Familie Reimann verliert Milliarden in der Coronakrise
Der Kosmetikkonzern Coty und die Snack-Kette Pret-A-Manger haben im Lockdown gelitten. Die Kaffee-Beteiligungen der Chemie-Erben sind krisenfester.
Die deutsche Milliardärsfamilie Reimann hat über Jahrzehnte ein weltweites Firmenreich aufgebaut – von Kaffee, Limos und Parfums bis zu Snackketten. Konsumgüter des täglichen Bedarfs haben zwar eher unspektakuläre Margen, gelten aber gemeinhin als krisenfest. Doch die Coronakrise hat vieles verändert.
Der Lockdown zog vor allem die Gastronomie und Kosmetikbranche in Mitleidenschaft. Die Geschäfte der Sandwichkette Pret-A-Manger und des Duftkonzerns Coty liefen schlecht – alles Beteiligungen der JAB. In dieser Luxemburger Holding bündelt Familie Reimann seit 2012 ihre Investments und bestimmt von dort die Strategie der Firmen.
Vermögenswerte sinken um 4,2 Milliarden Euro
In der Krise haben auch die Chemie-Erben Milliardeneinbußen erlitten – zumindest auf dem Papier. Die Vermögenswerte der JAB sanken Ende Juni auf 14,4 Milliarden Euro von 18,6 Milliarden Euro zum Jahresende 2019.
Das ist ein Verlust von 4,2 Milliarden Euro, der den Eigner zurechenbar ist – ein Einbruch um rund ein Viertel innerhalb eines halben Jahres. Der 14-köpfigen Familie Reimann gehören knapp 90 Prozent der JAB Holding. Der Rest verteilt sich auf mehrere Partner, allen voran Chefstratege Peter Harf.
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“Die Coronakrise und ihre Auswirkung auf die Finanzmärkte hat den Marktwert der JAB-Beteiligungen ungünstig beeinflusst”, heißt es im aktuellen Halbjahresabschluss. Besonders das Investment am börsennotierten Kosmetikkonzern Coty schlug negativ zu Buche. Innerhalb eines halben Jahres schrumpfte es im Wert um 1,2 Milliarden auf drei Milliarden Euro.
“Coty ist vor allem wegen Corona ziemlich gebeutelt”
Inzwischen hat JAB seine Coty-Beteiligung von 60 auf über 50 Prozent gesenkt. Finanzinvestor KKR ist dem kriselnden Kosmetikkonzern mit etwa einer Milliarde Dollar beigesprungen – und hat die Mehrheit an der Marke Wella übernommen.
Schon vor der Pandemie war Coty durch die Übernahme von 43 Marken von P & G in Schieflage geraten. Das Virus ließ nun den Umsatz zwischen April und Juni um mehr als die Hälfte einbrechen. “Coty ist vor allem auch wegen Corona ziemlich gebeutelt – noch mehr als viele unserer Wettbewerber”, räumte Harf Ende August im Handelsblatt ein.
Gleichzeitig kündigte er an, dass Coty bald in die Gewinnzone zurückkehrt. Schub geben sollen die Beauty-Marken der Influencer-Schwestern Kim Kardashian West und Kylie Jenner. An denen ist Coty nun beteiligt.
Erfolgreicher Börsengang mit Kaffee
Die Kaffee- und Getränkebeteiligungen – mit Abstand das größte Investment der Reimanns – büßten ebenfalls rund eine Milliarde Euro ein. Bei einem Gesamtwert von 15,8 Milliarden Euro ist das allerdings ein recht moderater Rückgang. Im Mai ging JDE Peet’s mit Kaffeemarken wie Jacobs und Senseo mitten in der Pandemie erfolgreich aufs Parkett. Der Börsengang spielte mehr als zwei Milliarden Euro ein.
Die Ratingagentur Moody’s erwartet, dass die Kaffee- und Getränkekonzerne JDE Peet’s und Keurig Dr Pepper die Kreditwürdigkeit der JAB weiter schützen. Zum Jahresende machten beide Beteiligungen rund 65 Prozent des JAB-Portfolios aus. Kaffee und Limos hält Moody’s für krisenresistenter als die anderen Beteiligungen.
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So haben Snackketten wie Pret-A-Manger, Panera oder Caribou Coffee im Lockdown stark gelitten. Pret-A-Manger entlässt in Großbritannien rund 3.000 Mitarbeiter. Der Wert der JAB-Anteile sank um rund ein Fünftel auf drei Milliarden Euro. Die Börsenpläne dürften wohl noch länger in der Schublade bleiben.
JAB setzt Hoffnungen auf Tierkliniken
Hoffnungen setzt JAB auf Tierkliniken, die jüngst in den USA zugekauft wurden. Die Anteile sind mit 1,7 Milliarden Euro bewertet. “Tiergesundheit ist ein super Business. Noch nie habe ich ein Geschäft dazubekommen, das mir so gut gefällt”, sagte Harf im März.
Durch diverse Zukäufe hat JAB allerdings hohe Schulden angehäuft – Ende Juni waren es 10,7 Milliarden Euro. Moody’s kritisiert die fremdfinanzierte Kapitalstruktur der Gruppe. “Die Finanzverbindlichkeiten sind alle bis 2024 gesichert”, betont indes Harf. Im September baute JAB rund zwei Milliarden Euro an Schulden ab.
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Chefstratege Peter Harf hat ungeachtet der Coronadelle viel vor: In den nächsten zehn Jahren soll sich der Wert der Reimann-Beteiligungen vervierfachen, sagte er kürzlich dem “Spiegel”. Kurzfristige Kursausschläge lassen Harf kalt: “Familie Reimann ist seit 1823 im Geschäft und hat einen sehr langen Atem.”
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