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Was Finanzaufseher in den USA und Großbritannien anders machen als die in Deutschland

In der Debatte über eine Reform der deutschen Finanzaufsicht Bafin werden angelsächsische Behörden immer wieder als Vorbilder genannt – ein Überblick.

Wenn Aufseher gegenüber den Banken, die sie beaufsichtigen, zu nachsichtig werden, dann heißt das im angelsächsischen Fachjargon „Regulatory Capture”. „Das Problem besteht bei uns in den USA genauso wie anderswo auch“, sagt Sheila Bair, die frühere Chefin der US-Einlagensicherung FDIC. Aber die Haltung gegenüber den Instituten müsse immer klar sein. „Regulierer sind nicht die Fürsprecher der Branche, sondern die Aufseher.“

Die Atmosphäre zwischen Banken und Behörden müsse deshalb nicht feindlich sein, aber die Kontrolleure müssten ihren Auftrag kennen, betont Bair im Gespräch mit dem Handelsblatt: „Ihr Mandat ist es, die Öffentlichkeit zu schützen. Das Finanzinstitut, das sie beaufsichtigen, hat eine Gewinnmotivation.“

Bairs Worte zeigen, dass sich die Debatten über die Arbeit der Finanzaufsicht auf beiden Seiten des Atlantiks oft um die gleichen Themen drehen. Die deutsche Bafin steht angesichts des Betrugsskandals bei Wirecard derzeit jedoch deutlich stärker in der Kritik als die Kollegen in den USA oder Großbritannien.

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In der Diskussion über die geplante Reform der Bafin werden angelsächsische Aufsichtsbehörden wie FDIC, SEC und FCA immer wieder als Vorbilder genannt. Diese haben zum Teil zwar unterschiedliche Aufgaben und Befugnisse, aber auch viele ähnliche Herausforderungen – beispielsweise die Rekrutierung von gutem Personal.

In den USA und Großbritannien ist es dabei verbreiteter als in Deutschland, dass Manager aus der Finanzbranche für ein paar Jahre zu einer Aufsichtsbehörde wechseln – und anschließend wieder zurück zu einer Bank oder einem Versicherer.

„Revolving Door“ nennt man dieses Prinzip – und Bair selbst ist dafür ein perfektes Beispiel. Bevor sie Finanzaufseherin wurde, arbeitete sie mehrere Jahre für den New Yorker Börsenbetreiber Nyse. Nach ihrem Abtritt als FDIC-Chefin wechselte sie dann zurück in die Privatwirtschaft und arbeitete unter anderem für die spanische Großbank Santander und den Finanzdatenkonzern Thomson Reuters.

Wenn Aufseher Erfahrungen aus der Finanzbranche mitbringen, sei das hilfreich, sagt Bair. „Eine Behörde kann davon sehr profitieren.“ Es müsse jedoch auch klare Grenzen geben. „Regulierer sollten niemals für die Bank arbeiten dürfen, die sie beaufsichtigt haben.“

Zerschlagung der britischen Finanzaufsicht

Bei der britischen Financial Conduct Authority (FCA) gibt es im Verwaltungsrat und Exekutivkomitee eine bunte Mischung aus Karrierebeamten, Verbraucherschützern und Praktikern aus der Finanzbranche. Der neue FCA-Chef Nikhil Rathi war vorher fünf Jahre lang Vorstandschef der Londoner Börse. Verwaltungsratschef Charles Randell arbeitete lange als Anwalt in der Großkanzlei Slaughter und May, wo er während der Finanzkrise Banken bei der Restrukturierung beriet.

Die FCA schafft es auch deshalb, regelmäßig Manager aus der Privatwirtschaft zu gewinnen, weil sie relativ hohe Gehälter zahlt. Der Behördenchef verdient rund eine halbe Million Pfund im Jahr, die Vergütung der anderen Mitglieder des Exekutivkomitees liegt zwischen 300.000 und 400.000 Pfund.

Die FCA wurde 2013 gegründet, um einen Neuanfang nach der Finanzkrise zu signalisieren. Die Vorgängerbehörde Financial Services Authority (FSA) war berüchtigt für ihre „Light Touch“-Regulierung und geringe Kapitalvorgaben, die zur Pleite mehrerer britischer Banken beitrugen. Den Aufsehern wurde damals zu große Branchennähe vorgeworfen sowie ein naiver Glaube an die Selbstregulierung des Finanzsektors.

Die Aufgaben der FSA – und auch ein Großteil des Personals – wurden auf mehrere neue Behörden verteilt. Die Prudential Regulation Authority (PRA) bei der Bank of England ist seither für die Finanzstabilität zuständig und achtet auf eine ausreichende Kapitaldecke bei 1500 Banken und großen Investmentfirmen. Die FCA hingegen ist für Verbraucherschutz und Wettbewerb verantwortlich und ahndet Fehlverhalten von Unternehmen und Managern.

In ihrer kurzen Geschichte hat die FCA allerdings eine beachtliche Zahl an Aufsichtsskandalen angehäuft. So wurde die Behörde bereits 2015 und 2017 auf das dubiose Anlagemodell von London and Finance Capital hingewiesen. Sie reagierte jedoch erst im Dezember 2018 und fror die Konten der Firma ein. Doch da war es schon zu spät: 11.000 Kleinanleger hatten 236 Millionen Pfund in unregulierte Mini-Anleihen investiert.

Es wird erwartet, dass die Anleger lediglich 25 Prozent ihres Kapitals zurückerhalten. Inzwischen sind Mini-Bonds verboten, doch der gerade veröffentlichte Untersuchungsbericht zu dem Skandal bemängelt „erhebliche Lücken“ bei der Aufsicht. Der damalige FCA-Chef Andrew Bailey, inzwischen Gouverneur der Bank of England, wird darin auch persönlich verantwortlich gemacht.

„Wir wirken ein bisschen schwachbrüstig“

In Deutschland wird als mögliches Vorbild für die Bafin häufig die US-Börsenaufsicht SEC genannt. Diese hat bei der Marktaufsicht größere Befugnisse als die Bonner Behörde und verfolgt zum Teil auch Verstöße, für die hierzulande Strafverfolgungsbehörden zuständig sind.

„Natürlich können wir von dem SEC-Modell etwas lernen“, sagte Bafin-Chef Felix Hufeld im Sommer in einem Interview. „Aber auch in den USA kam es zu Betrugsfällen. Zudem haben die Vereinigten Staaten ein anderes Rechtssystem, das nicht so einfach auf Europa übertragbar ist.“

Immer wieder diskutiert wird zudem die Frage, ob die Bafin die Möglichkeit bekommen sollte, wie ihre angelsächsischen Pendants höhere Strafen gegen Finanzkonzerne zu verhängen. „Manchmal beneide ich die Kollegen aus anderen Ländern, dass sie so ein Instrument haben“, sagte der oberste Bafin-Bankenaufseher Raimund Röseler kürzlich auf einer Handelsblatt-Veranstaltung.

Bei der Manipulation des Referenzzinssatzes Libor, an der vor einigen Jahren unter anderem die Deutsche Bank beteiligt war, hätte Röseler nach eigenem Bekunden gern eine Strafe von 700 Millionen Euro verhängt. „Das wäre für unser Standing viel besser gewesen“, glaubt der Bankenaufseher. „So wirken wir immer ein bisschen schwachbrüstig.“

Für die Durchschlagskraft der Bafin sind höhere Strafen aus Sicht von Röseler dagegen nicht entscheidend. Er verweist darauf, dass die Behörde bei Skandalen und Fehlentwicklungen personelle Veränderungen bei den Banken erzwingt. „Die sind nicht so publikumswirksam, helfen aber durchaus, um Missstände zu beseitigen.“