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EZB hält Einlagenzins bei minus 0,5 Prozent – und kündigt neues Kreditprogramm an

Die Notenbank der Euro-Zone hat sich zu ihren geldpolitischen Plänen angesichts der Coronakrise geäußert. Sie will weitere Anleihen kaufen.

Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank warnte kürzlich vor den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus. Foto: dpa
Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank warnte kürzlich vor den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus. Foto: dpa

Der Einlagenzins im Euro-Raum soll vorerst bei minus 0,5 Prozent bleiben. Das entschied der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag, wie die EZB in einer Mitteilung bekanntgab. Der Leitzins bleibt demnach auf dem Rekordtief von null Prozent. Die Bank will jedoch bis Ende des Jahres zusätzliche Anleihenkäufe im Volumen von 120 Milliarden Euro tätigen.

Außerdem stockt die EZB wie erwartet ihr Programm längerfristiger Kredite an Geschäftsbanken auf und verbessert zum Teil auch deren Konditionen. So wird ab Juni ein neues Programm unter dem Kürzel TLTRO III in Kraft treten, das besonders kleinen und mittleren Unternehmen helfen soll.

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Dabei kann im günstigsten Fall der Zinssatz sogar ein Viertel Prozentpunkt unter dem Satz liegen, den die Banken für ihre Einlagen bei der EZB als Minuszinsen berechnet kommen. Das heißt: Die Banken bekommen bis zu 0,75 Prozent Zinsen von der EZB, wenn sie die Kredite annehmen und an ihre Kunden weiterreichen.

Vor Reportern betonte die EZB-Chefin Christine Lagarde, es müsse von finanzpolitischer Seite eine „ambitionierte und abgestimmte“ Antwort auf die Coronakrise geben. Die Pandemie sei ein großer Schock für die Wirtschaft und werde entsprechend einen starken Einfluss auf die Konjunktur haben.

Die nun beschlossenen Maßnahmen bezeichnete Lagarde als die effizienteste Antwort auf die Marktprobleme, die es momentan gebe. Da für die zusätzlichen Anleihenkäufe keine monatlichen Raten festgelegt seien, könne man flexibel auf die jeweils aktuelle Wirtschaftssituation reagieren.

Anleger hatten von der EZB aber offenbar mehr erwartet: Nach der Ankündigung der Maßnahmen rutschte das Börsenbarometer bis zu 10 Prozent ins Minus auf einen Stand von nur noch 9452 Punkten.

Reaktionen auf das Maßnahmenpaket

Die Reaktionen von Anlagestrategen und Ökonomen fielen unterschiedlich aus: Felix Hermann, Anlagestratege Deutschland beim US-Fondsanbieter Blackrock, sagte: „Wir erleben einen historischen Tag, an dem die gemeinsame Aktion der EZB und der Europäische Bankenaufsicht EBA auf die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Bankensystems und der Finanzierung der Privatwirtschaft abzielt.“ Außerdem sagte er: „Die Zeiten von Zinssenkungen in der Euro-Zone sind nun vorbei.“

Der EZB sei sich bewusst, dass sie in Zeiten eines Angebotsschocks wie diesem nicht so viel ausrichten könne. „Mit der Ausweitung des Kreditprogramms TLTRO und der Ausweitung der Anleiheankäufe hat die EZB das getan, wozu sie noch imstande war.“
Dazu passe die ausdrückliche Forderung Christine Lagardes nach europäischer finanzpolitischer Unterstützung.

Stefan Schneider, Deutschland-Chefökonom der Deutschen Bank, urteilte: „Die Maßnahmen sollten Wirkung zeigen – besonders die langfristige Refinanzierungsgeschäfte zu extrem günstigen Bedingungen. Auch die zusätzlichen 120 Milliarden Euro an Anleihekäufen sind ganz erheblich. Zusätzlich werden die Banken regulatorisch etwas von der Leine gelassen. Das alles zusammen sollte etwas helfen. Mehr kann die EZB derzeit realistischerweise wohl auch nicht leisten.

Viele dieser Maßnahmen gehen über das Bankensystem an die Unternehmen. Ob die Banken ihre Kreditvergabe erhöhen, nur weil ihre Kosten bei der Refinanzierung sinken, muss man abwarten. Denn gleichzeitig sind die Kreditrisiken in den stark betroffenen Sektoren wie der Reisebranche gestiegen. Hier könnte der Staat mit Kreditgarantien wirkungsvoller helfen.“

Christian Kopf, Anleihechef bei Union Investment, findet es zwar richtig, dass die EZB den Einlagensatz unverändert bei minus 0,5 Prozent belassen hat. „Stärkere Negativzinsen würden die Banken, Versorgungswerke und Versicherungen im Euro-Raum um noch mehr belasten, während sie kaum zu höherer Wirtschaftsaktivität oder höherer Inflation beitragen“, sagt er.

Kopf wirft der EZB aber „mangelnde Kreativität“ vor. „Viele Unternehmen stehen aufgrund der Virusepidemie mit dem Rücken zur Wand und das unverschuldet“, sagt Kopf. Die EZB hätte ihr ihr Anleihekaufprogramm deutlicher ausweiten können und sie könnte beispielsweise auch Hochzinsanleihen kaufen.

„Solange wir keine direkte und umfangreiche Erhöhung der Kredite an Unternehmen bekommen, wird die Wirtschaft diese Krise nur mit großen Schwierigkeiten bewältigen können.“ Dies könne entweder die EZB machen oder die Staaten mithilfe von Bürgschaften. Kopf geht davon aus, dass Bürgschaften kommen werden. „Aber auch die EZB muss mehr tun.“

Die EZB hatte zuletzt wegen der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Konsequenzen durch die Corona-Pandemie unter Handlungsdruck gestanden, denn an den Märkten herrscht Panik. Bankenvertreter forderten zuletzt weitere Liquiditätshilfen sowie eine Senkung der Kapitalanforderung von der EZB.

In den vergangenen Tagen hatten bereits andere Notenbanken Maßnahmen erlassen, um die Wirtschaft zu stützen. So hatten etwa die US-Notenbank Fed und die britische Zentralbank ihre Leitzinsen gesenkt.

Die Europäische Zentralbank will im übrigen auch intern weiter Vorsorge gegen das Coronavirus treffen. „Wenn sich die Situation nicht sehr schnell zum Besseren entwickelt, ist es unwahrscheinlich, dass Sie uns beide bei der nächsten Pressekonferenz sehen werden“, sagte EZB-Präsidentin Christin Lagarde am Donnerstag mit Blick auf ihren neben ihr sitzenden Stellvertreter Luis de Guindos. Es werde an einer „Aufteilung der Teams“ gearbeitet, auch auf oberster Führungsebene.

Zudem kündigte sie an, dass das nächste Treffen des EZB-Führungsgremiums online durchgeführt wird. „Unsere nächste EZB-Ratssitzung am 1. April wird tatsächlich vollständig online sein“, sagte Lagarde. Schon bei der Zinsentscheidung an diesem Donnerstag waren nicht alle Ratsmitglieder in Frankfurt, sondern einige online zugeschaltet.

Die Notenbank reagiert auf die Ausbreitung des Coronavirus. Foto: dpa
Die Notenbank reagiert auf die Ausbreitung des Coronavirus. Foto: dpa