EU-Kommission macht Offshore-Windkraft zum 800-Milliarden-Euro-Projekt
Die EU-Kommission steckt sich ehrgeizige Ziele für den Ausbau der Windkraft auf hoher See. Die installierte Leistung soll bis 2050 um den Faktor 25 steigen.
Die EU-Kommission setzt sich für einen forcierten Ausbau der Windkraftnutzung auf hoher See ein. Bis 2050 sollen in Nord- und Ostsee, im Atlantik und im Mittelmeer Windkraftanlagen mit einer Leistung von 300 Gigawatt (GW) installiert werden.
Das geht aus dem Entwurf des Offshore-Konzepts der EU-Kommission hervor, der dem Handelsblatt vorliegt. Die Brüsseler Behörde will das Konzept am 18. November vorstellen.
Bei einer Umsetzung der Pläne würde die installierte Leistung um den Faktor 25 gesteigert. Derzeit sind nach Angaben der Kommission in der EU zwölf Gigawatt Offshore-Windkraft installiert. „Der Investitionsbedarf wird auf bis zu 789 Milliarden Euro geschätzt“, heißt es in dem Papier.
Die installierte Leistung von 300 GW entspräche der installierten Leistung von 300 Atommeilern oder 300 großen Kohlekraftwerksblöcken. Die Offshore-Windkraft würde sich damit zu einer tragenden Säule der Stromerzeugung in Europa entwickeln.
Marktkräfte und technologischer Fortschritt würden in den kommenden Jahren das Wachstum der Offshore-Windkraft vorantreiben, heißt es in dem Papier. Das prognostizierte Installationstempo würde ohne weiteres Zutun im Jahr 2050 aber nur zu etwa 90 GW installierter Leistung führen.
Schwerpunkt bei der länderübergreifenden Kooperation
Um den Ausbau zu beschleunigen, „sollten die EU und die Mitgliedstaaten einen langfristigen Rahmen für Unternehmen und Investoren schaffen, die die harmonische Koexistenz von Offshore-Anlagen mit anderen Nutzungen des Meeresraums ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt und die biologische Vielfalt fördern, die Entwicklung neuer Netzinfrastrukturen erleichtern und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verbessern“, heißt es in dem Papier.
Außerdem gehe es darum, die Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der gesamten Lieferkette der Offshore-Windkraft-Branche in der EU zu fördern und Exportpotenzial der Branche auf den globalen Märkten voll auszuschöpfen.
Einen Schwerpunkt setzt die EU-Kommission bei der länderübergreifenden Kooperation. „Die Planung für Offshore-Windparks ist eng mit der Frage des Netzausbaus auf See und an Land verbunden. Die meisten der bestehenden Offshore-Windparks wurden als nationale Projekte realisiert und sind direkt mit der Küste verbunden“, heißt es in dem Papier. Künftig müsse verstärkt daran gearbeitet werden, Windparks über Ländergrenzen hinweg miteinander zu verbinden.
Positive Reaktionen aus der Branche
Die Branche begrüßt die Pläne der EU-Kommission. Der Entwurf der Brüsseler Behörde adressiere die richtigen Handlungsfelder, sagte Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbands der Windparkbetreiber Offshore (BWO), dem Handelsblatt. „Wir stehen vor einer Mammutaufgabe. Allein die Annahmen für die benötigten Investitionen in einer Größenordnung von fast 800 Milliarden Euro sind bereits beeindruckend“, sagte Thimm.
Besonders positiv sieht Thimm, dass die Kommission einer Vernetzung der Windparks über Ländergrenzen hinweg hohen Wert beimisst. „Das verringert die enormen Netzausbaukosten und entschärft ein Stück weit die bereits heute starken Flächennutzungskonflikte“, sagte Thimm.
Um solche Projekte zu finanzieren, stehen laut Kommission rund 80 Milliarden Euro aus dem Programm „Power Up“ des Green Deal bereit.