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Experten raten Finanzbranche zu hohen Investitionen in KI

Zu wenig Daten, zu wenig Kompetenz: Banken und Versicherer haben beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz laut Studie großen Nachholbedarf.

Wenn es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) geht, sind viele Finanzinstitute noch immer mit angezogener Handbremse unterwegs. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Unternehmensberatung PwC, die dem Handelsblatt vorliegt.

Demnach beurteilen die Verantwortlichen in Banken und bei Versicherern die Technologie zwar als sehr wichtig. Doch oft fehle es an nutzbaren Daten und Mitarbeitern mit KI-Kompetenz. Zudem seien die Budgets limitiert.

Das Fazit von Studienautor Michael Berns fällt deshalb ernüchternd aus. „Viele Banken und Versicherer experimentieren mit Künstlicher Intelligenz, schaffen es aber häufig nicht, die Testprojekte in ihren regulären Betrieb zu überführen“, sagt der Director AI & FinTech bei PwC.

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Für die Studie hat er noch vor der Coronakrise mehr als 150 Führungskräfte von Banken und Versicherern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt.

Dabei vertraten beeindruckende 97 Prozent der Befragten die Meinung, dass KI in den nächsten fünf Jahren eine eher wichtige oder sehr wichtige Innovation für die Finanzbranche sein wird. Doch zwischen dieser theoretischen Erkenntnis und der praktischen Umsetzung klafft eine große Lücke.

Mit „Künstlicher Intelligenz“ sind heute in der Regel Machine-Learning-Systeme gemeint. Sie können in kurzer Zeit riesige Datenmengen analysieren und Muster erkennen und lernen auf dieser Basis eigenständig dazu. Im Gegensatz zu einer „starken“ KI – die es heute noch nicht gibt – haben sie allerdings kein Bewusstsein und sind auf eng gefasste Aufgabenstellungen spezialisiert.

In der Finanzbranche kann die Technologie unter anderem bei der Betrugsprävention und der Personalisierung von Angeboten unterstützen, wiederkehrende Prozesse automatisieren und den Kundenservice verbessern.

Mit ihren bisherigen KI-Lösungen zielen die Finanzinstitute nach eigenen Aussagen insbesondere darauf, die Effizienz ihrer Geschäftsprozesse zu steigern (79 Prozent), Kosten zu verringern (73 Prozent) oder Compliance-Vorgaben einzuhalten (50 Prozent). Mehr als die Hälfte der Befragten in der PwC-Studie (55 Prozent) nutzt KI für personalisierte Kundenansprache über Chatbots und beim Marketing. Zugleich nennen jeweils etwa zwei Drittel der Befragten als bremsende Faktoren, dass Daten fehlen, sie zu wenig Mitarbeiter mit KI-Kompetenz haben und sie Budgetrestriktionen unterliegen.

Wenn Finanzinstitute in der Coronakrise unter Spardruck geraten, könnte sich die Finanzierungssituation von KI-Projekten weiter verschlechtern. Berater Berns warnt deshalb: „KI wird zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor für Finanzinstitute in Europa. Wenn sie jetzt ihre Investitionen stoppen, geraten sie gegenüber asiatischen und nordamerikanischen Institute noch weiter ins Hintertreffen – ganz zu schweigen von der Dominanz der großen Technologiekonzerne.“

Mehr Nutzen durch die Krise

Dabei sind KI-Systeme gerade jetzt besonders nützlich, meint Nils Beier von der Unternehmensberatung Accenture. „Da viele Filialen geschlossen sind, stellen mehr Kunden ihre Anfragen telefonisch“, sagt Beier. „Wenn im Callcenter ein intelligenter Chatbot integriert ist, kann das die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter reduzieren, und die Kunden bekommen ihre Antworten schneller.“ Einfache Fragen würden vom Bot beantwortet, bei komplexeren werde ein Mitarbeiter eingeschaltet.

Katrin Lumma, Beraterin bei ZEB, beobachtet, dass IT-Projekte wegen der Coronakrise aktuell auf ihren Nutzen überprüft werden. „Bei Projekten im Bereich Künstlicher Intelligenz gehe ich aber davon aus, dass die Nachfrage noch steigt, schließlich lassen sich mit optimierten Prozessen Kosten senken“, sagt sie.

Bisher seien viele Finanzinstitute noch im Status des Ausprobierens. „Meist geht es um die Lösung sehr spezieller Probleme, zum Beispiel die automatische Verarbeitung von Schriftstücken oder individualisierte Kundenkommunikation“, so Lumma. „Das klingt nicht spektakulär, doch mit solchen Ansätzen kann man mit relativ kleinen Budgets einen großen Nutzen stiften.“

Beachtliche Fortschritte beim Einsatz von KI sieht Beier bereits im Bereich der Betrugs- und Geldwäschebekämpfung. „Hierbei weiß jedes Finanzinstitut, dass es ohne intelligente Systeme nicht auskommt“, sagt er. Während der Coronakrise gewinnt dieser Bereich zusätzlich an Bedeutung, da Betrüger zum Beispiel im Bereich des Zahlungsverkehrs zu neuen Maschen greifen. Im Privatkundengeschäft werde KI zudem bereits vielfach zur Ertragsgenerierung eingesetzt. Im Firmenkundenbereich stecke dies dagegen häufig noch in den Kinderschuhen, so Beier. Auch Kathrin Lumma meint: „Mit Kundenanalyse kann der Vertrieb unterstützt werden, zum Beispiel, indem man rechtzeitig erkennt, wenn ein Kunde abzuwandern droht, oder ihm interessengerechte Produkte anbietet.“

Nach Ansicht von Berns wäre es ideal, wenn Finanzinstitute Künstliche Intelligenz in ihre gesamte Wertschöpfungskette integrieren würden. „Dazu gehört, dass Banken und Versicherer die Daten aus unterschiedlichen Geschäftsbereichen auf einer internen Plattform zusammenführen, das ermöglicht umfassende Analysen“, sagt er. Insbesondere bei der gezielten Kundenansprache, aber auch bei der Betrugsprävention könne das nützlich sein. Kaum eine andere Branche verfüge über einen so großen Datenschatz wie Finanzunternehmen. Doch sie müssten ihn erst heben.

Neben den fehlenden Fachleuten gilt auch die Einstellung mancher Mitarbeiter als Problem. „Auf Vorstandsebene ist die Begeisterung für KI oftmals groß, aber manche Mitarbeiter haben Sorge, von einer Maschine ersetzt zu werden“, sagt Berns. „Banken und Versicherer sollten daher schnell und massiv in das allgemeine KI-Verständnis und später auch das technische Know-how ihrer Mitarbeiter investieren.“

Letztlich führe kein Weg am Einsatz von KI vorbei, sind sich die Experten einig. Den Finanzinstituten, die ihren Fortschritt im Bereich KI mehrheitlich als eher schlecht bezeichnen, bleibt also noch einiges zu tun.