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Der Essener Energiekonzern wird die Kohle-Gegner nicht los

Bis 2040 will der Essener Energiekonzern RWE klimaneutral werden. Investoren fordern auf der Aktionärsversammlung mehr Tempo beim Wandel zum grünen Konzern.

Es ist das erste Mal in der 120-jährigen Geschichte von RWE, dass eine Aktionärsversammlung rein digital stattfindet. Die Corona-Pandemie zwingt auch den Energiekonzern aus Essen, die alljährliche Hauptversammlung per Internet zu streamen. Immerhin hat RWE-Chef Rolf Martin Schmitz – anders als sein Kollege Johannes Thyssen von E.On – seine Rede für die Aktionäre schon Tage vorher ins Internet gestellt.

Viel zu meckern, dürften die Aktionärsvertreter in diesem Jahr nicht haben. Schmitz hat das milliardenschwere Tauschgeschäft mit dem einstigen Rivalen E.On abgeschlossen. Die Geschäfte der RWE-Tochter Innogy haben sich die beiden Konzernchefs untereinander aufgeteilt. RWE bekommt das Ökostromgeschäft von Innogy und E.On. wiederum übernimmt das Netzgeschäft von Innogy und den Vertrieb. Bis 2022 will RWE jährlich zwischen sieben und zehn Prozent wachsen.

Es ist noch nicht lange her, da steckte RWE tief in der Krise. Jetzt erwartet RWE-Chef Schmitz für das laufende Jahr ein bereinigtes Ergebnis zwischen 2,7 und drei Milliarden Euro. Trotz Coronakrise steigt die Dividende. Für das vergangene Jahr soll sie um zehn auf 80 Cent pro Aktie wachsen. Für 2020 ist eine Dividende von 85 Cent je Aktie geplant.

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Der Umbau zum grünen Ökoriesen ist derweil in vollem Gange. Bis 2040 will der Kohlekonzern klimaneutral werden. Freiwillig tut RWE das nicht. Und auch nicht „umsonst“. Als Entschädigung für die vorzeitige Abschaltung seiner Braunkohlemeiler bis spätestens 2038 bekommt der Konzern 2,6 Milliarden Euro vom Staat. Für die Abschaltung seiner Steinkohlekraftwerke (RWE hat noch Blöcke mit zwei Gigawatt im Betrieb) fordert RWE-Top-Manager Roger Miesen eine Nachbesserung. Momentan sieht es so aus, als würde die auch kommen. In der nächsten Woche sollen Bundesrat und Bundestag über das Kohleausstiegsgesetz abstimmen. „Das Feld der neuen RWE ist bestellt“, sagt RWE-Chef Schmitz.

Trotzdem wird Schmitz, der im nächsten Jahr seinen Posten an Finanzchef Markus Krebber übergibt, die Kohle-Gegner nicht los. Im Hambacher Forst sollte der Protest der militanten Umweltaktivisten eigentlich verstummt sein. Der Kohle-Kompromiss sieht vor, dass der Wald zwischen Köln und Aachen erhalten bleibt und nicht mehr für den Abbau von Braunkohle abgeholzt wird.

Doch Anfang der Woche gab es wieder eine größere Polizeiaktion im Wald. Kohle-Gegner hocken nicht nur immer noch in Baumhäusern in dem Wald. Zuletzt hatten sie auch wieder Barrikaden aufgestellt. Die versperrten die Einsatzwege für Rettungsfahrzeuge. Bis zu 15 Meter hohe Barrikaden aus Baumstämmen (sic!) hatten sie aufgestellt. Die Polizei räumte diese Anfang der Woche weg – mit mehreren Hundertschaften.

Spitzenposition beim CO2-Ausstoß

Auch Investoren reichen die Anstrengungen von RWE offenbar nicht. Der Norwegische Staatsfonds hatte vor kurzem RWE-Aktien aus seinem Portfolio geworfen. Und auch der Deka geht der Wandel bei RWE nicht schnell genug. „Der RWE-Slogan ‚Unsere Energie für ein nachhaltiges Leben‘ ist angesichts der Spitzenposition beim CO2-Ausstoß unter den Dax-Unternehmen ein herausforderndes Statement“, heißt es dort. Auf dem Weg zum klimaneutralen Konzern sei bei RWE die Ampel gerade mal von Rot auf Gelb gesprungen, sagt Vanessa Golz, Spezialistin Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei Deka Investment. Sie wünsche sich ein ambitionierteres Ziel bei der Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen von RWE. „45 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2030 sind immer noch zu viel“, sagt Golz.

Immerhin will RWE bis zum Jahr 2022 fünf Milliarden Euro in Erneuerbare Energien und Speicher investieren. Die weltweite Kapazität von Wind und Sonnen soll so von neun auf 13 Gigawatt steigen. Ökostromanlagen mit einer Kapazität von rund drei Gigawatt befinden sich schon im Bau. Wachsen will RWE mit der grünen Stromerzeugung vor allem im Ausland. Große Hoffnung setzt Rolf Martin Schmitz neben Europa und den USA auf Asien - Neuland für RWE und auch politisch nicht ganz ungefährlich. „RWE braucht für Projekte in Japan, Korea und Taiwan viel internationale Erfahrung im Vorstand und im Aufsichtsrat“, sagt Golz von Deka Investment. Und sie weist darauf hin, dass RWE im Ausland nicht sehr erfolgreich gewesen sei – und die waren in der westlichen Hemisphäre. Projekte wie Thames Water in Großbritannien und American Water Works in den USA stellte RWE ein.

Deka Investment will nur gegen einen Tagesordnungspunkt stimmen. Und der hat wohl eher was mit der Pleite des Zahlungsdienstleisters Wirecard und deren Abschlussprüfer zu tun. Bei RWE sei der verantwortliche Abschlussprüfer Ralph Welter schon seit sechs Jahren mit der Prüfung beauftragt und soll das auch für das Geschäftsjahr 2020 machen. Das sei zwar im Rahmen der vom Handelsgesetzbuch vorgegebenen Frist von sieben Jahren, liege aber über der Fünfjahresfrist der Deka Abstimmungsrichtlinie. „Daher werden wir gegen diesen Tagungsordnungspunkt stimmen“, sagt Deka-Spezialistin Golz.

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