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Experte: Zertifikate sind stabiler Bestandteil in der Anlagelandschaft

FRANKFURT (dpa-AFX) - Vor dreizehn Jahren erschütterte die Insolvenz von Lehman Brothers den Zertifikate-Markt. Private Anleger mussten bitter erfahren, dass diese Schuldverschreibungen nicht wie Investmentfonds geschützte Sondervermögen sind, sondern bei Zahlungsunfähigkeit des Emittenten komplett ausfallen können. Die Zertifikate-Branche hat auch wegen des Drucks aus der Politik Lehren aus dem Debakel gezogen. Im Interview mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX blickte Professor Christian Koziol auf die turbulenten Jahre nach der Lehman-Pleite zurück und äußerte sich zu aktuellen Entwicklungen. Koziol ist Inhaber des Lehrstuhls für Finance (Finanzierungslehre) an der Universität Tübingen und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats im Deutschen Derivate Verband (DDV).

Zertifikate sind oftmals komplizierte Anlageprodukte, die Entwicklung zum Beispiel einer Aktie, von Rohstoffen oder auch eines Index abbilden. Anleger investieren also nicht direkt in die Aktie oder den Index. Das Risiko dabei: Die Papiere sind Schuldverschreibungen, so dass bei der Pleite des Emittenten das gesamte eingesetzt Kapital verloren gehen kann.

"Der Ausfall der Lehman-Zertifikate war ein großer Schock und hat den Zertifikatemarkt stark erschüttert und verunsichert", sagt Koziol. Die Insolvenz von Lehman am 15. September 2008 ließ das Zertifikatevolumen von damals 110 Milliarden Euro in Deutschland einbrechen. Die Erholung verlief schleppend und war auch von Rückschlägen geprägt, in den letzten Jahren bekam auch die Zertifikatebranche das Niedrigzinsumfeld zu spüren. Aktuell ist die Branche hierzulande 74 Milliarden Euro schwer.

"Inzwischen haben die Emittenten sowohl durch Eigeninitiative, aber auch durch regulatorische Vorgaben Vertrauen zurück- und dazugewonnen", fuhr Koziol fort. Dass das Marktvolumen jedoch bis heute nicht wieder auf Vor-Lehman-Niveau zurückgekehrt sei, hänge auch mit den Herausforderungen der jeweiligen Zertifikatetypen im gegenwärtigen Niedrigzins-Marktumfeld zusammen. So gehen "die üblichen Vorzüge der Kapitalschutzzertifikaten verloren." Deshalb überrasche es nicht, dass gerade dieses vor nicht allzu langer Zeit noch dominierende Produkt am Zertifikatemarkt besonders unter dem Zinsumfeld gelitten habe.

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Insgesamt aber ist die Zertifikate-Branche Koziol zufolge inzwischen ein stabiler Bestandteil in der Investmentlandschaft: "Während einzelne Produkte wie die Kapitalschutzzertifikate unter dem Niedrigzinsumfeld gelitten haben, gibt es viele andere Produkte wie beispielsweise bonitätsabhängige Schuldverschreibungen oder Aktienanleihen, die klassischen Sparbuchinvestoren nach wie vor einen ordentlichen Zinssatz anbieten." Anders als beim Sparbuch gehen die Anleger hier aber das Risiko von Kapitalverlusten ein.

Derweil haben zuletzt angesichts der niedrigen Zinsen und der Corona-Pandemie, aber auch wegen des jüngsten Booms der Neo-Broker viele junge Menschen den Weg an die Kapitalmärkte gefunden - eine Entwicklung, von der auch die Zertifikate-Branche profitieren könnte. Schließlich können sich onlineaffine Anleger mit entsprechenden Kenntnissen mittlerweile auch ihre eigenen Zertifikate zusammenstellen und dabei Parameter wie Produkt, Basiswert, Laufzeit oder Preis auswählen.

"Der nach Corona eingetretene Aktienboom hat eine Begeisterung für das Thema Börse insbesondere unter jungen Leuten ausgelöst", sagte Koziol. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese neue Gruppe am Kapitalmarkt das vielfältige Angebot an Zertifikaten entdeckt und nutzen wird."

Dabei muss sich die Zertifikate-Branche auch mit der Zeit gehen. So will die Europäische Union nachhaltiges Investieren und Anlegen fördern. Insbesondere geht es dabei um die Einhaltung der Nachhaltigkeitsaspekte Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung, also der sogenannten ESG-Kriterien.

Der Nachhaltigkeitskodex für Zertifikate des DDV bietet laut Koziol eine Klassifikation von nachhaltigen Zertifikaten in allgemeine, die ESG-Kriterien berücksichtigende Produkte und solche Produkte, die mit ihren Investitionen konkrete soziale oder ökologische Wirkungen entfalten wollen. Dabei würden insgesamt nicht nur Anforderungen an das Produkt, sondern auch an den Emittenten gestellt. Mit dieser Einteilung habe die Branche sich gut vorbereitet, um auch auf dem Gebiet des nachhaltigen Investments ein Angebot zu machen. Das zugehörige Marktvolumen stecke zwar noch in den Kinderschuhen, aber es werde spannend sein, diese Entwicklung zu beobachten./la/ajx/mis/zb

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---