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Familie will verschollenen Tengelmann-Chef nun doch für tot erklären lassen

Die Frau und die beiden Kinder von Karl-Erivan Haub vollziehen eine überraschende Wende. Damit scheint eine Annäherung in der zerstrittenen Familie möglich.

Seit seinem Verschwinden schwelt ein Familienstreit um die Neuverteilung der Macht bei dem milliardenschweren Handelskonzern. Foto: dpa
Seit seinem Verschwinden schwelt ein Familienstreit um die Neuverteilung der Macht bei dem milliardenschweren Handelskonzern. Foto: dpa

Vor fast drei Jahren verschwand Karl-Erivan Haub im Matterhorn-Gebiet in den Schweizer Alpen. Am Morgen des 7. April 2018 zeichnete eine Kamera an der Bergstation die letzten bekannten Bilder des Tengelmann-Chefs auf. Dort wollte er für das Skibergsteigrennen Patrouille des Glaciers trainieren.

Doch Haub kehrte nie zurück. Die Suche blieb erfolglos, im Juni 2018 fand sogar eine Trauerfeier für ihn statt. Doch für tot erklärt wurde Haub bis heute nicht.

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Das könnte sich bald ändern: Am 1. Februar 2021 haben seine Frau Katrin und die beiden gemeinsamen Kinder Viktoria Anna-Katharina und Erivan Karl-Christopher den Eintritt in das Verfahren der Todeserklärung von Karl-Erivan Haub beantragt.

Seine Familie wollte zu den Gründen keine Details nennen. „Das ist eine höchstpersönliche Entscheidung der Familie“, sagte ein Sprecher dem Handelsblatt. „Weiter möchte die Familie den Vorgang nicht kommentieren.“

„Herr Christian Haub bekundet seinen Respekt vor diesem Schritt der Familie seines verunglückten Bruders Karl-Erivan, der ihr vermutlich nicht leichtgefallen sein wird“, lässt der Anwalt von Christian Haub, Mark Binz, mitteilen. „Damit ist ein weiterer großer Streitpunkt aus dem Wege geräumt. Im Übrigen machen die im Dezember begonnenen Verhandlungen mit meinem Kollegen Peter Gauweiler, dem Anwalt des Kölner Familienstammes, mit dem Ziel einer umfassenden Einigung große Fortschritte.“ Binz sagte aber weiter, er müsse mit „Blick auf die mit Herrn Gauweiler vereinbarte Vertraulichkeit leider jede weitere Stellungnahme ablehnen“.

Überraschende wende deutet auf Kompromiss

Dass die Familie diesen Schritt geht, kommt für viele Beobachter überraschend und deutet auf einen Kompromiss im zerstrittenen Tengelmann-Klan hin. Das Verfahren zur Todeserklärung von Karl-Erivan Haub lief bereits seit Oktober 2020.

Angestoßen hatten es Karl-Erivans Brüder Christian – der nach dem Verschollensein seines Bruders die alleinige Führung des Unternehmens übernommen hat – und Georg sowie zwei Tengelmann-Gesellschaften. Katrin dagegen positionierte sich in der Sache zunächst nicht, was Anlass zu Spekulationen gab, ob Karl-Erivan bei seiner Skitour tatsächlich starb.

Zahlreiche Details aus seinem Privatleben wurden öffentlich, darunter eine angebliche Geliebte in Russland. Auch sie soll angeblich verschwunden sein, aber zu einem späteren Zeitpunkt als Karl-Erivan Haub. Haub soll auch einen russischen Pass besessen haben. All das nährte die Gerüchte, sein Verschwinden könnte einen anderen Grund haben als einen Skiunfall.

Entscheidungszeitpunkt des Gerichts ist wichtig

Karl Erivan Haubs Ehefrau Katrin hatte lange Zeit davon Abstand genommen, ihren Gatten für tot erklären zu lassen. Ein wichtiger ungeklärter Streitpunkt war, wie die Erbschaftsteuer beglichen werden soll. Im Raum steht ein Betrag von mindestens 450 Millionen Euro für das deutsche Finanzamt, hinzu könnten weitere Zahlungen in den USA kommen.

Christian hatte seiner Schwägerin zwischenzeitlich angeboten, ihren Anteil zu übernehmen. Christian Haubs Anwalt Mark Binz hatte im Oktober erklärt, den Erben von Karl-Erivan Haub stünden für ihre Anteile an Tengelmann rund 950 Millionen Euro zu. Mit Rücksicht auf die familiären Beziehungen sei Christian Haub bereit, diesen Betrag auf 1,1 Milliarden Euro aufzustocken. Zu einer Einigung ist es bislang noch nicht gekommen.

Zuletzt hatte Bruder Georg für Aufregung gesorgt. Auch er gehörte zu den ursprünglichen Antragstellern, machte dann aber überraschend einen Rückzieher. Seine Anwältin wollte sich auf Nachfrage nicht zu seinen Beweggründen äußern. Georg Haub hält mit 31,3 Prozent einen etwas kleineren Anteil als seine Brüder mit jeweils 34,3 Prozent.

Mit dem Beitritt von Katrin Haub und den Zwillingen nimmt das Verfahren wieder Fahrt auf. „Das Gericht hat der Ehefrau und den Kindern nach den Grundsätzen des rechtlichen Gehörs Gelegenheit gegeben, zu den ursprünglichen Anträgen Stellung zu nehmen. Das haben sie nun mit der Beitrittserklärung getan“, sagte Maurits Steinebach, Sprecher des Amtsgerichts Köln.

Bis zur Todeserklärung ist es noch ein weiter Weg

Für die Festsetzung der Erbschaftsteuer ist es wichtig, wann das Gericht über den Eintritt des Todes entscheidet. Denn das Finanzamt berechnet die Steuer nach dem Wert des Vermögens am Tag des gerichtlichen Beschlusses.

Vor allem die Beteiligung am Handelskonzern dürfte heute anders bewertet werden als am Tag des Verschwindens von Karl-Erivan. Schließlich hat die Corona-Pandemie Spuren in den Bilanzen des Konzerns hinterlassen.

Zu Tengelmann gehört der Textil-Discounter Kik und die Mehrheit der Anteile des Baumarkts Obi. Der Konzern ist auch stark im E-Commerce aktiv. Dieser Teil hat eher von der monatelangen Schließung stationärer Geschäfte profitiert.

Bis zur Todeserklärung ist es allerdings noch ein weiter Weg. Das Kölner Amtsgericht prüft nun die Zulässigkeit der Anträge. Wenn das Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass die Anträge zulässig sind und ein Todeserklärungsverfahren einzuleiten ist, wird ein Aufgebot erlassen. Unter dem Aufgebot versteht man einen öffentlichen Aufruf – etwa in einer Tageszeitung oder im Bundesanzeiger an die Öffentlichkeit. Jeder, der etwas über den Fall Haub weiß, hat dabei die Gelegenheit, sich dazu zu äußern.

Die Aufgebotsfrist dauert mindestens sechs Wochen, kann aber auch bis zu einem Jahr laufen. Erst wenn die Frist abgelaufen ist, kann das Gericht den Tod endgültig feststellen.