Nach fast zwei Jahren im Defizit: EU-Wirtschaft erzielt Handelsüberschuss

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Im zweiten Quartal dieses Jahres verzeichnete die EU einen überschaubaren Exportüberschuss von einer Milliarde Euro. Das geht aus einem neuen Bericht von Eurostat hervor.

Der weltweite Verkauf von in den EU-Ländern hergestellten Chemikalien, Maschinen, Fahrzeugen, Lebensmitteln und Getränken sorgte für den Aufwärtstrend. So konnte der nach wie vor kostspielige Ankauf von Gas und Öl ausgeglichen werden. Obwohl die Energiepreise wieder sinken, hält der russische Krieg in der Ukraine die Preise auf einem hohen Niveau.

Was ist die Handelsbilanz?

Die Handelsbilanz ergibt sich aus der Gegenüberstellung aller Warenimporte und -exporte in einer Volkswirtschaft. Führt ein Land oder im Fall der EU eine Gruppe von Ländern mehr Waren aus, als es einführt, wird ein Überschuss oder eine positive Handelsbilanz erzielt. Im umgekehrten Fall ergibt sich ein Defizit, eine negative Handelsbilanz.

Die Handelsbilanz wird gerne herangezogen, um den Zustand einer Volkswirtschaft zu beschreiben. Experten warnen jedoch, dass der Wert zu vereinfachend sei und wichtige Faktoren wie Wachstum, die Erwerbstätigenquote oder Produktivität nicht berücksichtige. So verzeichnet beispielsweise die USA, die größte Volkswirtschaft der Welt, seit den 1970er Jahren konstant ein Handelsbilanzdefizit.

Seit die EU-Staaten infolge der Finanzkrise 2008 ab den 2010er Jahren begonnen haben, sich auf den Export zu konzentrieren, verzeichnet die Europäische Union eigentlich durchgehend einen Überschuss. Die Energiekrise setzte dieser Entwicklung jedoch ein jähes Ende.

Öl- und Gasimporte führten zu Handelsdefizit

Die EU ist stark von ausländischen Produzenten fossiler Brennstoffe abhängig. Daher ist sie unmittelbar von Preisschwankungen auf den Weltmärkten betroffen. Seit Mitte 2021 musste die EU große Geldsummen in die Hand nehmen, um die Energieversorgung sicherzustellen, die Wirtschaft am Laufen zu halten und Stromausfälle sowie Rationierungsmaßnahmen zu verhindern.

Allein der Ankauf von Gas kostete die EU im vergangenen Jahr nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) fast 400 Milliarden Euro. Nach Kriegsbeginn in der Ukraine galt es, die vergleichsweise kostengünstigen Gas-Importe aus Russland zu ersetzen.

Die enormen Ausgaben stürzten die Handelsbilanz der EU in das größte Defizit seit Einführung des Euro.

Im dritten Quartal des vergangenen Jahres erreichte das Handelsbilanzdefizit der 27 Mitgliedstaaten mit 155 Milliarden Euro einen negativen Höhepunkt. Ab da stabilisierte sich die Bilanz gemeinsam mit der Lage auf dem Energiemarkt wieder.

Der Handelsbilanzüberschuss im zweiten Quartal 2023 lässt sich auf die deutlich niedrigeren Ausgaben für den Ankauf von Gas und Öl zurückführen. Die Energieimporte gingen im Vergleich zum vorherigen Zeitraum um 15,6% zurück.