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EU-Ratspräsidentschaft: Portugal stellt Geopolitik in den Vordergrund

Lissabon übernimmt im Januar den Vorsitz des EU-Rats. Regierungschef António Costa will vor allem die Beziehungen zu Indien und Afrika stärken.

Derzeit laufen Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen Brüssel und Neu-Delhi. Foto: dpa
Derzeit laufen Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen Brüssel und Neu-Delhi. Foto: dpa

Langweilig wird es für Portugal nicht werden, wenn das Land im Januar die halbjährlich rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Sein Vorgänger Deutschland vererbt ihm eine Reihe unerledigter und schwieriger Themen – vom Migrationspakt bis zu den EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Westbalkan. Seit Monaten stehen Lissabon und Berlin deshalb in engem Kontakt.

Den EU-Ratsvorsitz zu führen bedeutet, einen enormen Einfluss in Brüssel zu haben: Das jeweilige Land organisiert und leitet alle Sitzungen des Rats der EU, in dem die Minister der Mitgliedstaaten über Gesetzesvorschläge und Positionen abstimmen, und sorgt für Kompromisse.

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Jede Präsidentschaft legt zudem eigene Schwerpunkte fest, die sie auf der politischen Agenda nach oben setzt. Bei Portugal ist das Geopolitik – Lissabon will vor allem die Wirtschaftsbeziehungen mit Asien und Afrika ausbauen. Auch die Sozialpolitik soll eine wichtige Rolle spielen.

„Die geopolitische Tagesordnung ist das Kernstück der portugiesischen Ratspräsidentschaft“, sagt der portugiesische Europaabgeordnete Paulo Rangel. „Es ist sehr wichtig, die Beziehungen zu Indien auszubauen.“ Damit die EU zur globalen Macht werden könne, brauche es neue Allianzen, fordert der Politiker von der konservativen Partido Social Democrata. Portugal hat zum indischen Subkontinent ein besonderes Verhältnis: In Goa an der indischen Westküste schuf das Land einst die erste europäische Kolonie.

Nicola Beer (FDP), Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, äußerte sich im Gespräch mit dem Handelsblatt positiv über die geopolitischen Ambitionen der Portugiesen. In den vergangenen sechs Monaten der deutschen Ratspräsidentschaft sei es leider versäumt worden, den selbst formulierten geopolitischen Anspruch genau zu definieren. Besonders mit Wertepartnern wie Indien müssten die Beziehungen gestärkt werden, um ein Gegengewicht zu China aufzubauen.

Indien ist die weltweit größte Demokratie. Derzeit laufen bereits Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen Brüssel und Neu-Delhi. Für Mai ist ein hochrangiges Treffen zwischen der EU und Indien geplant.

Auch Afrika, wo Peking seinen Einfluss mit großzügigen Krediten ausbaut, soll nicht weiter dem chinesischen Einfluss überlassen werden. Viele afrikanische Staaten bezahlen ihre Schulden in Form von Rohstoffen wie Kupfer. „Die Abhängigkeiten steigen“, warnt Beer. Ein offizielles Programm haben die Portugiesen bislang noch nicht vorgestellt, das soll erst kurz vor Beginn der Stabübernahme aus Deutschland geschehen.

Klar ist aber, dass die Sozialpolitik einen zweiten Schwerpunkt darstellt. Ziel Lissabons ist, die Widerstandsfähigkeit Europas und das Vertrauen in das europäische Sozialmodell zu stärken. Dafür schlägt Lissabon einen Sozialgipfel vor.

Die Erwartungen an die portugiesische Ratspräsidentschaft sind in Brüssel hoch. Allerdings trifft die europäische Großverantwortung Portugal zu einem heiklen Zeitpunkt: Im eigenen Land steht die sozialistische Minderheitsregierung von Premier António Costa erheblich unter Druck. Seine Partner verweigern ihm zunehmend die Gefolgschaft.

Als Costa 2015 die Wahlen gewann, sorgte er international für Aufsehen: Er beendete die Sparmaßnahmen seiner konservativen Vorgänger früher als geplant, kombinierte die geringere Austerität aber mit einer strikten Haushaltsdisziplin. So startete Lissabon mit einem ausgeglichenen Budget in die Pandemie, die Arbeitslosigkeit halbierte sich in Costas erster Amtszeit. Sein damaliger Finanzminister Mario Centeno wurde 2018 Chef der Euro-Gruppe – das war auch eine Anerkennung für die Leistungen Portugals.

Im Juli übernimmt Slowenien

Costa wurde 2019 wiedergewählt, doch mitten in der Pandemie will einer seiner bisherigen Partner, der populistische linke Block, keine weitere Budgetdisziplin mehr mittragen. Die Abstimmung über den neuen Haushalt gewann Costa nur denkbar knapp.

Eine politische Krise kann sich das Land ausgerechnet jetzt aber nicht leisten. „Ich glaube nicht, dass es während der EU-Präsidentschaft eine Regierungskrise geben wird. Das wäre politischer Selbstmord“, sagt Isabel David, Politologin an der Universität Lissabon.

Womöglich helfen Erfolge auf europäischer Ebene auch daheim. Der selbst gesteckte Anspruch ist jedenfalls groß. „Portugal will eine Präsidentschaft führen, die positiv agiert, die flexibel und fähig ist, Brücken zu bauen und konkrete Ergebnisse bei der wirtschaftlichen Erholung zu erzielen und uns aus der Krise zu führen“, teilt die künftige Ratspräsidentschaft in Brüssel mit. Portugals Vorsitz endet am 30. Juni. Dann übernimmt das kleine Balkanland Slowenien.