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Etwas Frieden für britische Kunden

In Deutschland bieten die großen Autobauer eine Abwrackprämie für alte Diesel an. In Großbritannien bislang jedoch noch nicht – sehr zum Unmut der britischen Diesel-Fahrer. Nun lenkt BMW ein, weitere könnten folgen.

In vielen Auffahrten und Garagen Großbritanniens steht ein BMW, ein Volkswagen oder ein Opel-Fahrzeug. Nicht selten haben die Fahrzeuge einen Dieselmotor unter der Haube – deshalb ist der Unmut der Briten groß, dass sie - anders als Dieselfahrer in anderen Ländern - im Zuge von „Dieselgate“ leer ausgehen sollen.

Eine „Abwrackprämie“, wie sie in Deutschland mittlerweile zahlreiche Autohersteller anbieten, gab es für sie nicht. Lange hatten sich die Autohersteller geweigert, auch ihren britischen Kunden auf diese Art entgegen zu kommen – nun lenkte BMW ein.

Der Münchener Autohersteller, der in Großbritannien vor allem viele Fahrzeuge seiner Mini-Marke verkauft, gewährt den Briten beim Kauf eines neuen Autos eine sogenannte „Lower Emissions Allowance“, eine Umweltprämie in Höhe von 2000 Pfund (rund 2200 Euro) beim Kauf eines neuen BMWs mit einem CO2-Ausstoß von maximal 130 Gramm pro Kilometer, wenn sie dafür einen Diesel mit Standard Euro-4 oder schlechter in Zahlung geben – ganz gleich, von welcher Marke. Das Angebot, das diese Woche öffentlich präsentiert wurde, gilt bis Ende des Jahres.

Fast 40 Prozent der Autos haben einen Dieselmotor

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Volkswagen erwägt, diesem Beispiel zu folgen. Noch sei aber keine Entscheidung gefallen, erklärte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage.

Der Diesel war in Großbritannien sehr beliebt – bis vor kurzem. Nach Angaben des britischen Automobilherstellerverbands SMMT sind aktuell 34,3 Millionen Autos auf britischen Straßen unterwegs, rund 39 Prozent davon mit einem Diesel-Motor.

Doch nicht erst seit „Dieselgate“ sind die Fahrzeuge umstritten. Umweltverbände kritisieren seit Jahren die schlechte Luftqualität in britischen Städten, zu der die Autos maßgeblich beitragen. Laut Gesetz darf die Konzentration von Stickstoffdioxid in der Luft an 18 Tagen im Jahr nicht über 200 Mikrogramm pro Kubikmeter und Stunde betragen – diese Grenze wurde in einigen Teilen Londons bereits in der ersten Januarwoche überschritten.

Verbraucher setzen vermehrt auf alternative Antriebe

Deswegen hat die Regierung Ende Juli Pläne vorgestellt, denen zufolge auf der Insel ab 2040 nur noch elektrische Autos verkauft werden dürfen – selbst Hybridfahrzeuge sollen nicht mehr erlaubt sein. Eine „Abwrackprämie“ ist aber von Seiten der Regierung nicht angekündigt worden, sehr zum Verdruss der britischen Verbraucher.

Doch die Erwartung eines solchen staatlichen Programms und der Skandal um die Manipulation von Abgaswerten scheint auch so Wirkung zu zeigen.

Im Juli sank die Zahl der neu zugelassenen Dieselfahrzeuge in Großbritannien im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent. Alternativ betriebene Fahrzeuge verbuchten dagegen ein Plus von 65 Prozent. Eine beachtliche Veränderung. Absolut gesehen ist die Wahrscheinlichkeit, im Stau auf Londons Straßen hinter einem alternativ betriebenen Auto zu stehen, aber immer noch gering: Von den insgesamt 2,7 Millionen Autos, die im vergangenen Jahr neu zugelassen wurden, waren gerade einmal 88.000 E-Autos.

KONTEXT

Die Ergebnisse des Dieselgipfels

Verantwortung

Die Verantwortung, für die Einhaltung der NOx-Grenzwerte von Diesel-Autos zu sorgen, sieht die Politik "zu allererst" bei den Autoherstellern. Bei denen sei nach den unzulässigen Diesel-Abgasmanipulationen und angesichts des Verdachts illegaler Kartellabsprachen eine neue Verantwortungskultur nötig.

Grundsätzliche Zielsetzung

Den Unternehmen wird aufgegeben, "ein rasches, umfassendes und belastbar wirksames Sofortprogramm zur Minderung der NOx-Belastungen" durch Dieselfahrzeuge sowie technologische Anstrengungen zur Optimierung der Dieseltechnologie einzuleiten. Es bedürfe zudem "eines starken Beitrages", um betroffene Kommunen zu unterstützen, Fahrverbote zu vermeiden.

Umrüstung

Die deutschen Autofirmen sagten zu, insgesamt 5,3 Millionen Diesel-Fahrzeuge nachzurüsten, wobei aber in dieser Zahl bereits 2,5 Millionen nachgerüstete Diesel-Pkw von Volkswagen enthalten sind. Es geht um Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 5 und Euro 6. Die Kosten tragen die Hersteller, wobei sie allein das nach Angaben des VDA rund 500 Millionen Euro kosten wird. Zudem sichern die deutschen Autobauer zu, dass den Fahrzeughaltern durch die Nachrüstung keine Folgeschäden entstehen und die geltenden Anforderungen an Schadstoff- und C02-Ausstoß eingehalten werden.

Umstiegsanreize

Die Autobauer haben eigene Anreizprogramme zugesagt, um den Umstieg von älteren Diesel-Autos auf Fahrzeuge mit moderner Abgasreinigung oder Elektro-Autos zu fördern. BMW zum Beispiel zahlt europaweit bis zu 2000 Euro als Anreiz für den Umstieg von einem alten Diesel-Modell des Herstellers auf ein schadstoffärmeres Fahrzeug. Zu den Kosten des Umstiegs machten die Konzerne noch keine Detailangaben.

Fonds "Nachhaltige Mobilität"

Zur Unterstützung der Kommunen bei der Luftreinhaltung soll es einen Fonds "Nachhaltige Mobilität in der Stadt" im Gesamtumfang von 500 Millionen Euro geben. Die Hälfte davon will der Bund beisteuern. Den Rest sollen die deutschen Autokonzerne gemäß ihrem Marktanteil zahlen. Auch ausländische Wettbewerber in Deutschland will die Regierung zur Beteiligung drängen.

Ausländische Hersteller

Die internationalen Konkurrenten der deutschen Autofirmen werden aufgefordert, vergleichbare Maßnahmen zur Abgasminderung zu ergreifen und sich an der Initiative zu beteiligen. Dass sie das bislang nicht tun wollen, nannte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt "völlig unakzeptabel" und kündigte Druck an.

Stärkere Kontrollen

Der Bund will die Abgas-Kontrollen mit regelmäßigen Stichproben-Prüfungen des KBA bei zugelassenen Fahrzeugen verstärken. Die Wirksamkeit der Nachrüstung soll durch das KBA und andere Genehmigungsbehörden geprüft werden.

Bund will Schadstoffminderung stärker fördern

Der Bund will darüber hinaus seine "Förderkulissen für emissionsmindernde Maßnahmen im städtischen Verkehr" erweitern und ausbauen. Das gilt etwa für die Anschaffung von Elektrobussen im öffentlichen Nahverkehr und emissionsärmeren Nutzfahrzeugen.

Perspektiven

Die technische Nachrüstung von Diesel-Autos wird von der Politik nur als erster wichtiger Schritt zur Senkung des Stickoxid-Ausstoßes eingeordnet. "Weitere Schritte müssen folgen", heißt es. Auf dem Tisch ist dabei auch noch die Forderung weitergehender, teurerer Umrüstungen.