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Sheila Bair: „Banken sollten ihre Dividenden und Boni streichen“

Die frühere Chefin des US-Einlagensicherungsfonds FDIC spricht im Interview über die Rolle der Banken in der Coronakrise – und warum kleinere Institute besonders gefährdet sind.

Schon 2006 gehörte Sheila Bair zu den wenigen Warnern vor den Folgen der Deregulierung in der Finanzbranche. Während der Krise war die Aufseherin maßgeblich daran beteiligt, das Finanzsystem zu stabilisieren. In Zeiten von Corona sieht sie die Banken jedoch in der Pflicht, die Realwirtschaft zu stützen – auch wenn sie dafür Risiken eingehen müssen.

Frau Bair, die US-Notenbank Fed hat in den vergangenen Wochen so stark in die Finanzmärkte eingegriffen wie noch nie zuvor, um die Vergabe von Krediten an Unternehmen und Haushalte zu fördern. Die Banken waren dagegen eher zögerlich. Wie bewerten Sie das?
Die Fed ist sofort eingeschritten, um Liquidität bereitzustellen. Das war absolut richtig, davon profitieren am Ende auch die Banken. Aber sie stehen genauso in der Pflicht, Kredite an die Realwirtschaft zu vergeben. Daher sollten sie im Moment alles tun, um ihr Kapital zu erhalten.

Was fordern Sie konkret?
Aktienrückkäufe haben große Institute bereits eingestellt. Doch sie sollten auch ihre Dividenden und ihre Boni streichen, wahrscheinlich bis zum Ende des Jahres. Somit hätten sie mehr Kapital zur Verfügung, das sie wiederum in Form von Krediten ausgeben könnten.

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Das ist eine große Forderung. Die acht größten Banken des Landes zahlen rund neun Milliarden Dollar an Dividenden im Quartal. Die Ausschüttung an die Aktionäre gilt als Signal, dass eine Bank finanziell gut dasteht. Und auf Boni verzichtet niemand gern.
Die Banken sind es der Öffentlichkeit schuldig, die Vergabe von Krediten zur Priorität zu machen. Warum geben wir den Banken denn so viel Unterstützung, wenn wir nicht von ihnen verlangen, in so einer Situation Kredite zu vergeben? Die Institute können auf eine Einlagenversicherung zurückgreifen, bekommen in einer ganzen Reihe von Märkten Rückendeckung von der Fed und Zinsen auf Überschussreserven, die die Banken bei ihr parken. Mir missfällt die Haltung, dass die Fed sich schon um alles kümmert und man daher von Banken keine großen Schritte erwarten sollte. Das ist der falsche Ansatz.

Die Banken argumentieren, dass ihnen im Zuge der strengeren Regulierungen nach der Finanzkrise stärker die Hände gebunden sind. Sie wollen ja auch nicht zu hohe Risiken eingehen, um später nicht selbst in Schwierigkeiten zu geraten.
Das ist Unsinn. Die Liquiditäts- und Kapitalpuffer sind ja gerade dafür da, dass sie in schlechten Zeiten angezapft werden. Doch viele Institute sind hier zu zögerlich. Verstehen Sie mich nicht falsch: Trotz der Programme der Fed wird es bei den Banken zu Kreditausfällen kommen. Umso wichtiger ist es, dass sie ihr Kapital lieber in der Bilanz halten, als es an Aktionäre und Topmanager auszuzahlen.

Die Fed könnte einen Dividendenstopp anordnen.
Mich wundert, dass sich die großen Zentralbanken der Welt nicht längst zusammengeschlossen haben, um das von ihren Banken zu fordern. Keine Bank würde es wagen, sich dem zu widersetzen. Einige Banken würden das vielleicht sogar begrüßen. Wenn große Investoren Druck ausüben, die Dividende aufrechtzuerhalten, könnten sie einfach auf die Anweisung der Notenbank verweisen.

Für Kleinanleger sind Dividenden jedoch wichtig, gerade jetzt.
Es ist eine Frage der Prioritäten. Wir brauchen einen funktionierenden Bankensektor. Und gerade in den USA gehen die Dividenden ohnehin vor allem an die Besserverdiener. Die Leute, die jetzt ihren Job verlieren, die Kellner und die Hotelmitarbeiter, die haben keine Bankaktien oder Aktienfonds.

Gibt es einen Bereich bei den Banken, der Ihnen besonders große Sorgen bereitet? Leveraged Loans vielleicht, also Kredite an ohnehin schon hochverschuldete Unternehmen?
Ich mache mir Sorgen um die gesamte Wirtschaft. Bei Unternehmenskrediten generell, aber auch bei den Konsumentenkrediten wird es Probleme geben. Verbraucherkredite mit Ausnahme von Hypotheken sind bei Geringverdienern überproportional hoch. Wer also seinen Job verliert, der kann seine Kreditkartenschulden und seinen Autokredit nicht mehr bezahlen.

Wird die Coronakrise auch Folgen für die Stresstests der Fed haben, mit denen sie seit der Finanzkrise die Stabilität der Banken testet und mit denen sie ihnen zuletzt immer bescheinigt hat, dass sie bestens kapitalisiert sind?
Das sollte es. Die Arbeitsplatzverluste, die uns bevorstehen, werden Dimensionen annehmen, die niemand antizipiert hat, auch die Stresstests nicht.

In der Finanzkrise musste der Einlagensicherungsfonds, den Sie damals führten, Hunderte kleinere Banken abwickeln. In welchem Zustand sind kleinere Institute heute?
Zu den Hilfen der Fed haben die kleinen Banken keinen Zugang. Doch wir dürfen sie nicht vergessen. Es ist wichtig, dass sie stabil bleiben, weil diese Institute den Großteil der Kredite an kleine und mittelständische Unternehmen vergeben. Sie haben ein größeres Risiko, nach einem wirtschaftlichen Schock abgewickelt zu werden, weil die Kunden dazu neigen, ihr Geld abzuziehen und es bei größeren Banken zu parken. Die Fed hat auch ein Programm angekündigt, das den Mittelstand unterstützen soll. Es gibt da noch nicht viele Details, aber ich hoffe, dass das auch den kleineren Instituten hilft.

Frau Bair, vielen Dank für das Interview.