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Erste Minuten entscheidend: Katastrophenschützer erklärt, wie ihr euch im Falle einer nuklearen Explosion schützen könnt

Ein Kernwaffentest der US Navy auf den Marshall-Inseln.
Ein Kernwaffentest der US Navy auf den Marshall-Inseln.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Sonntag (27. Februar) seine Abschreckungswaffen in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt und damit die Angst vor einem Atomkrieg erhöht. Dass es wirklich dazu kommt, halten Experten derzeit zwar für sehr unwahrscheinlich, dennoch sei die Drohung ernst zu nehmen.

„Ich bin auf jeden Fall beunruhigt“, sagt Irwin Redlener, Gesundheitsexperte an der Columbia University und Spezialist für Katastrophenvorsorge, im Gespräch mit Business Insider. „Wir neigen manchmal dazu, Aussagen wie diesen nicht allzu viel Gewicht zu verleihen, aber in Anbetracht eines ziemlich unvorhersehbaren Wladimir Putin, der seine Androhungen, die Ukraine anzugreifen, wahr gemacht hat, müssen wir seine Aussagen zu Nuklearwaffen ernst nehmen.“

Der Nuklearwaffenexperte Hans Kristensen ordnet die Lage folgendermaßen ein: "Das ist verbales Säbelrasseln", sagt er der "New York Times". Matthew Kroenig, der ebenfalls zu Atomwaffen forscht, sagt der Zeitung: "Staaten mit Atomwaffen können keinen Atomkrieg führen, weil sie damit ihre Auslöschung riskieren würden, aber sie können damit drohen und tun es auch." Es sei eine Art Spiel, um das Kriegsrisiko zu erhöhen, "in der Hoffnung, dass die andere Seite einen Rückzieher macht und sagt: 'Oh je, das ist es nicht wert, einen Atomkrieg zu führen.'"

Laut schwedischem Institut für Friedensforschung Sipri soll es weltweit rund 15.000 Atomwaffen geben, welche sich insgesamt auf die neun Atommächte verteilen: Indien, Frankreich, Großbritannien, Pakistan, China, Nordkorea, Russland und die USA. Sipri-Schätzungen zufolge verfügt Russland über rund 6257 Atomsprengköpfe. Damit ist es das Land mit dem größten Atomwaffenarsenal der Welt, gefolgt von den USA mit etwa 5500 Atomsprengköpfen.

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Das nukleare Arsenal Russlands ist so umfangreich, dass es beinahe überall einschlagen könnte. Sollte eine Waffe auf die USA gezielt werden, hätten Anwohner 30 Minuten oder weniger Zeit, um sich zu schützen, vorausgesetzt, sie würden umgehend vor dem Angriff gewarnt werden. „Es bliebe nicht einmal Zeit, um die Kinder aus der Schule zu holen“, sagt Katastrophenexperte Redlener.

Die ersten Minuten und Stunden nach einer nuklearen Explosion sind ein entscheidendes Zeitfenster. Laut dem Johns Hopkins Center for Health Security nimmt die Gefahr einer Strahlenbelastung eine Stunde nach der Explosion um 55 Prozent ab, nach 24 Stunden sogar um 80 Prozent.

In den ersten 30 Minuten: Augen und Gesicht schützen

Auf Hawaii hat im Jahr 2018 irrtümlich die Behörde für Katastrophenhilfe eine Eilmeldung auf die Smartphones der Menschen geschickt, die vor einer drohenden ballistischen Rakete warnte. „Sofort Schutzraum aufsuchen. Das ist kein Test“, hieß es in der Nachricht. Ein Angestellter der Behörde hatte die Warnung aus Versehen verschickt. „Das führte zu Chaos“, sagt Redlener. „Manche Menschen ignorierten die Meldung komplett, andere wiederum verfielen in Panik und versteckten sich mit ihren Kindern in der Kanalisation.“

Laut Redlener ist die verlässlichste Quelle für eine Nuklearwarnung das Fernsehen oder Radio. Menschen, die keinen direkten Zugang zu Nachrichten haben, könnten über Sirenen informiert werden, allerdings könnte das Geräusch auch für Verwirrung sorgen. Bis man im Internet oder bei der Polizei den Grund des Alarms ausfindig gemacht habe, sei es bereits zu spät, sagt Redlener.

Sollte es zu einer nuklearen Explosion kommen, ist es zunächst wichtig, die Augen zu schützen. Atombomben setzen Lichtstrahlen und einen gigantischen orangen Feuerball frei, der an einem wolkenlosen Tag Menschen in einem Umkreis von rund 20 Kilometern und in einer klaren Nacht sogar in einem Umkreis von gut 85 Kilometern vorübergehend erblinden lassen könnte.

Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde empfiehlt zudem, sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden zu legen und die Hände unter dem Körper zu verstecken, um sich vor fliegenden Trümmern oder glühender Hitze, die zu Verbrennungen führen könnte, zu schützen. Wer einen Schal oder ein Taschentuch bei sich hat, sollte damit Mund und Nase bedecken. Es ist jedoch wichtig, den Mund leicht geöffnet zu halten, um den Druck auf den Trommelfeldern auszugleichen.

In den ersten 45 Minuten: In Schutzräume begeben

Eine einzige Atomwaffe könnte in einer großen Stadt wie New York oder Washington zu zehntausenden unmittelbaren Todesfällen führen. Die Zahl der Opfer ist von der Größe der Waffe und dem Ort der Explosion abhängig.

Überlebende hätten rund 15 Minuten Zeit, bevor staubkorngroße nukleare Partikel, auch als Atomstaub bekannt, auf den Boden fallen. Ein Kontakt mit diesem Atomstaub kann zu einer Strahlenvergiftung führen, die wiederum die Zellen des Körpers beschädigen kann.

Falls möglich, sollte ein Schutzraum aufgesucht werden, der in entgegengesetzter Richtung zu einstürzenden Gebäuden liegt. „Es ist wichtig, nicht in die Richtung zu gehen, aus der der Wind kommt“, so Redlener. „Lauft zehn bis 15 Minuten lang so weit weg, wie ihr könnt und sucht dann sofort einen Unterschlupf auf, bevor sich die Strahlenwolke herabsenken kann.“

Die besten Zufluchtsorte sind Gebäude wie Schulen oder Bürokomplexe, die nur wenige bis keine Fenster und einen großen Keller haben. Sollten sich in der direkten Umgebung keine Gebäude dieser Art befinden, ist es immer noch besser, in irgendeinem anderen Innenraum Schutz zu suchen, als sich draußen aufzuhalten.

Solltet ihr euch in einem mehrstöckigen Gebäude befinden, solltet ihr euch in die Mitte des Hauses begeben und euch von den niedrigen und höheren Stockwerken sowie von sämtlichen Fenstern fernhalten, um euch vor fliegenden Glassplittern zu schützen.

In den ersten 24 Stunden: Duschen und bis auf Weiteres im Haus bleiben

In den nächsten Stunden nach einer Explosion muss die Strahlenbelastung so weit wie nur möglich gesenkt werden. Zwar können Ärzte Strahlenverletzungen mit Mitteln wie Kaliumiodid behandeln, jedoch „gibt es gewisse Belastungsgrade, gegen die man nichts machen kann“, sagt Kathryn Higley, Professorin für Atomwissenschaft an der Oregon State University.

In einem Worst-Case-Szenario gibt es zudem möglicherweise nicht ausreichend Ärzte oder Krankenhausbetten. „In den gesamten Vereinigten Staaten gibt es nicht genug Intensivbetten, um die Opfer des Atomangriffs einer einzigen Stadt zu behandeln“, sagt Tara Drozdenko, Leiterin des globalen Sicherheitsprogramms der Union of Concerned Scientists.

Personen, die sich während der Explosion draußen aufgehalten haben, sollten so schnell wie möglich duschen, idealerweise mit warmem Wasser und einer milden Seife. Hartes Schrubben kann die natürliche Schutzschicht der Haut durchbrechen. Während ihr euch abduscht, solltet ihr zudem offene Stellen und kleine Wunde bedecken.

Im Ernstfall sollten auch keine Produkte wie Conditioner, Bodylotion oder Gesichtscreme verwendet werden. Diese können auf radioaktive Partikel legen und diese so an euren Körper binden.

Putzt eure Nase und säubert Ohren und Augenlider, da sich dort sonst Schmutz absetzen könnte. Außerdem wird empfohlen, die äußeren Schichten eurer Kleidung sowie benutzte Tücher in Plastiktüten zu packen.

Nahrungsmittel aus verschlossenen Behältnissen wie Dosen oder Flaschen sind sicher und können verzehrt werden. Darüber hinaus könnt ihr auch Lebensmittel aus dem Vorratsschrank oder dem Kühlschrank zubereiten, wenn ihr zunächst alle Flächen und Utensilien putzt. Unverpackte Lebensmittel, wie Obst und Gemüse aus dem Garten, sollte jedoch nicht gegessen werden.

Insofern es keine anderen Vorschriften gibt, solltet ihr das Haus nicht verlassen, bis das Risiko einer Kontamination gesunken ist. Die US-Gesundheitsbehörde empfiehlt, sich mindestens 24 Stunden lang in Innenräumen aufzuhalten.

Dieser Text wurde von Anika Faber aus dem Englischen übersetzt. Das Original findet ihr hier.