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Familienunternehmen Peri baut erstes Mehrfamilienhaus aus dem 3D-Drucker

Der bayerische Bauzulieferer Peri hat den Betondruck zur Marktreife gebracht. Nach zwei Bauprojekten in Deutschland folgt nun die globale Expansion.

Es hat etwas Meditatives, wenn der Druckkopf des Roboters auf der Baustelle in weiten, gleichmäßigen Bahnen seine Kreise zieht, während unter ihm Schicht für Schicht ein Mauerwerk entsteht. Der Roboter hört auf den Namen „Bod 2“. Das so entspannt wirkende Gerät ist nicht weniger als die Hoffnung auf eine technologische Revolution: Mit ihm will der bayerische Bauzulieferer Peri den 3D-Betondruck etablieren.

Zwei Bauprojekte hat das Unternehmen mit dem Roboter bereits realisiert. Jüngst ist ein Mehrfamilienhaus im bayerischen Wallenhausen bezugsfertig geworden. Der Konzern spricht von einer Weltpremiere – denn auch wenn es weltweit einige kleinere Bauprojekte gibt, bei denen der 3D-Betondruck zum Einsatz kommt, der Beweis für größere Bauten stand bisher aus.

Das Mauerwerk der ersten Etage entstand in nur 25 Stunden, die Arbeitszeit betrug damit nur ein gutes Fünftel im Vergleich mit der klassischen Ziegelbauweise. Peri habe sich trotz seiner globalen Ausrichtung bewusst dafür entschieden, den Bau in Deutschland durchzuführen, erklärt Thomas Imbacher, Geschäftsführer für Innovation und Marketing bei dem Bauzulieferer.

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„Der deutsche Zulassungs- und Genehmigungsprozess zählt zu den aufwendigsten weltweit“, sagte der Manager im Gespräch mit dem Handelsblatt. Das habe letztlich den Ausschlag gegeben, beide Pilotprojekte im Heimatmarkt durchzuführen: „Wenn wir hier erfolgreich sind, sind die Hürden für den Eintritt in andere Märkte deutlich kleiner als umgekehrt.“

Eine Weltpremiere ist der Bau in Wallenhausen auch, weil das Gebäude mit insgesamt 380 Quadratmetern Wohnfläche über drei Stockwerke nicht nur als Demonstrationsobjekt dient. Vier der fünf Wohnungen werden vermietet; nur eine Einheit soll als Musterwohnung genutzt werden, um Interessenten das Ergebnis in der Praxis zu präsentieren. „Damit eröffnen wir dem 3D-Betondruck weitere Anwendungsbereiche in neuen Größenordnungen“, sagte Imbacher.

Das Marktpotenzial ist hoch: Allein in Deutschland werden in der Ziegelindustrie jährlich 1,1 Milliarden Euro umgesetzt. Etwa ein gutes Drittel aller Wohngebäude wird bislang im Ziegelbauverfahren umgesetzt.

Auch der Bauherr des Mehrfamilienhauses, das Pfaffenhofener Familienunternehmen Michael Rupp, sieht viel Potenzial in der Technologie. Für weitere Projekte hat er eigens die Tochterfirma Rupp Betondruck gegründet. Geschäftsführer Sebastian Rupp rechnet dem Verfahren „große Zukunftschancen“ aus. „Wir wollen diese Zukunft mitgestalten“, so der Bauunternehmer.

Zwei Tage Aufbauzeit

Die Technologie funktioniert ähnlich wie andere additive 3D-Drucker, die mittlerweile in vielen Industriebereichen zum Einsatz kommen. Additiv bedeutet dabei, dass das Material schichtweise aufeinandergestapelt wird – im Gegensatz zu subtraktiven Verfahren wie dem Fräsen, bei dem Material von einem Körper abgetragen wird. Nur ist die Dimension im Betondruck entsprechend dem gedruckten Objekt um ein Vielfaches größer als beim klassischen 3D-Druck, bei dem typischerweise Kunststoffe verwendet werden.

Zunächst braucht es ein 3D-Modell des geplanten Gebäudes. Ein bis zwei Tage dauert anschließend der Aufbau des Gerüsts, das den Druckkopf trägt. Anschließend werden die Wände Schicht für Schicht hochgezogen, wobei der Vorgang auch pausiert werden kann, beispielsweise um Freistellen für Leitungen oder Steckdosen einzuziehen. Während des Druckens können Bauarbeiter gleichzeitig andere Arbeitsschritte durchführen. Das soll den Bauvorgang sicherer machen und zugleich beschleunigen. Bedient wird der Roboter lediglich von zwei Personen.

Wie hoch die Effizienzgewinne gegenüber herkömmlichen Bauweisen sind, will Peri noch nicht beziffern. „Wir befinden uns derzeit noch in einer sehr frühen Anwendungsphase dieser neuen Technologie und können noch keine abschließende Beurteilung darüber abgeben, inwieweit das Verfahren die Kosten bei einem Bau senken kann“, so Imbacher. „Klar ist aber, dass die Technologie funktioniert – und deutliche Vorteile bietet, wenn es darum geht, schneller und flexibler zu bauen.“ Als Einsatzgebiete sieht der Manager den Wohnungsbau oder die Produktion von Fertigteilen.

So zählt auch ein deutscher Hersteller von Betonfertigteilen zu den Käufern des Roboters. Das Gerät wird dabei für besonders anspruchsvolle oder individuelle Formen genutzt, die sich mit den üblichen Maschinen nur mit großem Aufwand herstellen lassen.

Fabian Meyer-Brötz, der bei Peri den Bereich 3D-Betondruck leitet, hebt die gestiegenen Gestaltungsmöglichkeiten hervor. So ließen sich praktisch alle Formen frei realisieren. „Das hat weitreichende Bedeutung für die Architekten, die Häuser ganz anders planen können als in der Vergangenheit.“ Das kann letztlich auch dabei helfen, den Hausbau nachhaltiger zu machen. „So lässt sich beispielsweise der Energieverbrauch eines Hauses dadurch reduzieren, dass man die Außenfläche verkleinert – bei gleichbleibendem Raumvolumen“, so der Experte.

Technologie aus Dänemark

Das Material, das für den Druck verwendet wird, hat der Baustoffhersteller Heidelberg Cement entwickelt. Auch die Technologie für den „Bod 2“ kommt nicht von Peri selbst, sondern vom dänischen Start-up Cobod, das mit seinen Robotern 2017 in Kopenhagen erstmals ein Bürogebäude mit der Technologie hochgezogen hatte.

Ein Jahr später schloss Peri eine strategische Partnerschaft mit den Dänen. Schon viele Jahre zuvor hatte sich das Familienunternehmen, das weltweit als Hersteller von Betonschalungen und Gerüstsystemen bekannt ist, mit einem Einstieg in die Technologie auseinandergesetzt.

„Wir haben im Unternehmen eine spezielle Abteilung, deren einzige Aufgabe es ist, Innovationen zu finden und zu verfolgen, die unser Geschäftsmodell langfristig verändern können“, erklärt Imbacher die Innovationsstrategie des Bauzulieferers. Bereits vor sechs Jahren sei das Team so auf den 3D-Betondruck aufmerksam geworden. „Wir haben uns schließlich 2018 an Cobod beteiligt, das mit seiner Technologie anderen Wettbewerbern weit voraus war und dessen Kultur gut zu unserem Unternehmen passt.“

Ein Grund für die Wahl dürfte auch der überaus erfolgreiche Track-Record der Dänen gewesen sein. Als die Europäische Union vor drei Jahren erstmals eine Ausschreibung für ein 3D-gedrucktes Bauprojekt startete, kam Cobod zum Zuge. Mittlerweile hat das Start-up auch Kunden außerhalb Europas gewonnen: So kaufte ein Interessent aus Saudi-Arabien das bislang größte Exemplar, mit dem sich bis zu dreistöckige Gebäude mit einer Geschossfläche von bis zu 300 Quadratmetern drucken lassen.

Auch Peri will die Technologie weiter internationalisieren und blickt dabei sowohl auf nahe gelegene Märkte als auch auf Märkte jenseits des Atlantiks. „Bei der Expansion setzen wir stark auf andere europäische Länder sowie die USA“, erklärt Peris Innovations- und Marketingchef Imbacher. „Hier bereiten wir aktuell konkrete Projekte vor beziehungsweise führen viele Gespräche mit Interessenten.“