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EZB strafft um Halbprozent, flankiert von Kriseninstrument

(Bloomberg) -- Die Europäische Zentralbank hat den Einlagensatz um 50 Basispunkte auf Null angehoben, die erste Zinserhöhung seit 11 Jahren und die größte seit 2000.

Während Italien erneut von einem politischen Erdbeben erschüttert wird, stellte EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der Sitzung des Rats der Bank außerdem ein Instrument vor, das die Märkte daran hindern soll, die Kreditkosten in anfälligen Volkswirtschaften zu aggressiv in die Höhe zu treiben. Das hatte vor einem Jahrzehnt beinahe die Existenz des Euro in Frage gestellt.

“Der Preisdruck breitet sich in immer mehr Bereiche aus”, sagte Lagarde auf ihrer Pressekonferenz nach der Ratssitin Frankfurt. “Die meisten Messgrößen für die zugrunde liegende Inflation sind weiter angestiegen. Wir gehen davon aus, dass die Inflation für einige Zeit unerwünscht hoch bleiben wird.”

Mit dem Schritt reiht sich die EZB zwar in die Liste der mehr als 80 Zentralbanken ein, die ihre Zinssätze in diesem Jahr bereits angehoben haben, und beendet ein achtjähriges Experiment mit Anleihekosten unter Null.

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“Bei den kommenden Sitzungen des EZB-Rats wird eine weitere Normalisierung der Zinssätze angemessen sein”, so die EZB in ihren geldpolitischen Beschlüssen. “Durch das heutige Vorziehen des Ausstiegs aus den Negativzinsen kann der EZB-Rat zudem zu einem Ansatz übergehen, bei dem Zinsbeschlüsse von Sitzung zu Sitzung gefasst werden.”

Im Zuge der Umsetzung dieser Schritte wird der EZB-Rat ein “Instrument zur Absicherung der Transmission” (Transmission Protection Instrument oder TPI) einführen, damit “die Transmission des geldpolitischen Kurses in allen Ländern des Euroraums reibungslos erfolgt”.

Das TPI “kann aktiviert werden, um ungerechtfertigten, ungeordneten Marktdynamiken entgegenzuwirken” und das Volumen der Ankäufe ist “nicht von vornherein beschränkt”, so die EZB.

Lagarde hob hervor, dass der Rat das Instrument einstimmig abgesegnet habe, was impliziert, dass auch Bundesbankpräsident Joachim Nagel sein Plazet gegeben hat. Nagel hatte im Vorfeld vor “gefährlichem Fahrwasser” gewarnt, in das man sich mit dem Instrument begebe.

Zum TPI erläuterte Lagarde:

  • Alle Mitglieder des Euroraums können es in Anspruch nehmen.

  • Der EZB-Rat wird allein entscheiden, ob der TPI verwendet wird, wobei er “mehrere Indikatoren” berücksichtigt, darunter die Einhaltung der finanzpolitischen Vorschriften der Europäischen Union

  • Der TPI “wird eine Beeinträchtigung des angemessenen geldpolitischen Kurses vermeiden”, was darauf hindeutet, dass die Anleihekäufe ausgeglichen werden

  • Einige länderspezifische Risiken können immer noch mit einem älteren Instrument, den Outright Monetary Transactions, angegangen werden

  • Der EZB-Rat würde TPI “lieber nicht einsetzen”, wird aber nicht zögern, es zu tun, wenn es erforderlich ist

Der Euro weitete seine Gewinne gegenüber dem Dollar zunächst aus, gab jedoch im Laufe von Lagardes Pressekonferenz wieder nach. Die Händler erhöhten ihre Wetten auf das Tempo der Straffung und rechneten mit weiteren 137 Basispunkten an Zinserhöhungen bis zum Jahresende, verglichen mit weniger als 120 Basispunkten zuvor.

Der Zinsschritt der EZB war doppelt so groß wie noch vor wenigen Tagen angekündigt und wurde nur von vier der 53 von Bloomberg befragten Ökonomen vorhergesagt. Lagarde wird sich wohl weiterhin Fragen stellen müssen, warum sie wochenlang eine Erhöhung um 25 Basispunkte ankündigte, bevor am Dienstag durchsickerte, dass eine Erhöhung um den doppelten Betrag zur Debatte stehen würde.

Die Aufgabe der EZB ist komplexer als die vieler anderer Notenbanken. Sie muss nicht nur eine Geldpolitik für 19 Volkswirtschaften festlegen, sondern kämpft auch mit der Gefahr einer Rezession wegen des Kriegs in der nahen Ukraine, während der Euro aufgrund des steigenden Dollars sich der Parität nähert. Bei den letzten Zinserhöhungen in den Jahren 2008 und 2011 machte die EZB bald kehrt, als das Wachstum einbrach.

Überschrift des Artikels im Original:

ECB Rushes to Tighten as Half-Point Hike Matched by Crisis Tool

(Neu: weitere Äußerungen von Lagarde zum TPI)

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