Familie verklagt OceanGate nach Tragödie auf 50 Millionen Dollar: Interne Dokumente enthüllen traurige Details über das implodierte U-Boot
Die Besatzung des verunglückten Titan-Tauchboots wusste, dass das Fahrzeug beim Abtauchen zu implodieren drohte. Es erlitt „Angst und seelische Qualen“, so eine neue Klage. Diese Behauptung wurde von der Familie des französischen Forschers Paul-Henri Nargeolet aufgestellt, der vergangenes Jahr auf dem Titan-U-Boot ums Leben kam. Sie verklagen OceanGate, den Nachlass des CEO Stockton Rush und andere auf mehr als 50 Millionen Dollar.
Die unglückselige Reise von OceanGate zum Wrack der Titanic am 18. Juni 2023, tötete alle Menschen an Bord. Es wird angenommen, dass das U-Boot implodierte – und das, vermutlich innerhalb weniger Stunden nach dem Abtauchen. Das ließ Bedenken hinsichtlich des Innovations- und Sicherheitskonzepts von OceanGate aufkommen.
In der Klage heißt es, die Implosion sei das Ergebnis der „Unachtsamkeit, Rücksichtslosigkeit und Fahrlässigkeit“ von OceanGate, Rush und anderen gewesen. Der Klage zufolge ließ das Titan-U-Boot nach etwas mehr als einer Stunde Tauchzeit Gewichte fallen, was darauf hindeutet, dass das Team versucht hatte, die Expedition zu beenden.
In der Klageschrift heißt es weiter: „Die Besatzung hörte möglicherweise, wie das Knistern der Kohlefaser immer intensiver wurde, als das Gewicht des Wassers auf den Rumpf von Titan drückte.“ Die Besatzung habe die Kommunikation und vielleicht auch den Strom verloren. „Nach Einschätzung von Experten hätten sie in voller Kenntnis des irreversiblen Versagens des Schiffes den Abstieg fortgesetzt und dabei Angst und seelische Qualen erlebt, bevor der Titan schließlich implodierte.“
OceanGate heuerte Nargeolet, der den Spitznamen „Mr. Titanic“ trug, an, um bei der Fahrt des Titan-Tauchbootes zur Titanic zu helfen. Die Klage wegen widerrechtlicher Tötung behauptet jedoch, dass er über die Reise irregeführt wurde.
OceanGate-CEO räumt „großen Preisnachlass“ ein
Stockton Rush gestand einem „Missionsspezialisten“ auf einer Reise zur Titanic, dass er „die Kohlefaser, die für den Bau der Titan verwendet wurde, zu einem großen Preisnachlass von Boeing bekommen hatte, weil sie für den Einsatz in Flugzeugen nicht mehr geeignet war“, heißt es in der Klage, die am Dienstag in King County, Washington, eingereicht wurde.
Nargeolet hatte an 37 Tauchgängen zum Wrack der Titanic teilgenommen. So viele wie kein anderer Taucher weltweit, heißt es in der Klageschrift. Er war Teil der ersten Expedition, die 1987, kurz nach der Entdeckung des Wracks, die Titanic besuchte. In den Gerichtsdokumenten wird Rush als „exzentrischer und selbsternannter Innovator“ beschrieben. Er sei „davon besessen gewesen, neben Koryphäen wie Steve Jobs und Elon Musk für Innovation bekannt zu sein“.
Die Dokumente verwiesen auch auf Fälle wie die Entlassung des Ex-Mitarbeiters David Lockridge. OceanGate feuerte ihn, nachdem er Bedenken hinsichtlich der Sicherheit des Tauchfahrzeugs geäußert hatte. Lockridge versuchte, darauf aufmerksam zu machen, dass die Titan vom Industriestandard abwich.
„Die Titan war und bleibt das einzige Tauchfahrzeug, das jemals mit einem Rumpf aus Kohlefaser hergestellt wurde“, heißt es in der Klage. Der Chefingenieur Tony Nissen wurde speziell dafür gerügt, dass er angeblich einen „Absolventen des Jahres 2017 mit sechs oder weniger Jahren einschlägiger Berufserfahrung“ als leitenden Elektroingenieur für das Projekt eingestellt hat.
OceanGate hat seit der Tragödie alle Explorations- und kommerziellen Aktivitäten eingestellt. Das King County Superior Court Clerk's Office hat den ersten Verhandlungstermin auf August 2025 festgesetzt.
Tony Buzbee, einer der Anwälte, die den Fall vertreten, sprach mit Business Insider. „Wir hoffen, dass wir durch diese Klage Antworten für die Familie bekommen, wie genau das passiert ist, wer alles beteiligt war und wie die Beteiligten so etwas zulassen konnten“, sagt er.
Hat Stockton Rush etwa Gefahren verschwiegen?
Matt Shaffer, ein weiterer Anwalt, der die Familie Nargeolet vertritt, sagte: „Wir haben in der Klage behauptet, dass jemand, der so erfahren und sachkundig ist wie Paul Henri-Nargeolet, sich nicht an dem Projekt beteiligt hätte, wenn Stockton Rush transparent über alle Probleme gewesen wäre, die mit dem Titan und den früheren, ähnlichen Modellen aufgetreten sind.“
In den Unterlagen wird behauptet, dass Stockton Rush der Besatzung und den Passagieren die Gefahren, einfach verschwiegen hat.
Auf BI-Anfrage lehnte es OceanGate ab, einen Kommentar abzugeben.
Lesen Sie den Originalartikel auf Business Insider