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Ferien-Hype im Luftverkehr: Wie nachhaltig bleibt die Erholung von Lufthansa & Co. nach dem Corona-Sommer?

Reisen während der Pandemie: Das machen im zweiten Corona-Sommer deutlich mehr Menschen als im Vorjahr.
Reisen während der Pandemie: Das machen im zweiten Corona-Sommer deutlich mehr Menschen als im Vorjahr.

Man kann Kurzstreckenflüge lieben oder hassen – aber in diesen Tagen sind sie ein guter Gradmesser für den Zustand der Luftfahrt: Vor Corona konntet ihr von frühmorgens bis spätabends vom Frankfurter Flughafen nach Berlin fliegen – zu Rush-Hour-Zeiten sogar halbstündlich. Touristen haben sich eher am Wochenende unter die Stammflieger-Phalanx aus Anwälten, Beratern, Abgeordneten gemischt.

Im 30-Minuten-Rhythmus heben die Flüge aus den großen Drehkreuzen Frankfurt und München nach Palma de Mallorca jetzt zwar nicht ab. Aber heute gibt es mehr tägliche Flüge auf die Ferieninsel als nach Berlin. Die großen Airlines haben schnell reagiert und die Anzahl der Flüge hochgeschraubt – die Lufthansa hat sogar zuletzt verkündet, in den Sommerferien große Langstreckenflugzeuge nach Mallorca zu schicken, die sonst die Strecken nach Buenos Aires, Vancouver und Tokio bedienen. Mehr als 350 Passagiere passen da auf einen Schlag rein.

https://twitter.com/lufthansaNews/status/1403308805664952322

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Die Nachfrage nach touristischen Flügen ist also im Moment deutlich höher als die Reise-Tätigkeit von Geschäftsleuten. Die Airlines wie auch die gebeutelte Reisebranche feiern das mit Euphorie: Endlich gehe es wieder los, der Ansturm in den Sommerferien sei riesig, alle wollten jetzt nachholen, was sie im letzten Corona-Sommer verpasst haben.

Was wird nach dem Sommer passieren?

Aber die letzten Schulferien in Deutschland werden am 13. September in Bayern enden. Und dann? Kommt der Winter. Der in der Luftfahrt traditionell und völlig unabhängig von Corona zäh ist. Fliegen ist Saisongeschäft. Wann wird die Luftfahrt wirklich nachhaltig wieder in Aufschwung kommen? Und wird es auch mittelfristig mehr touristische Nachfrage geben (geringere Marge) oder mehr Nachfrage von Geschäftsleuten (höhere Marge)?

Für Arne Schulke, Professor der Internationalen Hochschule Bad Honnef, kommt die derzeitige Erholung von zwei Gruppen von Reisenden: Die Reiseindustrie nennt die eine Gruppe „Visiting friends and relatives“ und hat sogar eine Abkürzung dafür: VFR. Die zweite Gruppe seien die Urlaubsreisenden. Für die Geschäftsreisenden prognostiziert Schulke langfristig einen Rückgang von 10 bis 20 Prozent. „Das ist für die Airlines bitter, aber sie stellen sich darauf ein“, sagt Schulke zu Business Insider. „Die Lufthansa plant, in vielen Flugzeugen weniger Business-Class-Sitze anzubieten. Das bedeutet weniger Einkommen und kann vielleicht wettgemacht werden mit höheren Ticketpreisen durch eine höhere Auslastung der Premium-Economy-Class.“ Er vermutet, dass die Luftfahrt 2024 wieder auf dem Vor-Corona-Niveau sein könnte – vorausgesetzt, es entwickelt sich nicht eine impfresistente Mutante. Aber, so Schulke: „Die Airlines sollten sich fragen: Habe ich genug Personal, um mein Netz bedienen zu können, wenn wir schon 2023 wieder auf dem Verkehrsaufkommen von 2019 wären?“

Es gibt erste Anzeichen dafür, dass sich die Branche schneller erholen könnte als selbst die optimistischen Prognosen vorhergesehen haben: Noch vor einem Jahr ging die Branche davon aus, nicht vor 2025 auf das Vor-Corona-Niveau zurückzukehren. In den USA sieht man jetzt schon eine Trendwende: Es fliegen innerhalb der Staaten fast schon wieder so viele Flugzeuge wie vor der Pandemie; die ersten Airlines suchen händeringend Piloten.

Und auch Aviation-Management-Professor Schulke erkennt erste Anzeichen für einen Fachkräftemangel in der deutschen Luftfahrt-Industrie: Sein Studiengang in Bad Honnef hat gerade 20-Jähriges gefeiert und erfreut sich seiner Aussage zufolge ungebrochen hoher Bewerberzahlen. „Wir sind davon ausgegangen, dass die Krise Studienbewerber abschrecken könnte. Aber ich glaube, unsere Studierenden ahnen: Wenn wir die Pandemie erst im Griff haben, werden die Menschen mehr denn je die Welt fliegend entdecken wollen.“

Touristen oder Geschäftsleute, wer wird mehr fliegen?

Aber wie sehr wird das Business mit den Geschäftsreisenden hierzulande zurückgehen? Das ist eine der Fragen, mit der sich die Lufthansa mehr als jede andere Airline beschäftigt. Denn auch wenn sich die Airline-Gruppe mit dem neu gegründeten Ferienflieger „Eurowings Discover“ auch für die Option gerüstet hat, dass der Tourismus der neue Heilsbringer in der Luftfahrt werden könnte, ist für die Premium-Kernmarke Lufthansa jeder verkaufte Sitzplatz in den teureren Klassen ein umsatzeffizienter Sitzplatz.

Die Lufthansa sagt, sie nehme eine „Zoom-Müdigkeit“ der Menschen wahr. Die „Wirtschaftswoche“ zitiert einen Vertriebsmanager aus der Luftfahrtbranche: „Für eine gute Geschäftsbeziehung muss man Vertrauen aufbauen. Das geht nicht digital.“ Der gleiche Bericht in der „Wirtschaftswoche“ verweist auf Zahlen der Kontrollbehörde „Eurocontrol“, nach denen die Zahl der täglichen Flüge in Märkten mit überwiegend Geschäftsreiseverkehr in Frankreich, Spanien und Italien bereits wieder ein Drittel des Vor-Corona-Niveaus erreicht hat.

In Deutschland seien es dem Bericht zufolge vor allem Mittelständler, die wieder auf Dienstreise gehen. „Kleinere Unternehmen buchen im Schnitt mehr als doppelt so viel wie große“, zitiert der Journalist Rüdiger Kiani-Kreß in der „Wirtschaftswoche“ einen Lufthansa-Manager. Das könne daran liegen, dass Mittelständler ihre neuen Produkte und Dienstleistungen lieber persönlich präsentieren wollten.

Corona & Klima: Die Luftfahrt muss zwei Krisen zugleich meistern

Fazit: Eine Branche hofft. Öffentlich machen die Luftfahrt-Chefs deutlich, dass sie guter Dinge sind und setzen deutliche Zeichen auch in Richtung potenzieller Investoren. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat in der vorletzten Woche bekannt gegeben, die Staatshilfen möglichst noch vor der diesjährigen Bundestagswahl an den Bund zurückzahlen zu wollen. Gerade erst haben die Aktionäre des Kranichs einer Kapitalerhöhung zugestimmt.

Als wäre Corona nicht Herausforderung genug, müssen die Luftfahrt-Manager schon jetzt zweigleisig fahren. Die Klima-Disruption und der wachsende gesellschaftliche Druck bedeuten, dass die Airlines so früh wie möglich in eine sparsame Flotte investieren müssen – nicht nur mit Blick auf eine potenzielle grüne Regierungsbeteiligung, sondern auch mit Blick auf eine klima-sensibilisierte Gesellschaft, die letztlich die Kauf-Entscheidung treffen wird: Flug, Bahn oder Auto?