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EU-Deal statt „Brexit-Wahnsinn“: Regionalregierungen machen Druck auf Johnson

Alle drei Regionalregierungen und Londons Bürgermeister fordern, bei der EU um mehr Zeit zu bitten. Dies hätte aus Sicht der britischen Regierung aber einen Haken.

Der Brexit sorgt im Vereinigten Königreich wieder einmal für Ärger. Am Dienstag sprach sich das Regionalparlament in Nordirland für einen Aufschub des EU-Austritts aus. Es wäre „Wahnsinn“, wenn man die EU Ende des Jahres ohne Handelsvereinbarung verlassen würde, hatte der Abgeordnete Matthew O´Toole von der sozialdemokratischen SDLP seinen Antrag begründet – der wider Erwarten von einer deutlichen Mehrheit der nordirischen Parlamentarier angenommen wurde.

Damit steigt der Druck auf die Zentralregierung um Premierminister Boris Johnson. Denn alle drei Regionalregierungen sowie der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan haben ihn mittlerweile aufgefordert, bei der EU um Aufschub zu bitten. Der Londoner Regierungschef kann diese Wünsche ignorieren und weiter darauf beharren, keine Verlängerung zu wollen – aber damit riskiert er, dass in Teilen des Landes der Unmut über die Zentralregierung steigt.

Vor allem in Schottland gärt es seit langem, aber im Zuge der Brexit-Debatte bekommen die Anhänger einer schottischen Unabhängigkeitsbewegung immer mehr Zulauf. Viele Schotten sind wütend, dass ihre Meinung nicht beachtet wird. Denn während Großbritannien bei dem EU-Referendum vor vier Jahren insgesamt mit 51,9 Prozent für den Brexit gestimmt hatte, war in Schottland eine klare Mehrheit von 62 Prozent für den Verbleib in der EU.

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Auch in Nordirland hatten die meisten Wähler 2016 gegen den Brexit gestimmt. Die Region ist wegen seiner gemeinsamen Grenze zu dem EU-Land Irland besonders stark von dem Brexit betroffen. Dennoch mussten natürlich am 31. Januar alle vier Regionen – Nordirland, Schottland, Wales und England – gemeinsam aus der EU austreten. Dank der vereinbarten Übergangsfrist bleibt bis zum Jahresende praktisch alles beim Alten.

Aber können sich Großbritannien und die EU nicht bis dahin auf ein Freihandelsabkommen einigen, würden die Zölle der Welthandelsorganisation zwischen dem Kontinent und der Insel fällig, mit weitreichenden Folgen für die eng verzahnte Wirtschaft auf beiden Seiten des Kanals. Eine Verlängerung der Übergangsfrist um bis zu zwei Jahre ist möglich. Das müsste aber noch im Juni beschlossen werden.

Von Seiten der EU dürfte das kein Problem sein: Die Europäische Union ist zu einer zweijährigen Verlängerung der Brexit-Übergangsphase bereit, hatte EU-Chefunterhändler Michel Barnier kürzlich in einem Brief an die sechs britischen Oppositionsführer geschrieben. Aber die britische Regierung will keine Verlängerung, wie der britische Verhandlungsführer David Frost noch vergangene Woche betonte.

Denn aus Sicht der britischen Regierung hätte der Aufschub einen Haken: Großbritannien müsste sich weiterhin an EU-Regeln halten und weiter Beiträge zahlen. Für viele Brexit-Hardliner ist das nicht akzeptabel. Doch sowohl in Schottland, Wales als auch in Nordirland ist das ein Preis, den man zu zahlen bereit wäre, zumal Großbritannien mit der Coronakrise schwer zu kämpfen hat. Großbritannien hat so viele Corona-Tote wie kein anderes europäisches Land.

Vierte Verhandlungsrunde läuft

Die Nervosität steigt. Derzeit läuft die vierte Verhandlungsrunde zwischen der EU und Großbritannien, und weiterhin sind entscheidende Punkte offen. So fordert die EU unter anderem, dass Großbritannien im Gegenzug für einen umfangreichen Zugang zum Europäischen Binnenmarkt auch künftig hohe Umwelt- und Sozialstandards zusichert, außerdem wünscht man sich weitgehende Fischereirechte. Die britische Regierung sagt, sie wolle keine Senkung der Standards, könne aber auch keine Vorgaben aus Brüssel akzeptieren. Außerdem will sie den Zugang zu ihren Gewässern künftig strikter und kurzfristiger regeln.

Die beiden Seiten scheinen weit auseinander und die Hoffnung, dass in Kürze Ergebnisse erzielt werden, ist nicht sehr groß, vor allem nach dem jüngsten, öffentlichen Schlagabtausch zwischen den beiden Seiten: Der britische Verhandlungsführer Frost hatte der Gegenseite in einem Brief vorgeworfen, dass die EU Großbritannien ein weniger ambitioniertes Handelsabkommen biete als anderen internationalen Partnern, dafür aber viel strengere Bedingungen verlange.

„Ich hoffe, dass die EU in den nächsten Wochen noch einmal über ihre Vorschläge nachdenkt, damit wir einen raschen und konstruktiven Weg finden“, hatte Frost an EU-Verhandlungsführer Michel Barnier geschrieben.

„Großbritannien hat einen Schritt zurückgemacht“

Aus Brüssel kamen daraufhin ähnlich klare Worte: „Ich möchte nicht, dass der Ton, den Sie angeschlagen haben, das gegenseitige Vertrauen und die konstruktive Atmosphäre beeinträchtigt, die zwischen uns unerlässlich ist.“ Barnier betonte: „Die nächste Runde muss nun diese neue Dynamik bringen, um eine Hängepartie zu vermeiden.“

In einem Interview mit der britischen „Sunday Times“ warf er der britischen Seite zudem vor, unrealistische Forderungen zu machen. „Großbritannien hat einen Schritt zurückgemacht - zwei, drei Schritte zurück gemacht - von seinen ursprünglichen Zusagen“, sagte Barnier.

Sollte sich Großbritannien nicht am Wortlaut der gemeinsamen Politischen Erklärung vom Herbst orientieren, werde es kein Abkommen geben. Ein Sprecher der britischen Regierung forderte daraufhin, die EU müsse „ihre Position weiterentwickeln, um zur Einigung zu kommen“. London werde keine „unausgeglichenen Bedingungen“ bei einem Handelsabkommen akzeptieren.

Mehr: Chaos in der Krise: Briten zweifeln an Boris Johnson.