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Fehlende Details – Klimapaket verunsichert Unternehmer

Mittelständler sind erleichtert über den Emissionshandel, rätseln aber über Details der Vereinbarung. In einem Brief wenden sich Unternehmer nun an Merkel und Scholz.

Das Eckpunktepapier der Großen Koalition für das Klimaschutzprogramm 2030 umfasst 22 Seiten. Die Unternehmen müssen genau hinschauen, wie es sie betrifft. Zurzeit jedenfalls herrscht noch große Verunsicherung über die vier Elemente des Klimapakets.

Sie bestehen, erstens, in Förderprogrammen und Anreizen zur CO2-Einsparung bis zum Jahr 2030. Zweitens in der CO2-Bepreisung, die in Stufen von 2021 bis 2025 von zehn auf 35 Euro je Tonne gesteigert wird. Die dadurch erzielten Einnahmen sollen in den Klimaschutz fließen oder, als drittes Element, zur Entlastung der Bürger führen. Viertens sollen regulatorische Maßnahmen greifen, das heißt, es soll ein Monitoring feststellen, ob die Ziele auch erreicht werden. Die Politik könnte sonst gegebenenfalls nachsteuern.

Die konkreten Auswirkungen auf die verschiedenen Branchen sind daher weitgehend offen. Selbst beim Thema Heizungen, das in dem Paket vergleichsweise ausführlich behandelt wird, rätseln die Anbieter über die Auswirkungen. Denn noch ist nicht ganz klar, wie die neuen Heizungen genau beschaffen sein müssen, um die Austauschprämie mit einem Förderanteil von 40 Prozent zu erhalten.

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Wie besorgt die Unternehmer sind, belegt ein persönlicher Brief, der Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und dem Klimakabinett gerade zugeht und der in Teilen dem Handelsblatt vorliegt. Darin bittet der Präsident des Verbandes der Familienunternehmer, Reinhold von Eben-Worlée, „mit darauf hinzuwirken, dass der Emissionsbereich als der Dreh- und Angelpunkt des Klimaschutzes nicht noch durch zusätzliche Förderprogramme weiter aufgeweicht oder auf der Zeitachse verschoben wird“.

Deutschland verliere als Wirtschaftsstandort international zunehmend an Wettbewerbsfähigkeit. „Jede Aufweichung oder Zeitverzögerung führt bei den Unternehmen zu weiterer Unsicherheit, was angesichts der Konjunkturerwartungen kontraproduktiv wäre.“ Kurzum, die Förderung und damit die finanzielle Belastung, die dem Staatshaushalt dadurch entsteht, hält der Verband der Familienunternehmer nicht für sinnvoll.

Wagnis E-Mobilität

Es ist noch völlig offen, wann die Unternehmer damit rechnen können, klarere Informationen zu bekommen. Denn das Klimapaket muss ja noch in Gesetzesform gegossen werden. Die Unsicherheit wird daher nicht so schnell schwinden. Von dem Ausbau der Ladestationen, von denen bis 2030 eine Million in Deutschland stehen sollen, wird in jedem Fall die Firma Mennekes in Kirchhundem im Sauerland profitieren.

Vor zehn Jahren wagte der Mittelständler den Schritt in die Elektromobilität. Für den elektrischen Smart von Daimler und den Energieversorger RWE entwickelte Mennekes einen Ladestecker. Der „Typ 2“, der von vielen mittlerweile einfach „Mennekes-Stecker“ genannt wird, wurde 2014 zum EU-Standard erklärt.

Das Familienunternehmen sieht sich als klarer Profiteur der E-Mobilität. Erst dadurch sei man zum Automobilzulieferer geworden, erklärte der geschäftsführende Gesellschafter, Christopher Mennekes, vor einigen Wochen und vor dem Abschluss des Klimapaketes dem Handelsblatt.

Befragt nach seiner aktuellen Einschätzung des Klimaprogramms stellt Mennekes einen Aufbau von Arbeitsplätzen in Aussicht: „Wir bereiten den Markthochlauf insofern vor, dass wir weiter kräftig investieren; zum Beispiel in neue Fertigungskapazitäten und damit in neue Arbeitsplätze.“ Diese entstünden zu einem großen Teil in der Heimat, sagt der Unternehmer. „Da wir ein mit der Region tief verwurzeltes Unternehmen sind und auch bleiben werden.“

Der Sauerländer gibt sich auch zufrieden mit dem Mix des Klimapaketes. Er glaubt, dass Förderungen eher akzeptiert würden als Restriktionen und Verbote. Davon profitierten nicht nur die im Markt agierenden Unternehmen, sondern in erster Linie die Kunden aus dem privaten und gewerblichen oder öffentlichen Umfeld. Mennekes sieht die Förderprogramme daher als wichtig an, anders als der Verband der Familienunternehmer.

Inzwischen fertigt Mennekes nicht nur Ladestecker und Kabel, sondern auch intelligente Ladesysteme für den privaten oder öffentlichen Bereich, von der Wandladestation bis zur Ladesäule. In einem Joint Venture mit Rhein-Energie und Powercloud, der Chargecloud GmbH in Köln, bietet der Mittelständler als Dienstleister nun auch den Betrieb inklusive Abrechnungen für Ladestationen an.

Während viele Autozulieferer derzeit mit dem Wechsel von Verbrennungsmotoren auf die E-Mobilität kämpfen, entstanden bei Mennekes zwei neue Geschäftsfelder, die heute bereits 30 Prozent des Jahresumsatzes von über 160 Millionen Euro erwirtschaften. In einigen Jahren dürften zwei Drittel des Geschäfts von der E-Mobilität kommen, hofft Mennekes, der in den letzten drei Jahren die Belegschaft um rund 250 auf 1100 Mitarbeiter aufstocken konnte.

Bei den energieintensiven Branchen dagegen lasse sich noch kein einheitliches Bild zeichnen, da es sehr davon abhänge, welche Form der Energie ein Unternehmen nutze, sagt Karl Tack, geschäftsführender Gesellschafter der Gebr. Rhodius GmbH & Co. KG in Burgbrohl und bei den Familienunternehmern verantwortlich für Energiethemen.

Industrie wird zum Stromfresser

Zunächst würden die Auswirkungen noch relativ moderat sein. „Wer viel Gas verbraucht oder lange Transportwege hat, der wird perspektivisch mehr belastet“, sagt Tack. „Strom hingegen wird zumindest bei der EEG-Umlage in den nächsten Jahren sogar leicht entlastet.“

Klar ist aber auch, dass sich einige Industriezweige auf eine merkliche Erhöhung ihrer Energiekosten einstellen müssen. Laut der Einschätzung von Tack gilt das für energieintensive Unternehmen, die eine ermäßigte EEG-Umlage haben und von Absenkungen kaum profitieren.

Große Einigkeit besteht im Unternehmerlager darüber, dass der Emissionshandel die richtige Weichenstellung sei. Dafür gibt es bislang nur positives Feedback, auch weil es eine marktwirtschaftliche Lösung sei. Obwohl die Bepreisung natürlich eine Belastung darstelle, sei der Emissionshandel gesamtwirtschaftlich betrachtet „aber mit Abstand die günstigere Option“ erläutert Tack. „Eine CO2-Steuer – da bin ich absolut sicher“, sagt Tack, „hätte die Unternehmen härter getroffen, ohne dabei die Klimaziele so zielgenau einzuhalten und damit dem Klimaschutz wirklich zu dienen.“

Johann Bögl, Gesellschafter der Firmengruppe Max Bögl, eines 1929 gegründeten Bauunternehmens aus der Oberpfalz mit heute 6500 Mitarbeitern, sieht viel Bewegung durch das Klimapaket: „Solche Veränderungen sind stets mit baulichen Anpassungen oder Neuerungen verbunden, das wird sich auf die Baubranche positiv auswirken“, prophezeit er.

Allerdings werde man sich intensiv mit der Reduzierung des Baustoffs Zement auseinandersetzen müssen. Dieser werde „durch die massiven CO2-Emissionen bei dessen Herstellung sicher nicht günstiger werden“. Hier bedürfe es Investitionen in Forschung und Entwicklung.

Nicht nachvollziehbar dagegen findet er, dass Bayern weiterhin an der 10H-Regelung für Windenergie festhält, obwohl diese neben der Photovoltaik eine der günstigsten Energiequellen sei. Die Regelung besagt, dass der Mindestabstand eines Windrads zur nächsten Wohnsiedlung mindestens das Zehnfache der Bauhöhe des Windrades betragen muss. Bei einer Rotorhöhe von 200 Metern sind das zwei Kilometer. „Hier wird eine große Chance für den Wirtschaftsstandort Bayern und die ländliche Entwicklung verspielt.“

Im Klimapaket steht, dass ein Abstand von 1000 Metern zur Wohnbebauung eingehalten werden soll. Max Bögl ist im Hoch- und Wohnbau sowie im Verkehrsbau aktiv. Das Unternehmen ist mit seiner Windkraft-Tochter nach eigenen Angaben in Deutschland der Marktführer bei Türmen mit mehr als 130 Metern Höhe.