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Explodierender Kurs, neue Lockangebote

Der Kurs der Digitalwährung Bitcoin explodiert weiter. Firmen versuchen den Boom der alternativen Zahlungsmittel mit speziellen Finanzierungen zu nutzen. Selbst aus der Szene kommen Warnungen vor sogenannten ICOs.

Am Freitag konnten sich Bitcoin-Besitzer über einen weiteren Kurshöhenflug freuen: Die Kryptowährung schoss gut 12 Prozent nach oben gegenüber dem Vortag und kostetet 2567 Dollar pro Stück – so viel wie noch nie. Binnen einer Woche hat die Cyber-Währung rund 31 Prozent zugelegt.

Doch Bitcoins sind nicht nur als Besitz schön. Zunehmend nutzen Anleger virtuelle Währungen dazu, sich an Unternehmen und Projekten zu beteiligen. Nach einer Aufstellung der Beratung CB Insights haben Firmen etwa für Projekte, die auf Währungen nach dem Blockchain-Prinzip setzen, im ersten Quartal 2017 insgesamt umgerechnet 69 Millionen Dollar durch so genannte ICOs eingesammelt. Etwa 118 Millionen strichen sie durch klassische Wagnisfinanzierung in Dollar ein. Die Summen dürften weiter sprunghaft angsteigen.

Bei ICOs stecken die Anleger ihr Geld in Projekte in neuen elektronischen Währungen, die zurzeit gerade einen Höhenrausch erleben. Zum Beispiel einen Anteil an künftigen Erträgen oder Dienstleistungen oder bei Software-Plattformen das Recht zur Nutzung.

Das Problem aber: Niemand weiß so genau, was ein ICO eigentlich ist. Die Abkürzung steht für Initial Coin Offering und ist parallel zu IPO gebildet, der Abkürzung für Börsengänge (IPO). Da fängt der Krach schon an. „Wie kann man nur auf die Idee kommen, einen Namen zu wählen, der die Finanzaufsicht aufmerksam macht“, sagte Peter van Valkenburg auf dem Kongress Consensus in New York. Er ist Forschungsleiter bei Coincenter, einer nicht kommerziellen Organisation, die sich mit Bitcoins anderen virtuellen Währungen beschäftigt. Seiner Meinung nach handelt es sich bei ICOs nicht um Investitionen, sondern um den Erwerb einer Ware.

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Thomas Linder von der Beratung MME im Schweizer Niedrigsteuer-Kanton Zug macht dagegen darauf aufmerksam, dass ICOs rechtlich gesehen manchmal auch Schenkungen ähneln, weil gar keine festen Gegenleistungen vereinbart sind.

„Das ist doch alles Unsinn“, sagt Preston Byrne von der Blockchain-Plattform Monax. Seiner Meinung sind ICOs ganz klar Investitionen. Er argumentiert mit dem Enten-Test: „Wenn es aussieht wie eine Ente, sich bewegt wie eine Ente und gackert wie eine Ente, dann ist es eine Ente.“ Seiner Meinung ist das Test-Ergebnis bei ICOs, wo Anleger Geld geben und dafür irgendeine Art von Rendite erwarten, und sei es in Form Dienstleistungen, eindeutig: Das „Gegacker“ klingt nach Investition.


„Man landet möglicherweise im Gefängnis“

Van Valkenburg hält es dagegen mehr mit Golfclubs als mit Enten. Mit Blick auf die Rechtsprechung sagt er: „Wer einen Haufen Geld für eine Mitgliedschaft in einem Golfclub erwirbt, der investiert nicht, sondern bekommt eine Art Ware. Wer aber Geld für einen Golfclub gibt, der erst noch seinen Platz bauen muss, der investiert.“ Er rät, das zweite Modell zu vermeiden, um Ärger mit der Wertpapieraufsicht und mögliche Strafen zu vermeiden, wenn der ICO als ungenehmigtes Wertpapierangebot eingestuft wird.

Matthew Tan von der Firma Etherscan zieht die betrübliche Schlussfolgerung: „Wenn man keinen ICO macht, verschenkt man eine Menge Geld. Wenn man einen macht, landet man möglicherweise im Gefängnis.“

Andere Experten raten vor allem Investoren deutlich zur Vorsicht. „Da sind mit Sicherheit eine Menge Betrüger unterwegs, die noch niemand entlarvt hat“, sagt Riccardo Spagni. „Es ist ja so einfach“, fügt er hinzu. „Man muss nur ein ‚White Paper‘ formulieren, in dem eine Menge Müll steht, und schon fließt das Geld der Anleger.“ Er warnt beim Auftritt auf einer Fachkonferenz: „Investieren Sie nicht in ICOs!“ Und fügt unter dem Gelächter des Publikums hinzu: „Investieren Sie nicht in Monero!“ Monero ist eine neue virtuelle Währung, die Spagni selber mit entwickelt hat.

Es gibt freilich immer noch unverbesserliche Optimisten, was virtuelle Währungen angeht. Etwa Olaf Carlson-Wee, der den Fonds Polychain Capital gegründet und dafür Geld unter anderem vom bekannten Investor Andreessen Horowitz bekommen hat. Sein Fonds investiert in alle möglichen Projekte im virtuellen Bereich. Er spricht in dem Zusammenhang vom „zweiten Geschäftsmodell“.

Das erste Geschäftsmodell sind aus seiner Sicht Firmen wie Google und Facebook, die Daten absaugen und für ihre Aktionäre nutzen. Das zweite Geschäftsmodell wären dagegen Gemeinschaften von Investoren, die ähnlich wie bei Bitcoins dezentrale Strukturen aufbauen und davon selber profitieren. Die Firma existiert dann nur als elektronisches Konstrukt mit elektronischen Stimmrechten, als dezentrale autonome Organisation (DAO).

Seinen Fonds betrachtet Carlson-Wee deswegen nur als Übergangslösung. „Am Ende müsste der Fonds eine DAO sein, die mich als Angestellten beschäftigt“, sagt er. „Und feuern kann, wenn die Ergebnisse nicht stimmen“, immerhin eine konsequente Einstellung.