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Erst Geldmengenflut, dann Inflations-Schock?

Durch die Pandemie kaufen Zentralbanken im großen Stil Staatsanleihen. Mehr Geld, weniger Güter – das liest sich wie ein Rezept für Preisinflation. Oder vielleicht doch nicht?

Es kommt mehr Geld in Umlauf aber weniger Güter, die es zu kaufen gibt. Droht uns wegen der Coronakrise nun noch die Inflation? Foto: dpa
Es kommt mehr Geld in Umlauf aber weniger Güter, die es zu kaufen gibt. Droht uns wegen der Coronakrise nun noch die Inflation? Foto: dpa

Die Coronapandemie hat die Regierungen rund um den Globus in Alarmstimmung versetzt. Um die Ausbreitung des Virus zu bekämpfen, haben sie das gesellschaftliche Leben und die Wirtschaft heruntergefahren. Die Produktion ist dadurch so stark eingebrochen wie seit der Großen Depression in den 1930er Jahren nicht mehr. Um die wirtschaftlichen Schäden in Grenzen zu halten, haben die Politiker riesige Rettungspakete auf den Weg gebracht und die Zentralbanken die Geldschleusen weit geöffnet. Die Leitzinsen liegen bei Null Prozent, mancherorts gar im negativen Bereich.

Zudem kaufen die Zentralbanken in großem Stil Staatsanleihen und schaffen dadurch aus dem Nichts herbeigezaubertes Geld. Anders als noch in der Finanzkrise von 2008/2009 wird jetzt nicht nur das Banken- und Finanzsystem mit neuem Geld geflutet. Die Staaten überweisen es den Bürgern und Unternehmen auch direkt auf deren Bankkonten. Zudem vergeben Banken kräftig Kredite an Konsumenten und Unternehmen und schaffen dadurch ebenfalls neues Geld.

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Das hat in den Vereinigten Staaten von Amerika die Geldmenge M1 (Bargeld und Sichtguthaben bei Banken) bereits um 31,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr wachsen lassen, die Geldmenge M2 (M1 plus längerfristige Bankeinlagen) um 22,3 Prozent. Das sind die größten Zuwachsraten, die jemals für diese Geldmengen gemessen wurden. Ähnliches wird sich bald auch im Euroraum abspielen. Denn auch hier sind gewaltige Haushaltsdefizite als Folge der „Rettungspolitiken“ mit dem Anwerfen der elektronischen Notenpresse zu finanzieren.

Mehr Geld, weniger Güter – das liest sich wie ein Rezept für Preisinflation. Oder vielleicht doch nicht? Angesichts von Massenarbeitslosigkeit, Ängsten in der Bevölkerung und verunsicherten Unternehmern wird die Geldflut wohlmöglich die Güterpreise gar nicht in die Höhe treiben, ist häufig zu hören. Rezession ja, aber keine Inflation. Also keine Stagflation, wie sie Anfang der 1970er Jahre in vielen Volkswirtschaften zu beobachten war.

In der kurzen Frist ist in der Tat nicht auszuschließen, dass einige Güterpreise nachgeben, trotz der enormen Geldmengenvermehrung. Ein Grund könnten Firmenpleiten sein, durch die Waren im Ausverkauf zu Schleuderpreisen angeboten werden. Ein anderer, dass Arbeitnehmer fortan für geringere Löhne arbeiten, weil sich das Arbeitsplatzangebot verknappt hat. Oder dass Kreditnehmer aufgrund ihrer verschlechterten Finanzlage Teile ihres Vermögens – Aktien und Häuser – verkaufen müssen, was zu einem Preiseinbruch auf den Vermögensmärkten führen könnte.

Doch können die Preise dauerhaft auf Talfahrt gehen, wenn die Geldmenge weiter steigt? Ja, sagen die Inflationsskeptiker, schließlich nehme die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ab: Die Menschen halten ihr Geld verstärkt auf der hohen Kante. Nicht Preisinflation, sondern Preisdeflation stehe uns deshalb ins Haus. Aber stimmt das wirklich?

Schaut man sich die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes an (sie misst die Häufigkeit, mit der das Geld zur Finanzierung der Umsätze verwendet wird), so stellt man fest, dass sie im Trend fällt. Das lässt sich sowohl in den Vereinigten Staaten von Amerika als auch im Euroraum beobachten. Obwohl die Umlaufgeschwindigkeit also sank, legten die Güterpreise auf breiter Front zu – die Preise für Konsumgüter, Häuser und Aktien haben sich allesamt erhöht. Nimmt die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ab, heißt das folglich nicht, dass eine wachsende Geldmenge die Güterpreise nicht doch inflationieren kann!

Dass sich die Umlaufgeschwindigkeit durch den Lockdown stark verlangsamt, kann man zwar nicht ausschließen. Aber es spricht doch einiges dagegen, dass dies von Dauer ist. Vielen Menschen, die Kredite oder Zuschüsse und damit neues Geld erhalten, dient dieses als Ersatz für entgangene Löhne. Sie bestreiten damit ihre laufenden Zahlungen für Lebensmittel, Wohnung, Auto, Kleidung. Daher liegt die Vermutung nahe, dass das neue Geld für Käufe verwendet wird, statt es zu sparen. Vielfach werden private Haushalte und Firmen sogar ihre Ersparnisse anbrechen, um damit ihre Ausgaben zu bestreiten. Das stützt die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes.

Gegen ein künftig stärkeres Absinken der Umlaufgeschwindigkeit sprechen zudem die weit verbreiteten Null- beziehungsweise Negativzinsen. Sie entmutigen die Geldhaltung und das Sparen und treiben die Nachfrage nach Sachgütern wie Aktien und Häusern an. Das begünstigt steigende Preise.

Hinzu kommt, dass die Regierungen und ihre Zentralbanken das Schuldgeldsystem vor dem Kollaps bewahren wollen. Dazu ist ihnen jedes Mittel recht, auch wenn es bedeutet, die Kaufkraft des Geldes zu opfern. Die Währungsgeschichte zeigt: In Zeiten der Bedrängnis und der Not wird das sprichwörtliche Drucken von neuem Geld, die Inflation, als die Politik des kleinsten Übels angesehen. Schwindet das Vertrauen in das Geld, reichen die Menschen dieses weiter wie heiße Kartoffeln. Die Umlaufgeschwindigkeit schnellt in die Höhe, die Güterpreise ebenfalls.

Eine überschlägige Rechnung ergibt, dass sich in den USA im Zuge der monetären Rettungspolitik durch die Notenbank und die Regierung seit Mitte März ein Geldüberhang von 40 Prozent aufgebaut hat. Dieser spiegelt den Wachstumsunterschied zwischen Geld- und Gütermenge und damit den Inflationsdruck wider, der in der Wirtschaft herrscht. Dieser dürfte sich früher oder später in steigenden Konsumgüter- oder Vermögensgüterpreisen oder einer Kombination aus beidem entladen. Selbst in einem optimistischen Szenario, in dem die Volkswirtschaft rasch wieder wächst, steht den Amerikanern ein Kaufkraftverlust des Geldes von ungefähr 30 Prozent ins Haus. Ähnliches deutet sich im Euroraum an.

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