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Ermittler durchsuchen Büros von Credit Suisse

Behörden aus den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien gehen offenbar dem Verdacht auf Steuerhinterziehung und Geldwäsche nach. Die Großbank Credit Suisse will kooperieren. Der Vorgang kommt nicht ganz unerwartet.

Tidjane Thiam hat es nicht leicht. Der Chef der Schweizer Großbank Credit Suisse, der das Institut im Sommer 2015 übernommen hatte, musste seit seinem Amtsantritt eine lange Mängelliste abarbeiten. Dazu zählte ein Rechtsstreit in den USA, den Thiam Anfang dieses Jahres gegen Zahlung von 272 Millionen Franken einstellen konnte. Doch kaum hat der klagegeprüfte Finanzmanager die eine juristische Schlacht abgewendet, steht die nächste bevor.

Steuerbehörden haben Büros der Credit Suisse in London, Paris und Amsterdam durchsuchen lassen. Sie gehen offenbar dem Verdacht auf Steuerhinterziehung und Geldwäsche nach. Hintergrund sind nach Angaben der Ermittler 55.000 verdächtige Konten bei einer namentlich nicht genannten Schweizer Bank.

Die Credit Suisse bestätigte den Vorgang in einer Konzernmitteilung am Freitagvormittag. „Wir arbeiten mit den Behörden zusammen“, versichert das Unternehmen darin und weist darauf hin, dass Credit Suisse seit 2013 das Abgeltungssteuerabkommen zwischen der Schweiz und Großbritannien anwendet. Weiter heißt es: „Wir haben die freiwilligen Steueroffenlegungsprogramme der Niederlanden und Frankreichs erfolgreich umgesetzt und Beziehungen zu nicht steuerkonformen Kunden beendet.“ Credit Suisse verfolge weiterhin eine Strategie der vollständigen Steuerkonformität.

Führend bei den Ermittlungen ist offenbar die Niederlande. Die niederländische Behörde zur Verfolgung von Finanzdelikten (FIOD) teilte mit, die international abgestimmten Durchsuchungen hätten bereits am Donnerstag begonnen. Die Ermittlungen in den verschiedenen Ländern würden noch Wochen dauern, erläuterte eine FIOD-Sprecherin. Zu dem betroffenen Schweizer Geldhaus, welches die FIOD nicht namentlich nennt, wollte sie keine Angaben machen.

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Dafür sickern im Tagesverlauf weitere Details der Durchsuchungen durch. So seien auch zwei Verdächtige festgenommen worden, teilte die FIOD am Freitag mit. Zudem seien ein Goldbarren, Luxusautos, Dutzende Gemälde, Immobilien, Schmuck und Bankkonten sowie Daten von Tausenden Kontoinhabern beschlagnahmt worden. Mutmaßlich seien Finanzmittel im Wert von mehreren Millionen Euro vor den Behörden versteckt worden, hieß es weiter.

Ein Foto der niederländischen Steuerfahndung zeigt einen Teil der beschlagnahmten Wertgegenstände:

Ähnliche Untersuchungen seien in Großbritannien, Australien, Deutschland und Frankreich im Gange. Nach Angaben niederländischer Behörden sind Dutzende von Kunden im Visier. Sie werden verdächtigt, Millionenbeträge vor dem Fiskus versteckt zu haben, indem sie das Geld auf ein Schweizer Konto eingezahlt hätten. Es gebe zudem Untersuchungen in Australien, Deutschland, Großbritannien und Frankreich, heißt es weiter.


Topgehalt für Credit-Suisse-Chef

Credit Suisse hat eigenen Angaben zufolge einen automatischen Informationsaustausch mit Steuerbehörden, der im April 2017 in Kraft tritt, für ihre europäischen Standorte umgesetzt. Der gleiche Standard gilt ab 2018 für europäische Individualkunden, die aus der Schweiz heraus betreut werden. Insgesamt haben sich etwa 100 Länder darauf eingelassen, Bankdaten mit anderen Steuerbehörden auszutauschen, um Steuerbetrug zu erschweren.

Nach einer etwas ruhigeren Phase ist Credit Suisse kürzlich wieder ins Fadenkreuz der Ermittler und der Medien geraten. Die Bank hatte unter Konzernchef Thiam bereits vor anderthalb Jahren einen harten Sanierungskurs eingeschlagen und das Geschäft auf die Vermögensverwaltung reicher Kunden vor allem aus Asien neu ausgerichtet. Thiam stärkte unter anderem mit einer Kapitalerhöhung die Kernkapitalquote und machte die Bank damit weniger krisenanfällig.

Trotzdem schrieb die Bank in den beiden abgelaufenen Geschäftsjahren hohe Verluste, im Geschäftsjahr 2016 lag er bei 2,7 Milliarden Franken. Trotz des Milliardenminus sicherte sich Thiam ein Topgehalt in Höhe von gut zwölf Millionen Franken. Selbst in der Schweiz, wo Vorstandschefs traditionell gut entlohnt werden, verdienten nur zwei andere Firmenchefs 2016 mehr als Thiam.

Die jetzt bekanntgewordenen Ermittlungen werfen deshalb auch ein Schlaglicht auf den gebürtigen Ivoren, der in der Finanzbranche als Talent gilt. Kritiker vermuten, er sei zwar als Mann für’s Grobe wie geschaffen für Umstrukturierungen in Konzernen, lasse sich dies aber fürstlich bezahlen. Seit 2010 verdiente Thiam als Chef des britischen Versicherers Prudential sowie der schweizerischen Credit Suisse insgesamt 100 Millionen Franken.

Die Vorwürfe der Ermittler wird Thiam nun prüfen müssen. Vor allem dürfte die Frage interessant sein, ob sie vermeidbar gewesen wären – und dementsprechend Thiam oder einer seiner Vorstandskollegen seine Aufsichtspflichten verletzt haben könnte.

Die französischen und die britischen Behörden wollten sich zu den Durchsuchungen nicht im Detail äußern. Man könne zu andauernden Ermittlungen keine Einzelheiten nennen, hieß es. Aus der Schweiz kam eine empörte Reaktion. Die dortige Bundesanwaltschaft äußerte sich verärgert über das Vorgehen der niederländischen Behörden und sprach von einem Verstoß gegen Regeln der internationalen Zusammenarbeit, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

„Die Bundesanwaltschaft der Schweiz ist befremdet über die Art und Weise, wie diese Operation unter bewusstem Nichteinbezug der Schweiz organisiert worden ist“, erklärte demnach eine Sprecherin. Die geltenden Gepflogenheiten und Regeln der internationalen Zusammenarbeit seien nicht eingehalten worden. „Die Bundesanwaltschaft erwartet eine schriftliche Erklärung der zuständigen federführenden niederländischen Behörden und prüft das weitere Vorgehen“, hieß es aus Bern.


Verwaltung unversteuerten Vermögens als Geschäftsmodell

Die australische Ministerin für Staatseinnahmen und Finanzdienstleistungen, Kelly O'Dwyer, bestätigte Steuerermittlungen. Diese konzentrierten sich auf 340 namentlich bislang nicht bekannte Australier, die mit Schweizer Bankkonten in Verbindung stünden. „Die Tatsache, dass diese Konten nicht mit Namen versehen sind, bedeutet wahrscheinlich, dass sie eigens dazu eingerichtet wurden, um die Identität des Kontobesitzers zu verschleiern“, erklärte O'Dwyer. Keine der Behörden wollte den Namen der betroffenen Bank nennen. Vom Bundesfinanzministerium in Berlin war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Für viele Schweizer Banken war das Verwalten von unversteuerten Vermögen jahrzehntelang ein wichtiges Standbein. Nach der Finanzkrise begannen aber die ausländische Behörden gegen die lukrative Praxis vorzugehen. Nur mit der Bezahlung von Milliardenbeträgen konnten sich die Institute freikaufen. Die Credit Suisse zahlte allein in den USA 2014 eine Buße von 2,8 Milliarden Dollar. In Deutschland hatte die Bank bereits 2011 ein ähnliches Verfahren gegen Bezahlung von 150 Millionen Euro beigelegt. Parallel zur Einigung mit den Behörden versuchte die zweitgrößte Schweizer Bank in den vergangenen Jahren Schwarzgeld-Kunden loszuwerden.

Mehrere Schweizer Geldhäuser waren in Deutschland den vergangenen Jahren unter Druck geraten, nachdem die Behörden in Nordrhein-Westfalen CDs mit Insiderinformationen über mutmaßliche Steuerhinterzieher gekauft hatten.