Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 8 Stunden 39 Minuten
  • Nikkei 225

    37.552,16
    +113,55 (+0,30%)
     
  • Dow Jones 30

    38.503,69
    +263,71 (+0,69%)
     
  • Bitcoin EUR

    62.084,36
    -258,68 (-0,41%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.428,16
    +13,40 (+0,95%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.696,64
    +245,33 (+1,59%)
     
  • S&P 500

    5.070,55
    +59,95 (+1,20%)
     

Fiat Chrysler will mit Renault zum drittgrößten Autokonzern der Welt werden

Der Autokonzern Fiat Chrysler (FCA) schlägt eine Fusion mit Renault vor. Das teilte das Unternehmen am Montag mit. Demnach sollten nach einer Fusion beide Seiten je 50 Prozent erhalten. Bei einem Zusammenschluss würde einer der größten Autokonzerne der Welt entstehen, der 8,7 Millionen Autos pro Jahr in wichtigen Märkten rund um den Globus verkauft, und die Marktführer Volkswagen und Toyota herausfordern.

Der Renault-Verwaltungsrat signalisiert Interesse an dem Fusionsvorschlag: „Der Verwaltungsrat hat nach sorgfältiger Prüfung des freundlichen FCA-Vorschlags entschieden, die Gelegenheit eines solchen Zusammenschlusses mit Interesse in Augenschein zu nehmen“, teilte der französische Autobauer am Montag mit. Das französische Unternehmen erklärte weiter, die Ergebnisse der Prüfung würden zu gegebener Zeit mitgeteilt. Bereits am Wochenende gewannen Gerüchte über eine weitgehende Kooperation oder gar eine Fusion der beiden Unternehmen an Kraft.

„Der vorgeschlagene Zusammenschluss würde einen globalen Autohersteller schaffen, herausragend in Bezug auf Umsatz, Volumen, Rentabilität und Technologie sowie von Vorteil für die Anteilseigner der Unternehmen“, teilte Fiat Chrysler am Montag weiter mit. Es habe bereits Gespräche zwischen beiden Unternehmen gegeben, um Produkte und Regionen für eine Zusammenarbeit zu identifizieren.

Die neu entstehende Holding soll ihren Sitz den Plänen zufolge in den Niederlanden haben und an den Börsen in Mailand, Paris und New York gelistet werden. Durch die Fusion erhoffen sich die Konzerne jährliche Einsparungen von fünf Milliarden Euro. Fiat-Aktionäre können sich außerdem über eine Sonderdividende von 2,5 Milliarden Euro freuen.

WERBUNG

In der Branche wächst der Druck zu Kooperationen und Fusionen, um beim Trend zu umweltfreundlicheren Motoren und dem autonomen Fahren besser aufgestellt zu sein. Fiat-Aktien schnellten am Montag in den ersten Handelsminuten um 19 Prozent in die Höhe. Die Titel von Renault legten um mehr als 16 Prozent zu.

FCA-Chef Mike Manley, der nach dem Tod von Sergio Marchionne vor einem Jahr CEO des italo-amerikanischen Konzerns wurde, hatte in der Vergangenheit bereits mehrfach betont, dass Fiat Chrysler offen für Fusionen sei. „Ich glaube, dass sich in den nächsten zwei oder drei Jahren signifikante Möglichkeiten einer Partnerschaft in der Autobranche ergeben werden“, sagte er kürzlich.

Vor wenigen Wochen sah die „Financial Times“ (FT) bereits Peugeot-Citroën (PSA) kurz vor einer Fusion mit FCA. PSA-Chef Carlos Tavares sagte daraufhin, das sei kein Thema für ihn.

Carlos Ghosn, der mittlerweile abgesetzte Chef der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi, hatte 2016 die Rückkehr nach Nordamerika als Ziel ausgegeben. Denn bereits in den 70er-Jahren kauften die Franzosen AMC Jeep und stellten verschiedene Renault-Modelle im US-Bundesstaat Wisconsin her. 1987 war die französische Mutter in finanziellen Schwierigkeiten und verkaufte ihr US-Geschäft – an Chrysler.

Konzerne könnten ihre Schwachstellen ausgleichen

Seitdem ist der nordamerikanische Markt praktisch ein weißer Fleck für Renault. Lediglich den zweisitzigen Elektroflitzer Twizzy verkaufen die Franzosen in Kanada. Denn Renault stellt kaum Autos her, die in den USA auf Nachfrage stoßen könnten, wie etwa große SUV oder Pick-ups.

Mit einem Schulterschluss könnten beide Autohersteller ihre jeweiligen Schwachstellen besser ausgleichen. Fiat Chrysler ist in Nordamerika mit Kleintransportern erfolgreich, aber das Geschäft in Europa steht unter Druck. FCA führt unter anderen die Marken Alfa Romeo, Fiat, Chrysler, Dodge, Jeep oder Maserati. Der Konzern hat nach eigenen Angaben rund 199.000 Beschäftige.

Renault ist seit langem mit den japanischen Autobauern Nissan und Mitsubishi in einer Allianz verbunden. Zusammen verkauften sie im vergangenen Jahr 10,76 Millionen Fahrzeuge. Mit dem US-italienischen Autoriesen FCA kämen die Hersteller auf mehr als 15 Millionen. Sie würden damit deutlich Volkswagen (10,83 Millionen) überholen.

In der Politik und vonseiten der Gewerkschaften ist mit größerem Widerstand zu rechnen, vor allem in Italien. Die meisten europäischen Werke von Fiat Chrysler sind relativ schwach ausgelastet. Außerdem ist an Renault der französische Staat beteiligt, was der italienischen Regierung sauer aufstoßen könnte.

Die französische Regierung begrüßte die Fusionspläne mit Vorbehalt: „Das ist ein Projekt, dem wir recht positiv gegenüberstehen“, sagte eine Regierungssprecherin am Montag dem Sender BFM TV. Für Europa als Ganzes sei es gut, einen Industrie-Giganten zu haben. Allerdings müsse sich Frankreich die Konditionen des Geschäfts genau ansehen. „Das ist eine Diskussion, die wir als Aktionär mit Renault führen werden.“

Der französische Staat ist mit 15 Prozent der größte Eigner des Autoherstellers. Gerade diese Beteiligung sorgt unterdessen in Italien bei der mitregierenden rechten Lega für Kritik. Der französische Staatsanteil sei eine „Anomalie“, sagte der Lega-Abgeordnete Claudio Borghi dem Fernsehsender La7.

Rolle von Allianz-Partner Nissan bleibt unklar

Die Regierung in Rom könnte eine Beteiligung an dem neuen Unternehmen verlangen, um mit den Franzosen gleichzuziehen. „Wir könnten Symmetrie fordern“, so Borghi. Die nationalen Interessen Italiens müssten verteidigt werden.

Der Chef von Renaults Allianz-Partner, Hiroto Saikawa, lehnte den Fusionsvorschlag laut der japanischen Wirtschaftszeitung „Nikkei“ nicht von vornherein ab. „Wir stehen konstruktivem Meinungsaustausch über eine Stärkung der Allianz immer positiv gegenüber“, sagte er Reportern am Montag. Diese Woche würden sich die Spitzen der Autohersteller darüber miteinander sprechen.

Auch Chris Richter, Autoanalyst von CLSA in Japan, nimmt an, dass Renault nicht mit Fiat Chrysler verhandelt, um Nissan zu verärgern. „Es wäre sehr unglücklich für Fiat Chrysler und Renault, Nissan zu verlieren.“ Denn die Japaner sind stark im extrem wichtigen chinesischen Markt, während die Franzosen und Italiener dort nichts zu melden haben.

Zudem produziert Nissan als einziger der drei Konzerne bereits in Indien, einem weiteren Zukunftsmarkt, und ist zudem technologischer Pionier der Allianz bei Elektroantrieben und autonomen Fahren. Ohne das asiatische Standbein wäre die italienisch-amerikanisch-französische Allianz damit zwar groß, aber schwach.

Doch auch wenn Renault Nissan im Bund halten will, glaubt Richter auf Grundlage der bisherigen Informationen, dass die Fusionsidee negativ für Nissan ist. „Es sieht nicht so aus, als ob die Fusion die bestehende Allianz fördern würde“, sagt Richter. „Nissan braucht die Allianz, aber der Fusionsvorschlag führt zu mehr Fragen.“

Ein großes mögliches Problem ist die Integration des neuen Familienmitglieds Fiat. Denn zukünftig müssten die Interessen und vor allem die Produktpläne nicht nur von drei, sondern vier Parteien aufeinander abgestimmt werden. Dies birgt enormes Streitpotenzial und hat bereits in vielen kleineren Zweier-Allianzen zu einem Scheitern geführt. Chryslers kurze Ehe und schnelle Scheidung mit Daimler ist eines der besten Beispiele.

Eine andere Frage ist, wie sehr selbst eine globale Viererallianz den japanischen Branchenprimus Toyota beeindrucken würde. Analyst Richter erwartet eine gelassene Reaktion. „Ich glaube nicht, dass Toyota sich auch nur eine Sekunde vor der Allianz fürchtet.“ Denn sie werde viel Zeit benötigen, kaum Überkapazitäten abschaffen und müsste zudem ihr Funktionieren noch beweisen.
Mit Agenturmaterial

Mehr: Bei Zukunftsthemen hinkt Fiat-Chrysler hinterher, meint Handelsblatt-Korrespondentin Katharina Kort. Renault als Partner würde den italienisch-amerikanischen Autokonzern einen großen Schritt nach vorne bringen.