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Europas Banken stehen vor einer Konsolidierungswelle – allerdings nicht sofort

Internationale Deals zwischen Großbanken rücken näher, werden aber wohl noch ein paar Monate auf sich warten lassen. Das liegt nicht nur an der Corona-Pandemie.

An Selbstbewusstsein mangelt es dem Chef der Deutschen Bank derzeit nicht: Die Fortschritte bei der Sanierung des größten heimischen Geldhauses würden die Voraussetzung schaffen, bei einer Konsolidierung der europäischen Banken mit am Tisch zu sitzen „und das nicht nur als Juniorpartner“, sagte Christian Sewing gerade in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“.

Es war eines der Lieblingsthemen auf den großen Finanzkongressen der vergangenen Monate: Wann geht es los mit den grenzüberschreitenden Deals in der europäischen Bankenszene? Ist die Coronakrise das letzte Hindernis, bevor sich die stärksten Geldhäuser endlich an Übernahmen in anderen Ländern wagen? Und wer wird den Anfang machen?

Zumindest ein paar Monate wird es wohl noch dauern. Dass etwas passieren wird, darüber sind sich die meisten Experten einig, dazu ist der Handlungsdruck in der Branche zu groß. Aber viele warnen auch vor zu hohen Erwartungen, denn es gibt gewichtige Gründe, die gegen übereilte Megadeals sprechen.

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„Auf Dauer wird an einer grenzüberschreitenden Konsolidierung in Europa kein Weg vorbeiführen“, meint Stefan Wintels, globaler Co-Leiter für das Geschäft mit Finanzunternehmen beim US-Finanzriesen Citi. Die Europäische Zentralbank habe die ultraniedrigen Zinsen bis auf Weiteres festgeschrieben, das erhöhe den Druck auf die Banken noch einmal.

Außerdem registriert Wintels nach wie vor einen Trend zur Größe. Auch weil breit diversifizierte Universalbanken „alles in allem besser durch die Krise gekommen sind als sogenannte Monoliner“.

Das sieht auch Andreas Steck, Senior Partner und Bankenexperte der Großkanzlei Linklaters in Deutschland, so: „Angesichts des Drucks, profitable Geschäftsmodelle zu entwickeln, und der historisch niedrigen Bewertungen muss die Diskussion um grenzüberschreitende Zusammenschlüsse in Europa dringend geführt werden.“

Hinter den Kulissen werden diese Diskussionen bereits geführt. „Informell spricht man immer miteinander, sobald sich die Folgen der Coronakrise besser absehen lassen, könnten die Dinge in Bewegung geraten“, sagt ein Vorstand einer europäischen Großbank. Bei einer US-Investmentbank heißt es: „Wir treffen alle Vorbereitungen, um als Berater von solchen Deals profitieren zu können“.

Auf nationaler Ebene ist die Konsolidierung in diesem Jahr bereits in Gang gekommen. In Italien hat die größte Bank des Landes, Intesa Sanpaolo, den kleineren Konkurrenten UBI übernommen, und in Spanien schließen sich Caixabank und Bankia zum größten Institut auf ihrem Heimatmarkt zusammen.

Größere internationale Deals sind bislang allerdings Mangelware. Die Europäische Zentralbank (EZB) beklagt seit geraumer Zeit die Zersplitterung des Bankenmarkts in der Euro-Zone und sieht grenzüberschreitende Zusammenschlüsse als ein Mittel, die Entwicklung zu einem echten Binnenmarkt zu beschleunigen.

Vor Kurzem hat die EZB noch einmal festgehalten, dass sie großen Zusammenschlüssen nicht im Weg steht, und das mit einer konkreten Zusage verbunden: Banken dürfen bei Übernahmen den sogenannten „Badwill„ nutzen. Ein solcher negativer Firmenwert ergibt sich, wenn Institute mehr Kernkapital in der Bilanz haben, als sie an der Börse wert sind.

Einen Teil der Differenz zwischen dem Kaufpreis, der sich meist am Börsenwert orientiert, und dem Eigenkapital können Käufer bei Übernahmen als bilanziellen Einmalgewinn verbuchen. Dabei geht es teilweise um riesige Summen. So verfügte beispielsweise die Commerzbank zuletzt über fast 25 Milliarden Euro an hartem Kernkapital – ist an der Börse aktuell aber nur 6,6 Milliarden Euro wert.

Wenn es um grenzüberschreitende Deals geht, fällt der Name Commerzbank ohnehin besonders häufig. Viele Experten fürchten, dass es für das Frankfurter Geldhaus schwierig wird, ein Geschäftsmodell zu entwickeln, das auf Dauer die Eigenständigkeit sichert.

Als mögliche Käufer gelten nach den vielen Spekulationen der vergangenen Jahre fast schon traditionell die niederländische Großbank ING und die italienische Unicredit, aber auch die spanische Großbank Santander wird in Finanzkreisen genannt. Wobei Santander-Chefin Ana Botín größeren Übernahmen von Banken eigentlich eine Absage erteilt hat – wenn, dann wollen sich die Spanier im Technologiebereich verstärken.

Zu dieser Linie passt, dass Santander sich gerade den Zuschlag für das europäische Kerngeschäft aus der Insolvenzmasse des deutschen Skandalkonzerns Wirecard gesichert hat.

Deutsche Bank hat sich mehr Spielraum geschaffen

Die Deutsche Bank hat sich nach den Sanierungserfolgen der vergangenen Jahre nach Meinung vieler Experten tatsächlich wieder etwas mehr Spielraum verschafft. So hat Asoka Wöhrmann, Chef der Fondstochter DWS, bereits klargemacht, dass er auch durch Übernahmen wachsen will.

Als eine der stärksten europäischen Banken und damit als potenziellen Treiber der Konsolidierung sehen viele Banker und Berater die Schweizer UBS. Im Herbst machten Spekulationen über eine Fusion mit dem Lokalrivalen Credit Suisse die Runde. Verwaltungsratspräsident Axel Weber hat kürzlich aber erklärt, dass er auf absehbare Zeit diesen Deal nicht sehe.

Allerdings hat die UBS-Führung laut Finanzkreisen auch Zusammenschlüsse mit anderen potenziellen Partnern durchgespielt, darunter mit der Deutschen Bank, der französischen BNP und der britischen Barclays.

Banken sind zunächst mit Folgen der Pandemie beschäftigt

An einen raschen Aufbruch in Richtung Konsolidierung im kommenden Jahr glaubt Citi-Banker Wintels nicht. Das werde „nicht so schnell gehen, wie einige glauben“. Kurzfristig seien viele Banken noch mit den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie beschäftigt, dazu zählen die Sicherheit der Mitarbeiter, die Versorgung der Kunden mit Bankleistungen und das Risikomanagement.

Deshalb wäre es „überraschend, wenn es in den nächsten zwölf Monaten in Europa zu großen grenzüberschreitenden Deals kommen würde“.

Das sieht Kai Tschöke, Co-Chef Investmentbanking in Deutschland beim Bankhaus Rothschild, ähnlich: „Die Bankenkonsolidierung mit deutscher Beteiligung wird sicher noch auf sich warten lassen. Bei den deutschen Spielern müssen die neuen Strategien und Managementteams erst einmal greifen, bevor der Blick wieder nach außen gehen kann.

Linklaters-Experte Steck rechnet mit den ersten ernsthafteren Gesprächen für das Frühjahr, wenn sich das Ende der Corona-Pandemie absehen lasse. Ergebnisse erwartet er aber frühestens Ende des Jahres.

Wechsel in Chefetagen zögern Konsolidierung hinaus

Ein weiteres Hindernis sind die vielen Wechsel in den Chefetagen großer europäischer Banken. „Die neuen Vorstandschefs müssen erst einmal ankommen, bevor sie über große transformatorische Zusammenschlüsse ernsthaft nachdenken können“, meint Wintels.

In den vergangenen Monaten haben die Commerzbank, Credit Suisse, UBS, ING und ABN Amro ihre Chefs ausgetauscht. Die italienische Unicredit sucht nach dem unfreiwilligen Abgang von Jean Pierre Mustier derzeit einen neuen Vorstandschef.

Erschwert werden internationale Fusionen nach Meinung von Steck auch durch die politische Unsicherheit. „Die Renationalisierung, die wir in den vergangenen Jahren gesehen haben, macht grenzüberschreitende Zusammenschlüsse nicht leichter“, meint der Jurist.

Dazu kommen die altbekannten Schwächen des europäischen Finanzmarktes, der trotz Bankenunion noch immer wie ein Flickenteppich aussieht, wenn es um die rechtlichen, steuerlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen geht. Widerstand könnte aber auch von den Aktionären kommen, die „keine Verwässerung der Dividendenfähigkeit einer Bank durch die Übernahme eines deutlich niedriger bewerteten Konkurrenten“ wollen, warnt Wintels.