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Fünf Risiken für Anleger – und fünf neue Chancen

Besonders stark erwischt es die europäischen Aktienmärkte, auch den Dax. Wieder einmal zeigt sich, dass die seit Monaten vorhandene Schwäche Europas noch lange nicht zu Ende sein dürfte. Der Dax ist wieder da angelangt, wo im Herbst vor gut zwei Jahren die jüngste mittelfristige Hausse-Phase begonnen hat. Der Dow Jones steht dagegen trotz der jüngsten Turbulenzen mehr als ein Drittel über dem Niveau von vor zwei Jahren. An dieser divergierenden Entwicklung dürfte sich auf absehbare Zeit nicht viel ändern.

Anleger sollten deshalb fünf große Risiken im Blick behalten - und die fünf Chancen, die sich daraus ergeben können.

Erstes Risiko: Europa wird für Anleger immer mehr zum Nachteil

Die europäische Wirtschaft ist in einem brisanten Zustand. Mit Großbritannien tritt eines der stärksten und wichtigsten Länder aus. In Frankreich signalisieren die jüngsten Unruhen, wie brüchig die bisher erreichten wirtschaftlichen Erfolge sind. Italien ist zum Dauerkrisenfall geworden. Die größeren osteuropäischen Länder gehen schon länger auf Distanz zu Kerneuropa. Und ob Deutschland dies alles wirtschaftlich ausgleichen kann, wird immer fraglicher.

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Man kann den desolaten politischen Zustand, in dem sich Europa befindet, nicht von der wirtschaftlichen Perspektive und den Märkten trennen. Europa entstand als wirtschaftliche Vereinigung mit einem politischen Rahmen. Beides gerät zusehends aus den Fugen. Das trifft auch die EZB, die deshalb in eine unglückliche Zwickmühle geraten ist: Einerseits hat sie die Zinsen in den vergangenen Jahren mit Blick auf die Schwachen in der EU unten gehalten, andererseits hat sie nun kaum Spielraum, im Fall einer neuen Krise gegenzusteuern.

Zweites Risiko: Handelsstreit und die Unberechenbarkeit von Trump

Er liebe Zölle, hat Donald Trump gesagt, als es um die grundlegende Auseinandersetzung mit China ging. Bei allem Hin und Her, das Trump in den vergangenen zwei Jahren an den Tag gelegt hat, ist dies eine wirtschaftliche Konstante seiner Amerika-First-Politik. Damit besteht auch keine allzu große Hoffnung, dass sich nach Ablauf des jüngsten Waffenstillstands mit China wesentliches daran ändert. Es sei denn, China lenkt im Handelskonflikt weiter ein als bisher erwartet.

Für die Chinesen wird dies ein Drahtseilakt. Einerseits operieren sie aus einer Position der relativen Stärke heraus - die chinesische Wirtschaft läuft immer noch robust, China hat riesige Bestände an US-Staatsanleihen. Andererseits haben sie Angst, dass gerade der Aufschwung ihrer vielversprechenden Technologieunternehmen ins Stocken geraten könnte. Der Konflikt zwischen Trump und China wird bis auf weiteres bestehen bleiben. Er wird die Handelspolitik genauso dämpfen wie die konjunkturellen Perspektiven insgesamt.

Drittes Risiko: Strategische Enttäuschungen bei Unternehmen

Im Dax stürzen Fresenius und FMC ab, weil die mittelfristigen Ziele gekappt werden. Bei Daimler führt die Verschiebung von Erträgen der Finanztochter ins nächste Jahr zu einem Kursrutsch. Bei Bayer sprechen immer mehr Anzeichen dafür, dass die Monsanto-Übernahme eine ziemlich gefährliche Sache ist. Sowohl im Dax wie bei vielen Unternehmen weltweit häufen sich schwere Enttäuschungen. Und die schlagen sich umso mehr in Kursen nieder, je sicherer sich Anleger vorher wähnten. Fresenius und FMC galten in den vergangenen Jahren als stabile Gewinnbringer, Daimler ist analytisch betrachtet ausgesprochen billig, und Bayer sollte gerade mit Monsanto eine Konzernstruktur erhalten, die auf die zukünftigen Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Die Reihe der angeschlagenen Ikonen lässt sich beliebig fortsetzen: Sie reicht von General Electric über IBM bis zur Deutschen Bank. Wenn einst tragende Unternehmen der Wirtschaft und der Aktienmärkte so tief sinken, zieht das auch die Gesamtmärkte nach unten.

Viertes Risiko: Zu hohe Erwartungen an erfolgreiche Unternehmen

Zu den Dax-Aktien, die in den vergangenen Wochen besonders stark verloren haben, gehört Bezahldienstleister Wirecard. Nun ist der Aufstieg von Wirecard ohne Frage beeindruckend, das Unternehmen eine Erfolgsstory. Die Frage ist nur, ob dieses Unternehmen, das in diesem Jahr an die zwei Milliarden Euro Umsatz gemacht hat, an der Börse 17 Milliarden Euro wert ist? Und dabei ist der Kursrückgang von einem Drittel, den die Aktie in den vergangenen zwei Monaten erlitten hat, schon eingerechnet.

Um solche gigantischen Bewertungen zu rechtfertigen, müsste Wirecard die enormen Wachstumsraten, die es in den vergangenen Jahren von kleiner Basis aus erzielt hat, gleichsam unendlich fortsetzen. Das stößt früher oder später an reale Grenzen – in vielen Fällen dann, wenn die Aktie den Aufstieg in den Dax geschafft hat. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Wirecard bewertet wird wie jedes andere moderne Unternehmen auch. Und da besteht noch reichlich Luft nach unten.


Der Börsentrend ändert sich nicht von allein

Fünftes Risiko: Nach zehn Jahren Hausse werden Kursstürze immer wahrscheinlicher

Der Weltaktienindex MSCI World, der auf Dollarbasis berechnet wird, hat seit dem Finanzkrisentief Anfang 2009 mehr als 220 Prozent gut gemacht. Das ist die zweitlängste durchgehende Haussephase der vergangenen fünf Jahrzehnte. Noch etwas länger hat nur der durchgehende Aufschwung von der Ölkrise 1973/74 bis zum Crash von 1987 gedauert (die breite Konsolidierung im MSCI von 1987 bis 1992 ist hier als eigene Phase zu sehen).

Es gibt keinen Automatismus an der Börse, der die Länge eines Aufschwungs begrenzt. Legendär ist die Hausse im japanischen Nikkei-Index, die von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis Anfang der Neunzigerjahre reichte. Dennoch, auch dieses Beispiel zeigt, dass Märkte danach zu heftigen Gegenbewegungen neigen: Noch immer rangiert der Nikkei-Index weit unter seinem einstigen Hoch bei 39.000 Punkten.

Der Dax hat in den vergangenen zehn Jahren in der Spitze 270 Prozent gewonnen. Das ist länger als in den vorangegangenen Hausse-Phasen von 1982 bis 1990, von 1992 bis 2000 und von 2003 bis 2007.

Von sich aus ohne substanziellen Grund haben die Aktienmärkte noch nie einen großen Trend gedreht. Weder 1987, als Verkaufsprogramme in New York zu einem 21-Prozent-Tagescrash führten, noch im Finanzkrisen-Crash, dem Missbrauch mit aufgeblasenen Wertpapieren sowie falsche Versprechungen und Hoffnungen auf einen endlosen Aufschwung am Immobilienmarkt vorausgingen. Entscheidend wird letztlich sein, wie sich die Konjunktur weiter entwickeln kann. Und hier ist für Anleger auch jetzt noch nicht alles verloren.

Erste Chance: Die US-Konjunktur wird nicht so schwach wie befürchtet.

Große Ängste entwickeln die Aktienmärkte derzeit vor einem möglichen Abschwung der US-Wirtschaft. Der wäre in der Tat sehr gefährlich, denn das stabile Wachstum Amerikas ist seit mehreren Jahren die wichtigste fundamentale Untermauerung der aktuellen Hausse. Dass durch den Handelskonflikt dabei China mit im Clinch ist, macht die Gefahr noch größer, denn der langfristige Aufschwung Chinas ist der asiatische Motor der Hausse.

Als „mäßig bis moderat“ hat die amerikanische Notenbank das US-Wachstum zuletzt bezeichnet. Wahrscheinlich werden es in diesem Jahr rund drei Prozent plus. Vorboten, dass es 2019 etwas weniger wird, gibt es – etwa auslaufende Effekte der Steuerreform oder rückläufige Neubauverkäufe. Ein Automatismus in eine Rezession hinein aber gibt es nicht. Ähnlich wie in den zuletzt schwächeren Jahren 2011 oder 2016 könnte die US-Konjunktur etwas abbremsen und bei rund 1,5 bis 2,0 Prozent Wachstum landen. An den Aktienmärkten kam es in diesem Umfeld zu typischen Korrekturverlusten von rund 20 Prozent.

Zweite Chance: Die US-Notenbank Fed kann flexibel gegensteuern

Im Gegensatz zur Zwangslage der EZB, die ihr geldpolitisches Pulver verschossen hat, hat die Fed in den vergangenen Jahren eine kluge und erfolgreiche Geldpolitik betrieben. Janet Yellen gebührt das Verdienst, die Zinswende Ende 2015 eingeleitet zu haben. Achtmal hat die Fed mittlerweile die Leitzinsen heraufgesetzt. In Kürze, zur Sitzung am 18. und 19. Dezember, könnte es zum neunten Mal soweit sein. Für nächstes Jahre werden nach bisheriger Lesart drei weitere Erhöhungen erwartet.

Allerdings, ausgemachte Sache ist das keineswegs. Die jüngsten Äußerungen von Fed-Chef Jerome Powell deuten darauf hin, dass die Notenbank durchaus ein Auge für die offenen Flanken der wirtschaftlichen Entwicklung und der Märkte hat. So könnte es vielleicht noch im Dezember zu einer kleinen Erhöhung kommen – jedoch garniert mit der Aussage, dass weitere Zinserhöhungen nur dann anstehen, wenn die Wirtschaft wirklich überschäumt.

Weil die Fed nach acht Zinserhöhungen genug Spielraum hat, könnte sie eine mögliche Schwächephase der US-Wirtschaft frühzeitig abfangen. Und sie hätte auch Spielraum, nach einer längeren Zinspause dann die Erhöhungen gegebenenfalls fortzusetzen.

Dritte Chance: Die Megatrends Digitalisierung, Internet und neue Mobilität sind ungebrochen

Im Mittelpunkt der jüngsten Börsenturbulenzen stehen die großen Technologieaktien, die den Aufschwung der vergangenen Jahre besonders getragen haben. In Amerika sind das vor allem Apple, Amazon, Microsoft, Google/Alphabet oder Facebook; im Dax am ehesten SAP und Infineon, mit Einschränkungen Siemens (wegen der engen Verbindung zur klassischen Industrie) und durchaus ein Überflieger wie Wirecard.

Die Entwicklungen bei den einzelnen Technologie-Protagonisten sehen indessen unterschiedlich aus. Während bei Amazon, Microsoft, SAP und Alphabet die großen Trends an den Börsen weitgehend intakt sind, ist Facebook ernsthaft angeschlagen. Apple ist unentschieden, hier könnte die hohe Abwärtsdynamik der vergangenen Wochen weitere Kursrisiken signalisieren.


Dax bis Januar unter Druck

Analog zu den Trends der Aktie entwickeln sich die Geschäftsmodelle: Bei Amazon, Microsoft und SAP ist durch die starke Wachstumsperspektive von Cloud, Speicherung und Analyse von Daten weiterhin mit einer starken Entwicklung zu rechnen. Bei Facebook mehren sich die Anzeichen, dass das Geschäftsmodell an Grenzen stößt.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die aktuelle Stärke der Tesla-Aktie. Kein anderes Unternehmen repräsentiert den Wandel zur E-Mobilität so intensiv. Auffällig ist auch, dass im Dax derzeit Volkswagen zu den relativ starken Werten gehört, weil sich die Wolfsburger vehement wie kein anderer deutscher Autokonzern vom Dieselsünder zum elektrischen Musterknaben wandeln.

Vierte Chance: Die Reserven vieler Unternehmen sind höher als vor der Finanzkrise

Der Blick auf die starken Technologiewerte zeigt auch, welche enorme Power durch den Aufschwung der vergangenen Jahre entstanden ist. Apple, Google und Microsoft verfügen über so hohe Kapitalbestände, dass sie gegen Konjunkturrückschläge oder Zinserhöhungen gut gerüstet wären. Auch unter den zuletzt schwach gelaufenen Dax-Aktien gibt es Unternehmen, die finanziell top ausgestattet sind. BASF hat 43 Prozent Eigenkapitalquote, Daimler und VW haben Cash-Bestände von mehr als 20 Milliarden Euro.

Im Fall von Daimler bedeutet dies, dass das reine Unternehmen abzüglich Cash nicht einmal mehr mit 30 Milliarden Euro bewertet wird. Dabei macht Daimler 165 Milliarden Euro Jahresumsatz und erzielt Rekordverkäufe von 3,3 Millionen Fahrzeugen im Jahr. Zudem liegt die Gewinnbewertung selbst bei reduzierten Prognosen mittlerweile weit unter zehn. Die Dividendenrenditen liegen, selbst bei einer geringeren Ausschüttung, im Bereich um fünf Prozent.

Fünfte Chance: Nach der Korrektur werden viele Aktien wieder preiswert

Wann genau die einzelnen Dax-Werte ihre Korrektur abgeschlossen haben, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Als Gesamtmarkt hat der Dax nach seiner Top-Formation, die er zwischen Anfang 2017 und Herbst 2018 gebildet hat, im ersten Abschwung 11.200 Punkte erreicht. Von Ende Oktober bis Anfang Dezember gab es einen Stabilisierungsversuch, der bei 11.550 Punkten früher als erwartet auslief und die Jahresendrally ins Wasser fallen ließ.

Im Index selbst besteht das Risiko, dass es im nächsten Abschwung bis in die Zone zwischen 10.600 bis 10.200 Punkte nach unten geht. Hier wären die theoretischen Kursziele der großen Wendeformation erfüllt. Zudem gibt es im Bereich um 10.000 Punkte aus den Jahren 2014 und 2016 zahlreiche mittelfristige Hochpunkte, die nun als Unterstützungen dienen können. Geht es nach dem üblichen Zeitfenster mittelfristiger Schwankungen, könnte die kritische Lage im Dax bis in den Januar hinein anhalten.

Einzelwerte wie SAP und Volkswagen zeigen schon länger relative Stärke, Daimler und BASF loten mittelfristige Tiefpunkte aus, selbst die Deutsche Bank könnte bei einem Niveau zwischen sechs und acht Euro für antizyklische Investoren langsam interessant werden.