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Wie die EU-Kommission die Konjunktur anheizen und dabei am Green Deal festhalten will

Das Aufpäppeln der Wirtschaft soll in wichtigen Punkten auch durch klimafreundlichen Umbau erfolgen. Eine Option: Kaufprämien für saubere Autos.

Der Abgesang auf den Green Deal war bereits laut. Der Tenor: Durch die Coronakrise liegt die Wirtschaft am Boden, der Fokus muss darauf liegen, sie wieder aufzurichten – und nicht klimaneutral umzubauen, wie es das EU-Klimapaket vorsieht.

Doch die EU-Kommission denkt gar nicht daran, den Green Deal aufzugeben. Dies geht nicht nur aus den am Mittwoch vorgestellten Strategien zur Artenvielfalt und zur nachhaltigen Ernährung hervor, sondern auch aus einem Arbeitspapier zur Konjunktur. Dieses Papier liegt dem Handelsblatt vor. Bereich für Bereich listet die Brüsseler Behörde darin auf, wo sie Investition vorsieht, um die Konjunktur nach der Coronakrise wieder anzuheizen.

Alle Sektoren und angedachten Investitionen decken sich mit denen, die die Kommission ohnehin schon im Rahmen des Green Deals anvisiert hatte. Den Fahrplan für das klimaneutrale Europa bis 2050 hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im vergangenen Dezember vorgestellt.

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So sieht das Team rund um von der Leyen und den für den Green Deal zuständigen EU-Vizekommissar Frans Timmermans Investitionen in zahlreichen Branchen vor, in jede von ihnen sollen Gelder im zwei- bis dreistelligen Milliardenbereich fließen.

Demnach ein großer Bestandteil einer wiedererstarkten Ökonomie: Wasserstoff. Die grüne Version davon, die mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, gilt als Wundermittel für eine dekarbonisierte Wirtschaft. Grüner Wasserstoff könnte Gas ersetzen, das Speicherproblem von grünem Strom lösen, in klimafreundliche Treibstoffe umgewandelt werden, Transportmittel antreiben und energieintensive Branchen, wie die Stahlindustrie, emissionsfreie Produktion ermöglichen. Zu Beginn des Jahres hatte Timmermans bereits im Handelsblatt-Interview gesagt: „Europa kann mit einer wasserstoffbasierten Wirtschaft weltweit führend werden.“

Milliarden für Wasserstoff

Diesen Ansatz hält die Kommission auch nach wie vor für richtig: „Ohne ein nachhaltiges Wachstum des Marktes für erneuerbare Energien gibt es in Europa keine Zukunft für sauberen Wasserstoff, wobei eine nachhaltige Wasserstofftechnologie eine entscheidende Rolle bei der Dekarbonisierung der Wirtschaft spielt“, steht im Papier. Und weiter: „Unterstützungsmaßnahmen vermeiden den Verlust von Arbeitsplätzen und bieten ein gutes Potenzial für die Schaffung von ihnen.“

Demnach will die Kommission stärker in die Forschung investieren, um die Kosten des Wasserstoffs zu reduzieren und so die Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten. Außerdem soll die Zahl der Wasserstoff-Partnerschaften verdoppelt werden. Insgesamt will die EU-Kommission bis zu 55,3 Milliarden Euro in den Ausbau erneuerbarer Energien stecken, wovon die Wasserstoff-Investitionen den Großteil ausmachen.

„Ein erster guter Schritt nach vorne scheint getan zu sein“, bewertet der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss das Arbeitspapier der Kommission, wendet allerdings ein, dass es mit einem starken Fokus auf Wasserstoff allein nicht getan sei, sondern weiterhin auch der Ausbau von erneuerbaren Energien stark gefördert werden müsse. „Denn nur aus erneuerbaren Energien können wir grünen Wasserstoff erzeugen. Alles andere ist fossiles Greenwashing, das uns in eine Sackgasse führt“, sagte er dem Handelsblatt.

Derzeit ist der Großteil des weltweit hergestellten Wasserstoffes blau - beziehungsweise vor allem grau.

Grauer Wasserstoff entsteht durch das Verwenden von fossilen Brennstoffen, sodass bei dessen Herstellung CO2 entsteht, in die Atmosphäre gelangt und so den globalen Treibhauseffekt weiter verstärkt. Bei der Produktion von blauem Wasserstoff wird hingegen das entstehende CO2 abgespalten und in der Erde gespeichert, es gelangt also nicht in die Atmosphäre.

Doch die gezielte Speicherung von CO2 in Böden ist hoch umstritten: Einerseits, weil kaum etwas über die daraus resultierenden Langzeitfolgen bekannt ist, und andererseits, weil dies in der Masse CO2-Endlagerstätten erfordern würde, von denen wiederum eine Gefahr für Mensch und Umwelt ausgehen würde.

Förderung von Gebäudesanierungen und klimafreundlicher Mobilität

Ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des Wiederaufbaus: Das flächendeckende energetische Sanieren von Gebäuden. Denn durch Heizen von Wohn- und Geschäftsflächen entstehen 36 Prozent der EU-Treibhausgase. Bislang ist allerdings nur etwa ein Prozent des Gebäudebestandes in den EU-Ländern dahingehend saniert. Die Kommission bezeichnet ihre geplante „Renovierungswelle“ laut Papier gar als das Schlüsselelement des wirtschaftlichen Aufschwungs. 350 Milliarden Euro pro Jahr sind hierfür vorgesehen.

Daneben will die Kommission klimafreundliche Mobilität finanziell fördern. Laut Entwurf wird die Behörde dafür EU-weit den Kauf „sauberer“ Autos fördern, die entsprechende Fazilität soll mit 20 Milliarden Euro für zwei Jahre ausgestattet werden. Das Papier lässt dabei offen, bis zu welcher Schwelle beim CO2-Ausstoß Fahrzeuge als förderwürdig gelten sollen.

Zusätzlich will die Kommission Investitionen von 40 bis 60 Milliarden Euro mobilisieren, um die Entwicklung von emissionsfreien Antrieben zu fördern. Die Mittel für den Ausbau der Ladeinfrastruktur für Autos mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb sollen verdoppelt werden, um bis 2025 zwei Millionen öffentliche Ladestellen in der EU zu haben. Zudem solle der Kauf emissionsfreier Autos von der Mehrwertsteuer befreit werden, schreibt die Behörde.

Für den Ausbau der Bahnnetze sollen laut Entwurf weitere 40 Milliarden Euro bereitgestellt werden. In den Städten will die Kommission den Fahrradverkehr fördern, dafür sollen über die Strukturfonds gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten 20 Milliarden Euro aufgebracht werden. Viele Städte nutzten die Coronakrise, um neue Radwege einzurichten und die Verknüpfung mit anderen Transportarten zu verbessern, heißt es in dem Papier. Diese Formen der urbanen Mobilität verdienten einen „neuen Impuls“.

Ebenfalls nennt die Kommission den Ausbau der Kreislaufwirtschaft, eine umweltfreundliche Lebensmittelversorgung, Aufforstungen und die Förderung von Biogas als Maßnahmen, um die Konjunktur anzutreiben und zugleich gegen den Klimawandel vorzugehen.