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Deutsche Kaufhäuser kommen schlechter durch die Krise als die europäische Konkurrenz

Während Karstadt und Kaufhof unter den Schutzschirm flüchten, bleiben die Konkurrenten im Ausland gelassen. Sie haben im Gegensatz zu den Deutschen eine solide Basis.

Frankreichs Warenhäuser sind krisenerprobt. Zuerst zwangen die Gelbwesten die Geschäfte auf ihrer Pariser Protestroute, monatelang jeden Samstag zu schließen. Dann brachte die Metro wegen der Streiks gegen die Rentenreform kaum noch Kunden zu den Kaufhäusern im Zentrum.

Und jetzt kommt auch noch die Coronakrise. Die wichtigen chinesischen Kunden bleiben schon seit Februar weg, inzwischen kommen auch die Amerikaner und Kunden aus Saudi-Arabien nicht mehr. Seit dem 17. März herrscht in Frankreich Ausgangssperre. Alle Geschäfte außer Lebensmittelläden sind dicht.

Das gleiche Bild in Großbritannien, wo die Menschen seit Ende März nicht mehr aus dem Haus gehen sollen. Selbst Harrods ist geschlossen – ein seltenes Ereignis. Das wohl berühmteste Warenhaus Londons war sogar im Zweiten Weltkrieg geöffnet. Nur nach einer Bombenattacke im Dezember 1983 konnten die Kunden nicht shoppen.

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Nun legt der Kampf gegen das Virus den Einzelhandel europaweit lahm. Doch während der deutsche Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof um die Existenz kämpft und unter den Schutzschirm geflüchtet ist, scheint die europäische Konkurrenz glimpflicher durch die Krise zu kommen. Und das, obwohl ihre Geschäfte länger geschlossen bleiben.

Der Grund: Sie standen vor der Krise schon deutlich besser da als Galeria. „Viele Department Stores im Ausland haben ihr Profil schon stärker geschärft“, sagt Felix Krüger von der Boston Consulting Group (BCG). „Sie bieten viel Abwechslung auf den Flächen, haben mehr Premium- oder Luxusprodukte im Angebot und locken mehr junge Kunden in ihre Häuser.“

Dabei sind die Rahmenbedingungen auch für sie nicht einfach. Sie verlieren nicht nur hohe Millionenbeträge an Umsatz durch die Schließungen. Jetzt trifft sie auch noch eine Konsumunlust der Verbraucher, wie eine BCG-Studie zeigt, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt.

Demnach wollen in den kommenden sechs Monaten 30 Prozent der Deutschen ihre Ausgaben für Mode und Luxusgüter einschränken. In Großbritannien sind es 44 Prozent, in Italien gar 45 Prozent.

Das trifft ganz besonders die Warenhäuser, die einen Großteil ihres Geschäfts mit Mode machen. „Der Umsatz wird in diesem sowie im nächsten Jahr deutlich niedriger ausfallen als vor der Krise“, ist BCG-Berater Krüger überzeugt. „Denn wegen Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sinkt die Kaufkraft vieler Kunden“, begründet er das dauerhafte Umsatzminus.

Galeria Karstadt Kaufhof kann dem wenig entgegensetzen, ist bereits mit roten Zahlen in den Lockdown gegangen. Deshalb reichten auch Kapitalspritzen in dreistelliger Millionenhöhe des Eigentümers René Benko nicht aus, um dem Schutzschirmverfahren nach dem Insolvenzrecht zu entgehen.

Briten setzen auf Onlinehandel

Das britische Warenhaus Harrods hingegen machte nach den jüngsten veröffentlichten Zahlen im Geschäftsjahr 2018/2019 einen Gewinn von umgerechnet 197 Millionen Euro. Ein Großteil strich im Zuge einer Dividendenausschüttung der Eigentümer ein, der Staatsfonds des Emirats Katar.

Der hätte wohl auch die Finanzkraft, um Harrods durch eine schwierige Zeit zu bringen. Wie sich die Coronakrise auswirkt, will der Fonds aber nicht kommentieren. Man könne leider nichts dazu sagen, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage.

Der genossenschaftlich organisierte Konkurrent John Lewis sieht die Lage relativ entspannt. Im schlimmsten Fall müsse man zwar einen Umsatzrückgang von 35 Prozent auf das Jahr hinnehmen, erklärte die Firmenchefin Sharon White, die erst seit Februar auf ihrem Posten ist.

Doch zu Beginn des Geschäftsjahrs habe man etwas über 900 Millionen Pfund Barmittel gehabt und Zugang zu weiteren 500 Millionen Pfund Bankkrediten. Sechs Wochen nach Beginn der Krise befände die Kaufhauskette sich „weitgehend auf einem ähnlichen Niveau.“

Hoffnung machen White die Erfolge im E-Commerce. Bei John Lewis seien die Umsätze aus dem Onlinegeschäft im Vergleich zum Vorjahr seit Mitte März 84 Prozent höher, erklärte die Firmenchefin vergangene Woche. Die Kunden kauften vor allem Technik und Küchenzubehör, aber auch Produkte für ihre Kinder.

White will nun die Lehren aus dem veränderten Kaufverhalten ziehen, das man während der Krise beobachtet habe – vor allem aus dem Online-Trend. Dabei kommt John Lewis zugute, dass die Briten schon lange mehr im Internet einkaufen als etwa die Deutschen.

„Unsere Genossenschaft ist seit fast einem Jahrhundert im Geschäft“, sagt White. Sie habe einen Weltkrieg, Wirtschaftskrisen und andere Katastrophen überlebt. Und dank der Mitarbeiter – die bei John Lewis „Partner“ heißen – „werden wir auch Covid-19 überstehen und stärker denn je sein“. Das sehen auch Experten wie Sofie Willmott von dem Beratungsunternehmen Global Data so: John Lewis „ist in einer guten Ausgangslage, um die Krise zu überleben“, meint sie.

Ähnliches gilt wohl auch für die italienische Kette Rinascente. Die thailändische Central Group hatte sie 2011 übernommen und die Zahl der Filialen von 20 auf neun verringert, allesamt an Top-Adressen in großen Städten. Der Flagship-Store, die älteste und mit 22.000 Quadratmetern die größte Filiale, steht etwa in Mailand direkt neben dem Dom.

Zwar sind auch die Rinascente-Häuser seit dem 10. März geschlossen. Doch die Zuversicht ist groß. „Seit dem Tag arbeiten wir am Plan für die Wiedereröffnung“, sagt CEO Pierluigi Cocchini.

In Arbeit sei ein Sicherheitsprotokoll für die 1.500 Angestellten, das neben Schutzausrüstung und Schichtdiensten auch die Bitte an die Angestellten vorsehe, schon in Uniform zur Arbeit zu kommen. So will das Unternehmen Ansammlungen in den Umkleiden vermeiden.

Mit den Vermietern gebe es zudem Gespräche über Nachlässe für die Häuser, „und für die Kunden wird es starke Preisnachlässe geben“, so Cocchini im Gespräch mit einem Branchenblatt.

Die Schaufenster werden statt mit Mode mit Botschaften des Optimismus geschmückt. Jetzt fehlt nur noch das Signal der Regierung. Nach Angaben von Premier Giuseppe Conte sollen die Geschäfte in Italien am 18. Mai wieder öffnen.

Die französischen Kaufhäuser sind hingegen noch mindestens bis zum 11. Mai geschlossen. Dann sollen vermutlich alle Geschäfte gleichzeitig geöffnet werden dürfen. Sicher ist das aber noch nicht.

Franzosen finanziell solide

Dass sie bis dahin durchhalten, ist für die beiden großen französischen Warenhauskonzerne keine Frage. Das 1865 gegründete Printemps gehört seit 2013 dem Fonds Disa aus Katar. Galeries Lafayette, 1893 gegründet, ist im Besitz der französischen Unternehmerfamilie Moulin, Nachkommen des Gründers Théophile Bader.

Beide Eigentümer sind finanziell solide aufgestellt, haben bislang keine Details zu finanziellen Problemen durch die Coronakrise veröffentlicht. Zudem steht der französische Staat Unternehmen mit Hilfen zur Seite: Sie reichen vom Kurzarbeitergeld bis zu garantierten Krediten und Steuererleichterungen.

Dennoch: Die Coronakrise wird die Kaufhäuser vermutlich noch längere Zeit belasten. Denn auch wenn wieder geöffnet wird, werden die Ausländer wohl nicht sofort wieder nach Paris reisen.

Die Bekleidungsgeschäfte befürchten auch, dass ihre Bestellungen aus China durch das Coronavirus nicht mehr zuverlässig geliefert werden. China ist mit 25 Prozent der Importe der wichtigste Lieferant für die französischen Modeunternehmen.

„Dabei geht es weniger um die Kollektion für Frühjahr und Sommer, die schon im Laden ist, sondern für den Herbst“, so Yann Petiot, Generaldirektor des Geschäftsverbandes Alliance du Commerce. Mitte April müssten die Produkte aus Asien losgeschickt werden, damit sie pünktlich ankommen.

Trotzdem hoffen die beiden großen französischen Kaufhausgruppen auf ein Umsatzplus. Printemps hatte schon vor der Krise eine Strategie für die Zukunft entwickelt. Die Gruppe setzt zunehmend auf eine internationale Expansion, für 2021 sind neue Geschäfte in Doha und Mailand angekündigt.

Innerhalb von zehn Jahren sollen fünf bis zehn Filialen im Ausland eröffnet werden. Damit will die Kette ihre Verkäufe bis 2030 verdoppeln. In Frankreich selbst gibt es bisher 19 Geschäfte. Bei Konkurrent Galeries Lafayette sind es in Frankreich mehr als 50 Filialen, im Ausland mehr als zehn.

Beide Gruppen setzen außerdem schon länger auf das Luxussegment, um ihre Marken aufzuwerten. Sie hoffen, dass die globale Strahlkraft ihrer Marken vor allem im Nahen Osten und in China Kunden anzieht.

Das kann die deutsche Konkurrenz so nicht bieten. Für Galeria Karstadt Kaufhof ist es bis zu einem tragfähigen Zukunftskonzept noch ein weiter Weg. Statt sein Profil für die Zukunft zu schärfen, kämpft der deutsche Warenhausprimus erst mal mit den Niederungen der Krise.

Aus Sicht von BCG-Berater Krüger gibt es für Warenhäuser viel zu tun, um langfristig zu überleben. Sie müssen vor allem dringend ihre Kosten senken. BCG-Berater Krüger: „Das reicht von der Ladenmiete, der Schließung von Filialen bis zum Personal in der Verwaltung und im Verkauf.“

Mehr: Karstadt und Kaufhof haben das Recht, mit allen Mitteln ums Überleben zu kämpfen.