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Europaweit eine Million Ladepunkte: Autoindustrie fordert massiven Infrastrukturausbau

Die Branche fürchtet, dass die Zahl der Ladepunkte in der EU in Zukunft nicht ausreichen wird. BMW-Chef Oliver Zipse prescht als Präsident der europäischen Autolobby vor.

Der Automanager fordert, dass schnell ehrgeizige Ziele für den Aufbau von Ladepunkten pro Land aufgestellt werden. Foto: dpa
Der Automanager fordert, dass schnell ehrgeizige Ziele für den Aufbau von Ladepunkten pro Land aufgestellt werden. Foto: dpa

Das Ziel ist ambitioniert: Sieben Millionen Elektroautos will BMW-Chef Oliver Zipse bis 2030 verkauft haben. Jeder zweite verkaufte Neuwagen soll Ende des Jahrzehnts mit Strom fahren. Und auch seine Kollegen von Daimler, Volkswagen, Renault und Stellantis (Fiat, PSA und Opel) setzen in den kommenden Jahren voll auf Elektroautos.

Es fehlen allein die Ladesäulen. In der Autoindustrie wächst die Sorge, dass die öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur mit dem Hochlauf der Elektromobilität nicht Schritt hält. BMW-Chef Zipse, in Personalunion Präsident des Europäischen Autoverbands ACEA, fordert nun im Namen der Branche schnell ehrgeizige Ziele für den Aufbau von Ladepunkten pro Land festzulegen.

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Der Umweltdachverband Transport & Environment (T & E) und die Europäische Verbraucherorganisation (BEUC) unterstützen die Forderung, die an diesem Donnerstag per Brief an die EU erhoben wird.

„Um die Klimaziele zu erreichen und eine emissionsfreie Mobilität zu verwirklichen, ist die Elektrifizierung des Straßenverkehrs das Gebot der Stunde“, heißt es in dem Schreiben an die EU-Kommissare für Klima, Verkehr, Industrie und Energie. Konkret fordern die Verbände eine Million öffentliche Ladepunkte in der EU bis 2024 und drei Millionen bis 2029. Notwendig sei der Aufbau von 1000 Wasserstofftankstellen bis 2029.

Damit geht die Branche deutlich weiter als die Pläne der EU-Kommission. Diese hatte jüngst in ihrer „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität“ das Ziel von 500 Wasserstofftankstellen und einer Million öffentlichen Ladestationen bis 2025 beziehungsweise 1000 Wasserstofftankstellen und drei Millionen öffentliche Ladestationen bis 2030 schriftlich fixiert. Die EU hat das Ziel, dass bis 2030 mindestens 30 Millionen emissionsfreie Fahrzeuge auf den Straßen in den 27 Mitgliedsländern fahren.

Kritik von Stromnetzbetreibern

Betreiber der Stromnetze sehen die Forderungen kritisch. „Beim Ausbau einer bedarfsgerechten Ladeinfrastruktur ist es nicht zielführend, nur mit Symbolzahlen zu agieren. Anstatt Ziele aus der Luft zu greifen, brauchen wir konkrete Analysen, die den Bedarf der Ladeinfrastruktur ermitteln“, sagte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU), dem Handelsblatt. Die kommunalen Betreiber der Stromverteilnetze beklagen, der Betrieb von Ladepunkten sei bislang wirtschaftlich unattraktiv.

Für Zipse geht es mit dem Ausbau dagegen zu langsam voran. „Die europäischen Automobilhersteller treiben den Übergang zur E-Mobilität voran und übertreffen sich buchstäblich gegenseitig bei der Markteinführung neuer Elektrofahrzeuge.“ Mittlerweile fährt jedes zehnte in der EU verkaufte Auto mit Elektroantrieb, bis 2025 könnte es jedes dritte sein.

Der Erfolg dieser Anstrengungen sei jedoch durch die schleppende Installation von Ladeinfrastruktur in der EU ernsthaft gefährdet. Ohne verbindliche Ziele seien „auch die aktuellen Reduktionsziele im Kampf gegen den Klimawandel in Gefahr.“

Neben der öffentlichen Infrastruktur, so der ACEA-Chef, müsse ein stärkerer Fokus auf das Laden am Arbeitsplatz und zu Hause gelegt werden. Wichtig sei ein Schnellladenetz, das mit einer Leistung von 150 Kilowatt aufwärts Elektroautos in 15 bis 20 Minuten fast vollständig laden kann. Alle 50 Kilometer müsse eine solche Säule stehen, fordert der Verband.

In Deutschland will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für eine bundesweite Schnellladeinfrastruktur sorgen. Es sollen 1000 Ladepunkte mit mindestens 150 Kilowatt entstehen. Der Gesetzentwurf wurde am Mittwoch vom Kabinett beschlossen. Allerdings gibt es Kritik daran, das Land in zehn bis 15 Regionen aufzuteilen und den Auftrag europaweit auszuschreiben.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bemängelt, dass damit der Wettbewerb beeinträchtigt werde. Auch hätten angesichts der großen Lose kleine und mittlere Unternehmen keine Chance, sich zu beteiligen.

Die Pläne reichten nicht aus, „den Wettbewerb zwischen den Marktteilnehmern sowie den Betrieb der Bestandsladeinfrastruktur und der dahinterliegenden Geschäftsmodelle sicherzustellen“, sagte ein Sprecher des Verbands. Zudem würden „zentrale Aspekte in die Rechtsverordnung ausgelagert, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf“.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) freut sich über das staatliche Zuschussprogramm. „Ein flächendeckendes, schnell erreichbares und kundenorientiertes Schnellladenetz ist der Schlüssel, damit Kunden auch weiter auf die Elektromobilität setzen“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Die Autoindustrie sei schon mit Ionity in Vorleistung getreten. Müller forderte allerdings auch, dass „der freie Wettbewerb um die besten Kundenlösungen“ weiter bestehen bleiben müsse. Die VW-Tochter Audi vertraut auf ein ausreichend frei zugängliches Netz nicht mehr und plant gemeinsam mit Porsche den Aufbau eines eigenen Schnellladenetzes in den europäischen Metropolen.

Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center Automotive Research (CAR), erklärte, der Ausbau solle immer „im Tandem mit dem Bestand der Elektrofahrzeuge sein“. Es stelle sich die Frage, inwieweit das eine staatliche Aufgabe sei. „Wenn wir die richtigen Signale setzen, etwa ein Verbrenner-Verbot ab 2030 wie in England, werden die Energiekonzerne sich um die besten Ladeplätze bemühen, so wie es etwa Shell oder EnBW schon heute tun“, sagte er.

Mehr Marktwirtschaft wäre der Sache nützlich, „und wir vermeiden, dass wild teure Schnelllader dort aufgebaut werden, wo sie dem örtlichen Bürgermeister oder Politiker bei der nächsten Wahl die meisten Stimmen bringen“. Es gebe zahlreiche Beispiele dieser falschen Standorte. „Damit der Aufbau einer nachhaltig genutzten Ladeinfrastruktur gelingt, muss er auch weiterhin bedarfsorientiert erfolgen“, sagte BDEW-Verbandschefin Kerstin Andreae. „Die Kunst wird es sein, den Hochlauf von E-Autos und der notwendigen Ladeinfrastruktur zeitlich und technisch aufeinander abzustimmen.“

Tesla betreibt sein eigenes Netz

In der Kabinettsvorlage begründet Scheuer das Vorgehen der Regierung: „Der Hochlauf der Elektromobilität kann nur mit dem Vorhandensein einer bedarfsgerechten, verbraucherfreundlichen, verlässlichen, flächendeckenden und für jedermann zugänglichen Schnellladeinfrastruktur gelingen.“ Kritik kam von der Opposition. „Was Tesla ohne Subventionen beim Errichten der eigenen Ladesäulen geschafft hat, soll jetzt mit Bundesgeld für VW, Daimler und BMW nachgeholt werden“, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer.
Die Energiewirtschaft hat nach eigenem Bekunden bereits 3600 Schnellladepunkte in Deutschland aufgestellt. Im Verkehrsministerium indes herrscht die Sorge, dass es bald auf Autobahnraststätten zu Auseinandersetzungen zwischen E-Autofahrern kommen könnte.

Angesichts der großzügigen Kaufprämie steige der Absatz so schnell, dass etliche im Sommer versuchen würden, mit den Fahrzeugen in den Urlaub zu fahren. Um Probleme an den wenigen Schnellladesäulen zu vermeiden, soll der Ausbau staatlich beschleunigt werden.

Ende 2020 gab es mehr als 33.100 Ladepunkte hierzulande, die laut Energiewirtschaft für „mindestens 550.000 vollelektrische Fahrzeuge“ ausreichen. Nach Prognosen werden die Autos zu 80 Prozent zu Hause oder am Arbeitsplatz aufgeladen. Ein entsprechendes Förderprogramm für Wall-Boxen hatte eine hohe Nachfrage. Inzwischen wurden bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau fast 200.000 Anträge bearbeitet.

Mehr: Die Ladesäulen-Offensive – Audi will eigenes Schnellladenetz aufbauen