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Naturschützer wegen Rodungsstopp für Tesla in der Kritik

Kurz vor Weihnachten erzielen Naturschützer einen juristischen Erfolg gegen den US-Elektroautobauer. Das sorgt für Unmut – auch in der Bundesregierung.

Der Widerstand von Naturschützern gegen die Rodung einer Waldfläche der geplanten Tesla-Autofabrik in Brandenburg sorgt für großen Unmut. „Das, was Tesla und Elon Musk an Widerstand von Umweltaktivisten erfahren, ist leider täglich gelebte Praxis von Tausenden von Mittelständlern und Familienunternehmen in Deutschland“, sagte der Mittelstandsbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), dem Handelsblatt. Nötig sei daher nicht nur für Tesla eine schnelle Umsetzung von Investitionsvorhaben.

„Für uns sind die Beschleunigung von Investitionen und eine verhältnismäßige und sinnvolle Einbindung von Umwelt- und Artenschutz weiterhin ganz oben auf der Agenda“, betonte der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Die Bundesregierung habe zwar schon einiges auf den Weg gebracht. „Aber ich bin davon überzeugt, wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen wir schneller und investitionsfreundlicher werden“, mahnte Bareiß.

Hintergrund ist eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG), wonach der US-Elektroautobauer auf Teilen seiner Baustelle in Grünheide auch weiterhin keine Waldfläche abholzen darf. Das Gericht gab damit am Freitag einer Beschwerde der Naturschutzverbände Nabu und Grüne Liga zum Teil statt.

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Die Naturschützer hatten sich beim OVG gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) gewandt, das zuvor die Fällung der Bäume genehmigt hatte. Das OVG untersagte nun Rodungsmaßnahmen „in Randbereichen der zur Abholzung vorgesehenen Flächen“ mit dem Hinweis, dass dort überwinternde Zauneidechsen die Rodung voraussichtlich nicht überleben würden.

Kritik äußerte auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. „Der Fall Tesla zeigt, dass selbst die Gerichte sich nicht einig sind und es keine zuverlässigen Regeln gibt“, sagte Fratzscher dem Handelsblatt.

„Das macht eine verlässliche Planung unmöglich und wird in Zukunft noch mehr Unternehmen aus Deutschland vertreiben, nicht nur ausländische, sondern auch deutsche Unternehmen.“ Nötig sei daher „dringend eine Entbürokratisierung und eine Reform des Planungs- und Baurechts, um den entstehenden Schaden zu stoppen“.

Nabu und Grüne Liga verteidigen sich gegen Kritik

Die FDP reagierte ebenfalls mit Kritik. Zwar dürfe Tesla-Chef Elon Musk „keinen Blankoscheck oder milliardenschwere Subventionen bekommen“, sagte der Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, dem Handelsblatt. „Aber er braucht eine faire Chance ohne politische Störmanöver.“

Die Naturschutzverbände verteidigten sich gegen Kritik. „Es geht den Verbänden nicht darum, die Ansiedlung eines Großinvestors zu verhindern, sondern darum, deutlich zu machen, dass die globale Klima- und Artenkrise gleichwertig sind“, erklärte Christiane Schröder, Geschäftsführerin des Nabu Brandenburg, am Samstag. Klima- und Artenschutz müssten gemeinsam gedacht und vorangebracht werden. „Es geht nicht nur um Geschwindigkeit, sondern auch um Umsicht und vorausschauende Planung“, sagte Schröder weiter.

„Die Entscheidung des Gerichts führt zu einer Zäsur, die alle Beteiligten dafür nutzen sollten, um neue Wege im Umgang mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen und dem Miteinander zu finden“, forderte Michael Ganschow, Geschäftsführer der Grünen Liga Brandenburg. „Nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts muss entweder auf Teile der geplanten Rodung verzichtet oder eine artenschutzrechtliche Ausnahme geprüft werden“, so Ganschow. Dann müsste Tesla seine Vermeidungs- und Ersatzmaßnahmen nachbessern.

„Die Umweltverbände haben nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, Missstände aufzudecken und naturschutzrechtlich problematische Verfahren prüfen zu lassen“, betonte Thorsten Deppner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Experte für Umweltrecht. „Dies gehört zu ihren satzungsgemäßen Aufgaben.“

Die Naturschutzverbände seien nicht Ursache des Problems, sondern sie wiesen lediglich auf Notwendigkeiten und den rechtlichen Rahmen hin. „Meine Mandanten sind gern bereit, ihr Know-how einzubringen, und haben unter anderem im Erörterungstermin deutlich gemacht, dass sie an einem konstruktiven Miteinander interessiert sind“, erklärte Deppner weiter.

Tesla habe im Zuge der anstehenden Bauarbeiten noch einige naturschutzfachliche Herausforderungen zu bewältigen. Um dies zielgerichtet tun zu können, seien eine höhere Verlässlichkeit bei den Planungen und sehr viel mehr Transparenz als bisher notwendig, so die Naturschutzverbände.

20 Hektar betroffen

Betroffen von der Entscheidung des OVG ist eine Fläche von rund 20 Hektar, wie der Anwalt der Verbände erklärte. Der FDP-Politiker Theurer äußerte in diesem Zusammenhang auch Kritik an der Grünen-Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock, die in Potsdam als Direktkandidatin ihrer Partei für die Bundestagswahl antritt.

Er fordere Baerbock nachdrücklich auf, „ihre Parteifreunde und -sympathisanten von der Grünen Liga zur Einsicht und zum Einlenken zu bewegen“, sagte der FDP-Politiker. Das Tesla-Projekt sei ein „industriepolitischer Leuchtturm“, der nicht „durch ideologische Scheuklappenmanöver zerstört und aus dem Land verjagt“ werden dürfe. „Wer am Sonntag Elektroautos predigt, darf am Montag nicht gegen den Bau einer Batteriefabrik demonstrieren“, mahnte Theurer.

Fratzscher sagte, klare Regeln und rechtliche Rahmenbedingungen seien wichtig für wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand. Regeln müssten für große wie kleine Unternehmen gelten. Mit das „größte wirtschaftliche Problem in Deutschland“ seien aber „die überbordende Bürokratie und die fehlende Verlässlichkeit der Regeln“.

Derzeit darf Tesla aber ohnehin nicht roden, weil der US-Autobauer eine von der Behörde geforderte Sicherheitsleistung von 100 Millionen Euro für etwaige Rückbaukosten bislang nicht hinterlegt hat. Bisher baut Tesla über einzelne vorläufige Zulassungen; die endgültige umweltrechtliche Genehmigung des Landes Brandenburg steht noch aus.

Nach Aussage der Brandenburger Landesregierung ist indes bald mit einer Entscheidung über den Genehmigungsantrag zu rechnen. Er gehe davon aus, dass die Entscheidung zu Jahresbeginn komme, sagte Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Tesla halte, soweit er wisse, weiterhin an seinem Zeitplan zum Produktionsstart fest.

Ab kommenden Sommer sollen in der Fabrik in Grünheide zunächst 500.000 Fahrzeuge pro Jahr gebaut werden. Rund 7000 Mitarbeiter, so der Plan, werden ab Sommer in der neuesten Tesla-Gigafactory arbeiten. In einer möglichen vierten Ausbaustufe sollen dort bis zu 40.000 Beschäftigte Arbeit finden können.

Im Frühjahr war bereits eine Fläche von rund 90 Hektar gerodet worden; im Dezember startete die Abholzung weiterer 82,8 Hektar. Von diesen sind jetzt 20 Hektar gesperrt.

„Die Tiere machen es den Planern nicht einfach“, sagte Rechtsanwalt Deppner. Dennoch sei ein ordentlicher Umgang mit dem Artenschutz unumgänglich. „Tesla kann nicht so tun, als gebe es da keine streng geschützten Arten mehr.“ Das Unternehmen müsse sich jetzt fragen, ob es auf die Rodung verzichten könne oder eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung beantragen wolle.