Für E-Auto-Bauer war der Sommer verregnet: Fünf Themen des Tages
(Bloomberg) -- Wilfried Eckl-Dorna über schnäubige Autokäufer. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages und erhalten Sie sonntags das Hauptstadtgeflüster direkt in Ihre Mailbox.
Weitere Artikel von Bloomberg auf Deutsch:
Deutsche Bank hilft bei Casino-Ausrüster-Deal mit Finanzierung
DZ-Bank verdient €1,7 Mrd. trotz Vorsorge für Immobilien, Konsumenten
Genfs älteste Privatbank kritisiert Erbschaftssteuer-Vorschlag
Bloß keine Batterie
Sonne gab‘s im Juli in ganz Europa reichlich – für Europas Autohersteller hielt der Sommermonat jedoch einige kräftige Schauer bereit, wie die jüngsten Absatzzahlen des Europäischen Autoherstellerverbands ACEA zeigen.
Zwar gingen europaweit die Neuzulassungen um einen Hauch nach oben, nämlich um 0,4% auf 1,03 Millionen Pkw. Bei den für eine emissionsfreie Zukunft so wichtigen Elektroautos ging es allerdings erneut bergab. Im Juli kamen Batterieautos auf 13,6% aller Neuzulassungen im den EU- und EFTA-Ländern sowie Großbritannien — vor einem Jahr lag der Anteil noch bei 14,5%.
Besonders in Deutschland schwächelt der Verkauf der Stromer, seit die Regierung die staatliche Förderung im Dezember eingestampft hat. Im Vergleich zum Vorjahres-Juli gingen die Elektroauto-Verkäufe um satte 37% zurück.
Europas E-Auto-Schwäche schlägt auf die Bilanzen von Autokonzernen wie Volkswagen oder der Opel- und Peugeot-Mutter Stellantis durch — die nun alle bei ihren Elektromobilitäts-Zielen zurückrudern und sparen.
So will Volkswagen etwa stärkere Kostenschnitte durchsetzen und erwägt, eine Elektroauto-Fabrik von Audi in der Nähe von Brüssel dichtzumachen. Bei Stellantis, wo sich der Umsatz im ersten Halbjahr halbiert hat, will CEO Tavares nun alle 14 Marken in punkto Profitabilität abklopfen und mahnt schon, es dürfe „keine Tabus“ geben.
Mercedes hat seine Elektroauto-Ambitionen ebenfalls deutlich zurückgefahren. Einzig bei BMW läuft der E-Auto-Absatz auch in Europa bislang wie ursprünglich geplant. Beim bisherigen E-Auto-Primus Tesla hingegen geht der Absatz ebenfalls kräftig zurück: In den ersten sieben Monaten dieses Jahres betrug das Verkaufsminus 12%.
Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Annika Reichelt, Rainer Bürgin, Alexander Kell und Celine Imensek: Nicht super genug, abkühlende Teuerung, Gewinnsprung vs. Gewinneinbuße, Immo-Schreckgespenst, und CIA-Hilfe für Wien.
Nicht super genug
Nividia hat die Analystenerwartungen mit seinen gestern vorgelegten Zahlen zwar in fast allen Bereichen erfüllt oder übertroffen. Doch das reichte nicht, um die Aktionäre bei Laune zu halten, deren Titel ihren Wert nach der steilen 2023-Rally in diesem Jahr noch einmal mehr als verdoppelt hatten. Im nachbörslichen New Yorker Handel fiel der Aktienkurs des Spezialisten für KI-Spezialchips zeitweise um mehr als 8%. Das lag nicht nur daran, dass der Umsatzausblick für das laufende Quartal (rund 32,5 Milliarden Dollar) unter den Prognosen der größten Optimisten an der Wall Street lag. Konzernchef Jensen Huang räumte auch Schwierigkeiten bei der Produktion der neuesten Chipserie ein. Es seien Änderungen nötig gewesen, damit bei der Fertigung weniger Ausschuss entsteht. Während die Börse darüber debattiert, ob es für die Nvidia-Rally noch Luft nach oben gibt, zeigt der Blick auf die Philippinen, wie es mit der Integration künstlicher Intelligenz in die Wirtschaft weitergehen könnte. Das Outsourcing-Mekka in Südostasien, das unter anderem Heimat zahlreicher Call Center geworden ist, sieht sich durch ChatGPT und Co. einem Wandel gegenüber, der wohl nur eine Option lässt: Mitmachen und anpassen.
Abkühlende Teuerung
In Spanien ist die Inflation auf den niedrigsten Stand seit einem Jahr gesunken — ein Rückgang, der sich wahrscheinlich in der gesamten Eurozone widerspiegeln und es der EZB ermöglichen wird, die Zinsen weiter zu senken. Die Verbraucherpreise stiegen dort um 2,4% gegenüber dem Vorjahr. Niedrigere Kosten für Treibstoff, Lebensmittel und alkoholfreie Getränke dämpften die Jahresteuerung gegenüber den Vormonaten. Wohl im nächsten Monat dürfte in Spanien das 2%-Ziel der EZB vorübergehend erreicht sein, dauerhaft aber wohl erst Anfang 2025. Die bisher eingegangenen Daten für Deutschland deuten auch auf eine rückläufige Teuerung hin. Im Zuge dessen fiel der Euro auf ein Wochentief gegenüber dem Dollar und Bunds erholten sich. Für die EZB dürften die Veröffentlichungen die Argumente für eine weitere Zinssenkung am 12. September untermauern. Die Märkte wetten auf eine oder zwei weitere Senkungen in diesem Jahr, und für EZB-Tauben wie Mario Centeno aus Portugal ist der Zinspfad “relativ klar”. Falken wie der Österreicher Robert Holzmann warnen indes vor einem vorzeitigen Handeln.
Gewinnsprung vs. Gewinneinbuße
Die NordLB hat ihren Gewinn im ersten Halbjahr um mehr als die Hälfte gesteigert, vor Steuern standen 224 Millionen Euro unterm Strich. Vorstandschef Jörg Frischholz warnte bei der Vorlage der jüngsten Zahlen allerdings, dass sich aufgrund der prognostizierten Marktzinsentwicklung und der geringen konjunkturellen Dynamik das Halbjahresergebnis nicht linear fortschreiben lasse. Nachdem das Hannoveraner Geldinstitut im Vorjahreszeitraum noch Risikovorsorge auflösen konnte, hat sie nun im ersten Halbjahr des laufenden Jahres rund 61 Millionen Euro an Rückstellungen neu gebildet. Davon entfielen 25 Millionen Euro auf das Firmenkunden- und Verbundgeschäft und 37 Millionen auf den Immobilienbereich. Bei der DZ Bank ist der Gewinn hingegen im ersten Halbjahr geschrumpft, wenn auch auf hohem Niveau. Das Vorsteuerergebnis belief sich auf rund 1,71 Milliarden Euro, verglichen mit 1,93 Milliarden im Vorjahreszeitraum, wie das genossenschaftliche Spitzeninstitut heute mitteilte. Hier vervierfachte sich die Risikovorsorge auf konzernweit 206 Millionen Euro. Für das Gesamtjahr erwartet die DZ Bank einen Vorsteuergewinn von 2 bis 2,5 Milliarden Euro.
Immo-Schreckgespenst
“Woningwaarderingsstelsel” versetzt die Niederlande in Angst und Schrecken. Nein, es ist kein Schlossgespenst, sondern das holländische Mietkontrollsystem. Die Idee hinter dem Gesetz war, Wohnraum in den Niederlanden erschwinglicher zu machen, verschärfte die Wohnungsnot aber nur noch zusätzlich. Im Juli führte die Regierung eine Mietpreisbindung für Tausende von Wohnungen ein, um einkommensschwache Mieter vor skrupellosen Vermietern zu schützen. Anhand diverser Faktoren, wie Zustand, Größe und Energieeffizienz einer Immobilie, wird ermittelt, wie hoch die Miete maximal sein darf. Vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes waren vier Fünftel der drei Millionen Mietwohnungen in der Niederlande mietpreisgebunden, nach dem Gesetz sind es nach Angaben der Regierung 96%. Jetzt verkaufen viele Eigentümer, weil sich die Vermietung nicht mehr lohnt. Steigende Mieten, einbrechende Neubauzahlen - wie viele andere europäische Länder kämpft auch Deutschland mit der Wohnungsnot. Nach Angaben der Immobilienbranche fehlen inzwischen 800.000 Wohnungen im Land, 100.000 Wohnungen wurden im letzten Jahr weniger genehmigt. Der Wohnungsmangel liegt auf einem Rekordniveau.
CIA-Hilfe für Wien
Anfang des Monats mussten in Wien drei Taylor-Swift-Konzerte wegen Terrorgefahr abgesagt werden. Nun hat der stellvertretende CIA-Direktor die Rolle seiner Behörde bei der Aufdeckung des Anschlagsplans erklärt: Die CIA und andere Geheimdienste hatten die österreichischen Behörden mit Informationen versorgt, die schließlich zur Verhaftung der Tatverdächtigen führten. Der mutmaßliche Haupttäter ist österreichischer Staatsbürger und hatte einen Treueschwur auf die Terrormiliz Islamischer Staat geleistet. In seiner Wohnung fanden die Ermittler Chemikalien, Anleitungen zum Bombenbau und IS-Werbung. Auch den tödlichen Messerangriff in Solingen am vergangenen Freitag hat der IS für sich reklamiert. Der syrische Tatverdächtige sollte eigentlich nach Bulgarien abgeschoben werden, wurde es aber nicht — womöglich auch dank juristischer Beratung einer auf Asylrecht spezialisierten Kanzlei. Seitdem ist kein Thema politisch so umkämpft wie dieses. Und während die einen strengere Migrationspolitik und härtere Waffengesetze fordern, rufen die anderen nach weitreichenderen Befugnissen für die Behörden, um künftig weniger auf CIA-Hilfe angewiesen zu sein. Beim wohl jüngsten Messerzwischenfall in Deutschland erschoss die Polizei gestern Abend in Recklinghausen einen 33-Jährigen.
Was sonst noch passiert ist
Deutsche finanziert Deal
Schweizer Robot-Lastenesel
Schweizer Milliardärsvertreibung
©2024 Bloomberg L.P.