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Wenn das Finanzamt an die Finca klopft

Finanzämter tauschen weltweit Informationen aus. Das trifft jetzt deutsche Käufer von Urlaubsdomizilen. Wie sie tricksten, warum sie auffliegen und was Ihnen der Fiskus jetzt abverlangt.

Das „Private Banking Magazin“ neigt zu einem dezenten Tonfall. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen, wenn das Szeneblatt honoriger Vermögensverwalter seine Zurückhaltung aufgibt. Wie im Dezember, als das Magazin vor einem „Big Bang auf den Balearen“ warnte – mit „verheerenden steuerlichen Auswirkungen“ und „erheblichen strafrechtlichen Folgen“ für deutsche Ferienhausbesitzer. Was ist passiert?

Tausende deutsche Eigentümer von Fincas und Villen haben in den vergangenen Jahren bei der Steuer getrickst. Nach mehreren harten Grundsatzurteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) drohen deshalb nun hohe Steuernachforderungen und darüber hinaus Geldstrafen.

Das Beste aus Sicht deutscher Finanzbeamter: Sie können sich aufwendige Ermittlungen bei den spanischen Kollegen bald sparen. Dank des „automatischen Informationsaustausches in Steuersachen“, der am 1. Januar in Kraft getreten ist (WirtschaftsWoche 48/2016), bekommen sie die Namen von Verdächtigen frei Haus.

Villen und Fincas im Firmenmantel

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In der Regel hat alles mit einem vermeintlich legalen Steuersparmodell begonnen. „Bis zu einer Gesetzesänderung im Jahr 2007 war es unter Deutschen weit verbreitet, spanische Ferienhäuser über eine eigens dafür gegründete Kapitalgesellschaft zu kaufen“, sagt Willi Plattes, Steuerberater und Partner der Kanzlei European@ccounting in Palma de Mallorca. Der Clou: Der Wert einer Immobilie im Firmenmantel orientiert sich am ursprünglichen Kaufpreis des Hauses – und nicht am Marktwert. Selbst bei boomenden Hausmärkten sind deshalb im Verkaufsfall keine Wertzuwächse zu versteuern; und auch die Erbschaftsteuer fällt oft niedriger aus. „Ich gehe davon aus, dass rund die Hälfte der Deutschen, denen in Spanien eine Immobilie gehört, eine Kapitalgesellschaft zwischengeschaltet hat“, sagt Plattes. Das wären Hunderttausende, wo doch allein auf Mallorca laut offizieller Statistik bei jedem dritten Immobiliendeal ein Deutscher auf der Käuferseite steht.

Lange Zeit waren die Firmenmäntel kein Problem, doch 2013 stellte der BFH in einem Grundsatzurteil klar: Wer in einer Immobilie Urlaub macht, die einer Kapitalgesellschaft gehört, muss dafür Miete zahlen – und zwar auch, wenn ihm die Firma selbst gehört (I R 109–111/10). Ansonsten sei der Mietvorteil eine steuerpflichtige „verdeckte Gewinnausschüttung“. Das klingt unangenehm und ist es auch.

Die gravierende Folge: Im Urteilsfall musste eine Familie aus dem Rheinland, die vor etlichen Jahren eine 1,2-Millionen-Villa im mallorquinischen Port Andratx über eine Sociedad Limitata (S.L.) – die spanische Version einer GmbH – gekauft hatte, nachträglich rund 78.000 Euro pro Jahr versteuern. Das sei die Miete, die ein fremder Vermieter für das Anwesen verlangt hätte, so der BFH. In Ferienregionen, berichtet Plattes, fielen die verdeckten Gewinnausschüttungen wegen der hohen Mieten besonders hoch aus. Hinzu kommen Strafzinsen von sechs Prozent pro Jahr.

Was 2013 niemand ahnte: Der BFH war noch nicht fertig. 2016 haben die Finanzrichter drei neue Urteile gefällt, mit denen sie die Rechtslage bei Immobilien, die ein Firmenmäntelchen tragen, weiter verschärften (I R 8/15, I R 12/15, I R 71/15). „Die Urteile führen dazu, dass die verdeckten Gewinnausschüttungen deutlich höher ausfallen“, sagt Günther Strunk, Steuerberater und Partner der Kanzlei BWLS Strunk Stoffersen in Hamburg. Denn die Richter stellten klar, dass die „ortsübliche Miete“ nicht ausreicht. Damit keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, müsste die Firma sämtliche Kosten decken und zudem einen angemessenen Gewinn machen. „Aus der Berechnungsmethode, die der BFH vorgibt, ergibt sich eine Mindestrendite von fast sieben Prozent“, sagt Plattes. Das sei „realitätsfern“.

Hinzu kommt: Anders als bei der Frage, ob Vermieter Verluste von anderen Einkünften abziehen dürfen, reicht es nicht, wenn die Firma über einen längeren Zeitraum einen „Totalüberschuss“ macht. Finanzbeamte müssten infolge der aktuellen BFH-Urteile „jedes Jahr einzeln betrachten“, so Strunk. Gerade in Jahren mit Reparaturen fallen dann hohe verdeckte Ausschüttungen an.


Auch Italien und Florida im Visier

Nicht nur Spanien ist im Visier der Ermittler. Auch andere beliebte Feriendomizile sind von der neuen Rechtsprechung betroffen – darunter Portugal, Italien und Florida. Selbst deutsche Wohnhäuser werden bisweilen über eine eigens dafür gegründete GmbH gekauft – um solche Fälle ging es in den neuen BFH-Urteilen.

Allerdings war das Modell nirgends so verbreitet wie in Spanien. Zahlreiche Betroffene haben inzwischen Post von den Finanzbehörden bekommen. „Die deutschen Finanzämter haben dafür Spezialabteilungen eingerichtet“, berichtet Plattes. Viele Eigentümer haben die Beamten selbst auf ihre Spur gebracht, weil sie in Steuererklärungen wie vorgeschrieben mitteilten, dass sie an einer ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt sind. Kein Wunder: Bis zum BFH-Grundsatzurteil 2013 schien ja alles in Ordnung. Vor allem bei spanischen S.L. haken die deutschen Beamten seither gezielt nach und fordern Steuererklärungen nachträglich an.

Wer mauert, hat schlechte Karten. Plattes: „Im Rahmen des automatischen Informationsaustausches melden die spanischen Behörden auch Konten von Kapitalgesellschaften mit deutschen Gesellschaftern. Dabei werden auch die Bilanzen und Steuererklärungen der letzten vier Jahre übermittelt.“ Startschuss für diesen Teil des Informationsaustausches sei der 30. September in diesem Jahr.

Betroffenen droht dann nicht nur eine Nachzahlung, sondern auch eine happige Strafe – selbst bei Immobilien unterhalb der Luxusklasse: Bei verdeckten Gewinnausschüttungen von beispielsweise 30.000 Euro pro Jahr kommen über zehn Jahre 300.000 Euro zusammen, für die der persönliche Steuersatz von bis zu 47,48 Prozent greift. Damit läge der hinterzogene – und nachzuzahlende – Betrag bei bis zu 142 400 Euro. Für die Strafe sind zwar meist nur die vergangenen fünf Jahre relevant – also typischerweise die Hälfte des Betrages. Trotzdem stünden zusätzlich zur Steuernachzahlung bis zu 360 Tagessätzen – rund ein Jahresnettogehalt – im Raum; sogar eine Bewährungsstrafe wäre möglich.

Allerdings meinen Experten, dass für solcherlei Tun vor dem Jahr 2013 mildernde Umstände gelten müssten, weil Eigentümer vor dem BFH-Grundsatzurteil davon ausgehen durften, dass ihr Modell korrekt sei. Das könnte eine etwaige Geldstrafe halbieren. „Vor dem Urteil gab es weder eine gefestigte Rechtsprechung noch eine eindeutige Verwaltungsauffassung“, sagt Jesco Idler, Steuerberater und Partner der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg in Bonn. „Meines Erachtens liegt für diesen Zeitraum deshalb keine Steuerhinterziehung vor.“

Wer seine Immobilie mietfrei genutzt und trotz des Urteils weitergemacht hat, kann die Strafe noch durch eine Selbstanzeige vermeiden. Die muss aber beim Finanzamt eingehen, bevor die Informationen aus Spanien dort eintrudeln und gesichtet werden. Wie lange das nach dem Stichtag 30. September 2017 dauert, weiß niemand, zumal die Daten zunächst ans Bundeszentralamt für Steuern gehen und von dort weitergeleitet werden.

Einige Betroffene versuchen derzeit offenbar, die Sache in Spanien zu bereinigen. Das heißt: Sie zahlen ihrer S.L. nachträglich eine ausreichende Miete und korrigieren anschließend die Firmen-Steuererklärungen der letzten zehn Jahre. Das ist günstiger – vor allem, weil der spanische Fiskus die Körperschaftsteuer von nur 25 Prozent berechnet und nicht den persönlichen Steuersatz.

Die deutschen Behörden, so das Kalkül, erhalten dann im Rahmen des Info-Austausches nur die neuen Steuererklärungen, denen zufolge die S.L. stets Gewinne gemacht hat.

Ob sich die Beamten damit zufrieden geben, ist offen. Experten warnen, dass sie bei den Eigentümern die Differenz zwischen spanischer Körperschaft- und deutscher Einkommensteuer einfordern könnten.