treten. Für beides gibt es bisher keinen Entwurf.

Die Bertelsmann-Stiftung legte jedoch schon nach: Nach ihrer Studie werden die Betriebskosten sogar um fast ein Fünftel höher sein und jährlich 5,3 Milliarden Euro betragen. Der Aufschlag sei nötig, weil existierende Ganztagsplätze so aufgerüstet werden müssen, dass sie auch eine längere tägliche Betreuung erlauben.

Denn Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, dass die Ganztagsbetreuung täglich acht Stunden umfassen soll. Die Rede ist dabei von Schülern der Klassen eins bis vier und von vier Wochen Ferienschließzeiten pro Jahr.

Geis-Thöne sieht die Milliarden-Kalkulationen zumindest kritisch. Die Erfahrung mit den Kita-Plätzen für die ganz Kleinen unter Drei habe zwar gezeigt, dass die Nachfrage der Eltern mit dem Angebot wächst. Sie könne sich aber „je nach Qualität des Ganztagsangebots auch ganz anders entwickeln“, sagte der IW-Experte. Doch selbst wenn der Bedarf klar wäre, „lässt sich noch nicht genau sagen, wie viel Geld dafür tatsächlich nötig sein wird“.

Denn aktuell gebe es keine Statistik, aus der hervorgeht, wie viele Räume den Schulen fehlen, wie viel Betreuung sie schon anbieten und wer diese Leistungen erbringt. „Dieses Monitoring brauchen wir dringend, bis der Rechtsanspruch gültig wird“, so Geis-Thöne. „Länder und Kommunen verfügen derzeit nicht über belastbares Zahlenmaterial zu möglichen Investitionskosten“, heißt es in einem Schreiben der NRW-Kultusministerin Yvonne Gebauer, Verhandlungsführerin für den Schulbereich.

Rechtliche Probleme möglich

Zudem deuten sich rechtliche Probleme an. Eine Betreuung nach dem Unterricht kann entweder in einer eigenen Einrichtung oder in der Schule selbst stattfinden. Letzteres gilt unter Bildungsexperten als das bessere Modell, denn es erlaubt ein Gesamtkonzept für Unterricht, Hausaufgabenbetreuung und Freizeit.

Ein Rechtsanspruch im Sozialgesetzbuch VIII, wie sie der Bund plant, würde allerdings nur die Kommunen als Träger der Kinde- und Jugendhilfe binden – nicht die Schulen. Diese dürfte der Bund auch gar nicht direkt bezuschussen – dafür bräuchte es eine Verfassungsänderung.