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Europas mühsamer Kampf um den Iran-Deal

US-Außenminister Mike Pompeo hat dem Iran mit den „härtesten Sanktionen der Geschichte“ gedroht. Doch außer den USA und seinen Verbündeten Israel und Saudi-Arabien teilt niemand diese harte Gangart gegen Teheran. Im Gegenteil: Die EU versucht mit aller Kraft, den 2015 von den fünf UN-Vetomächten, der Europäischen Kommission sowie Deutschland mit dem Iran geschlossenen Atomdeal zu erhalten.

Dazu trafen sich am Dienstag in Brüssel die EU-Wirtschafts- und -Handelsminister hinter verschlossenen Türen erstmals mit einer Gruppe von europäischen und iranischen Experten, um konkrete Maßnahmen zu besprechen.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat die US-Drohung, im Iran tätige europäische Unternehmen zu sanktionieren, scharf kritisiert. Die extraterritoriale Wirkung solcher Sanktionen halte er für extrem „problematisch“, sagte der Minister nach dem Treffen in Brüssel. Er bekräftigte, dass die Interessen europäischer Unternehmen im Iran nicht gefährdet werden dürften. Schließlich hätten sich die Firmen darauf verlassen, dass das Abkommen mit Teheran gültig bleibe.

Forderungen der USA sind unerfüllbar

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Die EU spreche mit den USA nun darüber, wie sich die angedrohten Iransanktionen konkret auswirken würden. Hier gebe es Interpretationsspielraum. Zugleich wolle man feststellen, welche Geschäftsbeziehungen im Iran noch problemlos möglich seien. Als drittes Element nannte Altmaier die sogenannte Blockingverordnung. Sie verbietet es europäischen Unternehmen, US-Sanktionen gegen den Iran zu befolgen. Die EU-Kommission hatte diese aus dem Jahr 1996 stammende Vorschrift vor wenigen Tagen per Verwaltungsakt wieder in Kraft gesetzt. Die Bundesregierung habe sich zur Blockingverordnung nach wie vor keine Meinung gebildet, so der CDU-Politiker.

In der EU-Kommission ist man über diese Haltung verärgert. Die Mitgliedstaaten, die mit den USA über Ausnahmeregeln für Irangeschäfte ihrer Unternehmen verhandeln müssten, verschanzten sich aus Angst vor Trump hinter Brüssel, sagte ein Spitzenbeamter.

Ein ranghoher europäischer Diplomat in Teheran fürchtete, dass die EU den Atomdeal nicht gegen den Druck aus Washington am Leben werde erhalten können: Man könne die Forderungen des Irans nicht vollständig erfüllen, und die USA spielten nun die Länder gegeneinander aus. Teheran will künftig sein Öl in Euro statt in Dollar abrechnen. Brüssel fordert die Mitgliedstaaten auf, Ölgelder schnell und in großer Höhe in Euro an Irans Zentralbank zu überweisen.

US-Präsident Donald Trump hatte am 8. Mai erklärt, aus dem von seinem Vorgänger Barack Obama durchgesetzten Atomdeal auszusteigen. Sein Außenministers Mike Pompeo hatte am Montag in einer Rede nachgelegt. Es werde so großen finanziellen Druck wie nie zuvor geben und die „härtesten Sanktionen in der Geschichte“, drohte Pompeo für den Fall, dass Amerikas Forderungen vom Iran nicht erfüllt werden.

Internationaler Widerstand gegen die USA

Dazu zählen ein sofortiges Ende der im Atomdeal vereinbarten geringen Urananreicherung, ein Ende des Raketenprogramms, eine Beendigung der Unterstützung der schiitischen Hisbollah- und Huthi-Milizen im Libanon und Jemen, ein Ende der Drohungen gegen Israel sowie ein Rückzug der iranischen Revolutionsgarden aus Syrien. Für die Führung des Irans sind die Forderungen unerfüllbar.

Gegen die Hardlinerposition aus Washington formiert sich internationaler Widerstand. So soll am Freitag in Wien erstmals ohne US-Teilnahme die sogenannte Joint Commission zusammenkommen. Dies ist das im Atomabkommen festgeschriebene Gremium der Unterzeichnerstaaten, in dem über die Umsetzung des Vertrags und die nötigen Schritte zur Einhaltung diskutiert wird. Dabei wird sichtbar werden, wie eng Russland, China, die EU, Frankreich, Großbritannien und Deutschland zum Erhalt des Atomdeals zusammenstehen.

Der Präsident des Irans, Hassan Ruhani, wies Pompeos Forderungen und Drohungen zurück: „Wer sind Sie, dass Sie allein über das Schicksal der Welt entscheiden wollen?“, fragte Ruhani. Teheran werde keineswegs dem Druck nachgeben und bestehe „wie alle Länder der Welt auf das Recht nach unabhängigen Entscheidungen“. Teheran droht mit der Wiederaufnahme seines Atomprogramms, sollte die EU bis zum 8. August nicht „Garantien“ für weitere intensive Wirtschaftskooperationen geben.

Trotzdem dürften sich am Ende die großen europäischen Firmen dem US-Druck beugen und den Iran verlassen, räumen auch Firmenvertreter und westliche Diplomaten in Teheran offen ein. Auch ein internes Papier des französischen Ölkonzerns Total, das dem Handelsblatt vorliegt, zeigt das Dilemma: Total ist mit geplanten fünf Milliarden Dollar der größte europäische Investor im Iran.

Doch das Pariser Unternehmen habe über 30 Prozent amerikanische Aktionäre, mehr als 90 Prozent der Finanzierung erfolgten über die US-Finanzmärkte. Zudem habe Total Geschäftsbeteiligungen in den USA im Wert von über zehn Milliarden Dollar.

Bislang habe das Unternehmen in South Pars 11 – einem Teilabschnitt des weltgrößten Gasvorkommens – erst 40 Millionen Dollar investiert. Selbst wenn die nun verfielen, sei die Entscheidung der Franzosen für einen Iranabschied klar, hieß es.

Da klingt die Aussage des iranischen Ölministers Bijan Zanganeh wie das Pfeifen im Walde: „Wir werden unsere gesetzten Ziele erreichen – nur langsamer“, sagte er dem Handelsblatt in Teheran.