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Warum Europas Banken nicht aus der Krise kommen

Das Geschäft der europäischen Geldhäuser bleibt schwach. Besonders düster sieht es für die deutschen Banken aus. Eine Leidensgeschichte in fünf Grafiken.

Besonders bei deutschen Geldhäusern ist die Not groß. Foto: dpa
Besonders bei deutschen Geldhäusern ist die Not groß. Foto: dpa

2019 war für die meisten europäischen Banken ein hartes Jahr. Die Konjunktur kühlte sich ab, die Kreditrisiken nahmen daher zu, ebenso wie die geopolitischen Gefahren.

Doch besonders hart traf die Geldhäuser die Kehrtwende der Europäischen Zentralbank: Statt ihre Geldpolitik zu normalisieren, hat die EZB das negative Zinsniveau auf absehbare Zeit zementiert.

Und als wäre das alles noch nicht unerfreulich genug, machen auch noch Digitalbanken, junge agile Technologiefirmen und immer stärker auch Internetriesen wie Google oder Facebook den etablierten Banken Konkurrenz.

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All diese Probleme führen zu einer „Orientierungslosigkeit oder gar Lähmung“ der europäischen Banken. So sehen es zumindest die Berater von Bearing Point, die für ihre neue Studie 124 Geldhäuser untersucht haben, die für 70 Prozent der Bilanzsumme aller Banken in der EU stehen. Ihrer Analyse haben die Berater den wenig optimistischen Titel „Lost in Transformation“ gegeben.

Die von Bearing Point zusammengetragenen Daten zeichnen ein ziemlich düsteres Bild. „Besonders prekär“ ist die Lage für die deutschen Banken, warnen die Berater. Ihre Prognose für die Zukunft fällt entsprechend ernüchternd aus. Fünf Grafiken, die die Leidensgeschichte von Europas Geldhäusern zusammenfassen.

1) Schwaches Wachstum

Die Ausgangslage sieht für die Geldhäuser eigentlich gar nicht so schlecht aus. Seit 2013 wuchs die Wirtschaftskraft in Europa um 17 Prozent. Doch den Boom in der Realwirtschaft konnten die Banken nicht in eigenes Wachstum ummünzen. Europaweit wuchs die Bilanzsumme der Institute im Schnitt nur um magere 0,8 Prozent, in Deutschland schrumpfte sie sogar um 7,5 Prozent.

Das geringe Wachstum des Bankenmarkts, gemessen an der Bilanzsumme, führt Bearing Point vor allem auf den Rückzug deutscher und britischer Banken aus dem Handels- und Wertpapiergeschäft zurück. So hat sich beispielsweise die Deutsche Bank aus ganzen Produktgruppen im Investmentbanking zurückgezogen.

2) In der Niedrigzinsfalle

Ein wichtiger Grund für die Misere der europäischen Banken ist die Geldpolitik der EZB. Eigentlich hofften die Geldhäuser Anfang dieses Jahres auf eine Normalisierung der ultralockeren Geldpolitik. Stattdessen hat die fragile Konjunktur in der Euro-Zone die Notenbank dazu gebracht, ihre Zinsen weiter zu senken.

Mittlerweile fordert die EZB von den Banken einen Strafzins von minus 0,5 Prozent, wenn sie Geld bei ihr parken. Die Folge: stagnierende Zinsmargen auf niedrigem Niveau im EU-Schnitt und in Deutschland. Für die heimischen Banken ist das eine besondere Belastung, weil sie überdurchschnittlich vom Zinsergebnis abhängig sind. 2018 machte der Zinsüberschuss laut Bundesbank 72 Prozent der gesamten operativen Erträge aus.

3) Zu wenig Provisionen

Um dem Druck auf die Zinsmarge zu begegnen, versuchen viele Banken, ihre Provisionseinnahmen zu verbessern, beispielsweise durch höhere Kontogebühren, oder in dem sie ihre Kunden zu mehr Wertpapiergeschäften ermuntern. Bearing Point hat errechnet, dass die Provisionsüberschüsse der Geldhäuser seit 2013 um immerhin 3,7 Prozent gestiegen sind.

Auch bei der Provisionsmarge machen die Berater Fortschritte aus. Allerdings könnten dabei nur kleine und mittlere Institute echte Erfolge vorweisen. Im Schnitt stagnieren die Provisionsmargen dagegen europaweit und in Deutschland.

4) Zu hohe Kosten

Verschärft wird die Ertragsschwäche durch die hartnäckig hohen Kosten. Im Schnitt müssen Europas Banken knapp 59 Cent ausgeben, um einen Euro einzunehmen. Ein Wert, der auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aussieht. Allerdings gibt es enorme Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen, Ländern und Banken.

Am effizientesten arbeiten die Institute in Skandinavien mit einem Verhältnis von Kosten zu Einnahmen von knapp 46 Prozent. In Deutschland dagegen liegt diese Kennzahl bei 74,6 Prozent, deutlich schlechter als noch vor fünf Jahren. Die Deutsche Bank musste in den ersten neun Monaten sogar 90 Cent ausgeben, um einen Euro einzunehmen, bei der Commerzbank waren es 80 Cent.

5) Schrumpfende Gewinne

Nicht nur in Sachen Effizienz liegen die Deutschen Banken in Europa eher am Tabellenende. Beim operativen Gewinn sieht die Lage ähnlich aus. Zwischen 2013 und 2018 brachen die Ergebnisse der heimischen Geldhäuser der Bearing-Point-Untersuchung zufolge um 28 Prozent ein, während die Banken auf der Iberischen Halbinsel und in Österreich und der Schweiz ihren operativen Gewinn deutlich steigern konnten.

Für die schrumpfenden Profite in Deutschland machen die Berater unter anderem den Abbau des Handels- und Wertpapiergeschäfts verantwortlich, anders als viele europäische Konkurrenten konnten die heimischen Banken die fallenden Erträge nicht durch Sparmaßnahmen kompensieren. Dazu kommt der zersplitterte Bankenmarkt, in dem sich noch immer rund 1800 Geldhäuser Konkurrenz machen.

Die Folge: Druck auf die Margen. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Strategy & verdienen die deutschen Banken im Privatkundengeschäft im Schnitt 159 Euro je Kunde, in der Schweiz liegt der Vergleichswert bei stolzen 450 Euro, in den Niederlanden und Italien sind es noch um die 300 Euro.

Zwei pessimistische Szenarien

Wie pessimistisch Bearing Point für die Branche gestimmt ist, zeigen die beiden Szenarien, die die Berater durchgerechnet haben, um die weitere Entwicklung des europäischen Bankensektors zu simulieren. Das erste läuft unter der These: „Weitere Stagnation“. In diesem Szenario gehen die Berater von anhaltenden Niedrigzinsen, schärferem Wettbewerb durch Konkurrenten aus der Technologieszene und einer Konjunkturabkühlung aus, die die Risikovorsorge im Kreditgeschäft im Vergleich zu 2018 um 40 Prozent in die Höhe treibt.

Der steigende Kapitalbedarf verschlingt einen großen Teil der Überschüsse, und ohne den Verkauf einzelner Sparten können die Institute diesen Bedarf nicht decken. Das ist das optimistischere der beiden Szenarien.

Das pessimistischere haben die Berater mit „Tiefer Fall“ überschrieben. Grundannahme ist eine Wirtschaftskrise mit erheblichen Zahlungsausfällen und einem Einbruch der Kreditnachfrage. Die Risikovorsorge steigt um 60 Prozent, und die Banken können den zusätzlichen Kapitalbedarf nicht aus eigener Kraft decken. Der Bankenrettungsfonds muss eingreifen.

Die größte Wahrscheinlichkeit hat nach Meinung der Berater eine Mischung beider Szenarien. Bleiben die Banken „weiterhin gelähmt“, wird sich die Eigenkapitalrendite der europäischen Institute in einer Spanne zwischen 4,2 Prozent und 6,4 Prozent bewegen und damit die „Erwartungen der Aktionäre bei Weitem nicht erfüllen“, warnen die Berater.

Bei den „besonders angeschlagenen deutschen Banken“ werde die durchschnittliche Rendite sogar null Prozent unterschreiten. Bearing Points Fazit: „Die Folgen wären enorm. Gefangen in einer Abwärtsspirale werden die Banken den Kapitalbedarf nicht am freien Markt decken können“ und den „längst überfälligen Turnaround nicht finanzieren können“.