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EY-Wirtschaftsprüfer müssen im Fall Wirecard aussagen

EY-Prüfer hatten sich im Untersuchungsausschuss auf ihre Verschwiegenheitspflicht berufen. Zu Unrecht, wie das oberste Zivilgericht nun entschied.

Der BGH hat entschieden: Die EY-Vertreter sind von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbunden. Foto: dpa
Der BGH hat entschieden: Die EY-Vertreter sind von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbunden. Foto: dpa

Der Aussage der Abschlussprüfer des Wirecard-Konzerns vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags steht nichts mehr im Weg: Der Bundesgerichtshof (BGH) machte den Weg für die Aussage von Mitarbeitern der Prüfungsgesellschaft EY heute mit einem letztinstanzlichen Urteil zur Verschwiegenheitspflicht frei.

Gleichzeitig kassierte er aber auch Bußgelder, die gegen zwei EY-Mitarbeiter verhängt worden waren, weil sie ihre Aussage in einer ersten geplanten Anhörung vor dem Ausschuss verweigert hatten.

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Die beiden EY-Mitarbeiter waren im November geladen, um über ihre Tätigkeit für Wirecard auszusagen. Sie verweigerten aber die Aussage und verwiesen auf die ihnen als Prüfer gesetzlich auferlegte Verschwiegenheitspflicht. Es sei unter Gerichten umstritten, wer Wirtschaftsprüfer von der Schweigepflicht entbinden müsse.

Im konkreten Fall Wirecard geschah dies zwar durch den Insolvenzverwalter, die noch verbliebenen Vorstandsmitglieder und den Aufsichtsrat. Nicht entbunden worden war EY aber vom Ex-Vorstandschef Markus Braun, der derzeit in Untersuchungshaft sitzt, sowie vom untergetauchten Ex-Vorstand Jan Marsalek.

Der Ausschuss hielt die Weigerung der EY-Mitarbeiter für nicht rechtens und verhängte daraufhin Ordnungsgelder in Höhe von jeweils 1000 Euro. Die Prüfer würden sich hinter einer angeblichen Schweigepflicht verstecken, so der Vorwurf. Die Weigerung hatte für großes Missfallen unter den Bundestagsabgeordneten gesorgt.

EY-Vertreter werden erneut nach Berlin geladen

Schließlich erwarten sie gerade von EY detaillierte Aufklärung, warum der Betrug bei Wirecard von den Abschlussprüfern nicht entdeckt wurde. Die geladenen EY-Zeugen wurden bei der Befragung im November deswegen hart rangenommen, obwohl sie in der Sache nicht antworteten. Allerdings sicherten sie zu, aussagen zu wollen, wenn sie rechtskräftig von der Verschwiegenheitspflicht entbunden seien. Darüber sollte der BGH entscheiden.

Dies ist nun der Fall. Der 3. Strafsenat des höchsten deutschen Zivilgerichts sah kein Aussageverweigerungsrecht bei den Prüfern. Der Grund: Nach der Insolvenz Wirecards reichte die Entbindung durch den Insolvenzverwalter aus. Das Ordnungsgeld aber sahen die Richter als unbegründet an, weil es sich in der Sache um eine ungeklärte rechtliche Frage handelte.

Björn Gercke, Anwalt von EY und einem der beiden Prüfer begrüßte die Entscheidung, da sie den „Prüfern endlich die Möglichkeit gibt ohne Risiken auszusagen.“ Der BGH hab „eine Entscheidung von historischer Tragweite getroffen und diesen jahrzehntealten Rechtsstreit geklärt“, so Gercke. „Das Gericht hat klargestellt, dass den Zeugen angesichts der unsicheren Rechtslage kein Vorwurf gemacht werden kann.“

Der FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar sagte, der Ausschuss werde die Zeugen von EY für den 19. März erneut vorladen. „Jetzt können sich die Wirtschaftsprüfer nicht mehr hinter der Mauer des Schweigens verstecken. Endlich können wir klären, wieso EY jahrelang die Testate ausgestellt hat“, sagte die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe der Nachrichtenagentur Reuters.

Der Ausschuss muss seine Befragung bis April abgeschlossen haben. Es stehen noch viele Zeugen auf der Liste der Abgeordneten. Am heutigen Donnerstag wurde etwa der langjährige Leiter der Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), Edgar Ernst, befragt. Laut seiner Aussage fehlten der DPR die Mittel und die kriminalistische Expertise, um den Bilanzbetrug der Wirecard AG aufzudecken. „Die DPR kann die korrekte Abbildung von ausgewählten Geschäftsvorfällen sicherstellen, nicht aber die Existenz von Vermögenswerten nachweisen“, sagte Ernst. Demnach prüft die DPR nicht, ob etwa ein vorgelegter Vertrag gefälscht ist oder ob ein Kunde überhaupt existiert.

Noch schwieriger sei es, wenn wie im Fall Wirecard die Unternehmensleitung und Auskunftspersonen selbst die Betrüger seien, sagte der DPR-Chef. „Man kann so intelligente Fragen stellen, wie man will, man ist im Endeffekt angewiesen auf die Antworten des Unternehmens.“

Der privatrechtlich organisierte Verein DPR kontrolliert im Staatsauftrag Bilanzen. Die Finanzaufsicht Bafin hatte der auch als Bilanzpolizei bezeichneten Prüfstelle im Februar 2019 den Hinweis auf Ungereimtheiten in der Halbjahresbilanz 2018 von Wirecard gegeben. Daraufhin veranlasste die DPR eine Prüfung. Inzwischen hat die Bundesregierung den Vertrag mit der DPR zu Ende 2021 gekündigt.

EY hat dem Ausschuss bereits im Dezember umfangreiche Unterlagen zum Fall Wirecard übergeben, mit Blick auf die ungeklärte Rechtsfrage allerdings versiegelt. Jetzt sollen die Abgeordneten Zugang zu den Dokumenten bekommen.

Mit Agenturmaterial