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Die Erfolgsfahrt von Daimler-Chef Zetsche ist zu Ende

Die Rivalen BMW und Audi sieht Dieter Zetsche schon länger nur noch im Rückspiegel. Der Daimler-Chef braust seit Jahren auf der Überholspur durch die globalen Automobilmärkte und eilt von Erfolg zu Erfolg. 63 Monate hintereinander erzielte Daimler mit seiner Kernmarke Mercedes-Benz einen Absatzrekord nach dem nächsten.

Parallel zu den Verkaufszahlen schossen Umsatz und Gewinn in die Höhe. Im vergangenen Jahr erlösten die Schwaben mehr als 164 Milliarden Euro. Unter dem Strich verdiente Daimler fast elf Milliarden Euro. Ein Allzeithoch.

„Unser Unternehmen ist kerngesund und hochprofitabel“, jubilierte Zetsche mit gestählter Brust im Frühjahr 2018. Doch nun wachsen die Zweifel an dem Mann mit dem markanten Seehund-Schnauzbart. Die Euphorie ist verflogen. Erstmals seit dem Jahr 2012 kassiert Zetsche wieder die Gewinnprognose für den Daimler-Gesamtkonzern.

Am Mittwoch, kurz nach 22 Uhr, ging eine Ad-hoc-Meldung der Schwaben über den Ticker. Im Geschäftsjahr 2018 werde das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) leicht unter Vorjahresniveau liegen, teilte Daimler kleinlaut mit. Bisher rechneten die Schwaben mit einem Ebit leicht über dem Rekordjahr 2017. Das Investmenthaus Evercore ISI taxiert die negativen Effekte für das Ergebnis von Daimler auf eine Summe von etwa 763 Millionen Euro.

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Die Reaktion der Anleger auf diese Zahl folgte zum Börsenstart Donnerstagfrüh: Das Papier der Stuttgarter sackte um teils mehr als 4,5 Prozent ab. Die Aktionäre sind geschockt. „Die Gewinnwarnung markiert einen Rückfall in alte Zeiten, als Daimler oft blauäugig und zu optimistisch war“, sagte Jürgen Pieper dem Handelsblatt.

Der Analyst vom Bankhaus Metzler konstatiert: „Daimler büßt gerade massiv an Glaubwürdigkeit ein.“ Für den Börsenprofi ist klar: „Nach fast sechs Jahren, in denen Daimler unentwegt gewachsen ist, sei nun ein Wendepunkt erreicht. „Diese Erfolgsphase geht nun zu Ende“, prophezeit Pieper. Jetzt drohen wieder magere Jahre.

Die Gewinnwarnung erhöhe den Druck auf den Daimler-Chef „nochmals enorm“, erklärt auch Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Zetsche müsse nun „liefern“. Der 65-Jährige ist angezählt – wie im Jahr 2012. Damals musste Zetsche das letzte Mal eine Gewinnprognose kassieren. Das kostete ihn fast den Job. Nun wackelt er erneut. Denn es sind längst nicht nur Handelsbarrieren, die Zetsche die Bilanz verhageln.

Die Schwaben begründen den schlechteren Ausblick mit wachsenden Handelsbarrieren, den neuen, strengeren Zulassungsnormen des Standards WLTP, die Autos ab dem 1. September durchlaufen müssen, dem Rückruf von Diesel-Fahrzeugen und der schwachen Nachfrage nach Daimler-Bussen in Lateinamerika.

Zollstreit trifft Daimler an einer empfindlichen Stelle

Insbesondere die Belastungen, die Autobauern durch die Umstellung auf den neuen Testzyklus WLTP entstehen, habe Daimler „völlig unterschätzt“, rügt Pieper. Der Börsenprofi hatte die Aktie von Daimler schon am Mittwoch vor der Gewinnwarnung von Daimler von Kaufen auf Halten abgestuft.

„Nicht zuletzt, weil Daimler im Dieselskandal nicht mehr weit davon entfernt ist, ein ähnlicher Fall wie Volkswagen zu werden“, sagt Pieper. Er fürchtet, dem Autobauer könnten noch hohe Strafzahlungen bevorstehen. Sein Kollege Sven Diermeier, Analyst bei Independent Research, rechnet ebenfalls mit weiteren Belastungen. „Daimler strudelt immer tiefer in den Dieselskandal“, sagte Diermeier dem Handelsblatt. Der „negative Newsflow“ bei den Schwaben könnte sich fortsetzen.

Insbesondere die bevorstehenden höheren Zölle auf von den USA nach China importierten SUV-Fahrzeugen treffen Daimler laut Diermeier an „einer empfindlichen Stelle“. Denn China ist der größte Absatzmarkt für Daimler.

Besonders ärgerlich: Im US-Werk in Tuscaloosa im Bundestaat Alabama fertigen die Schwaben ausgerechnet jene Mercedes-Modelle für den Weltexport, die besonders viel Gewinn einbringen: die sportlichen Geländewagen, kurz SUVs. „Wenn sich in diesem Segment die Nachfrage abschwächt, ist das sehr unangenehm“, erklärt Autoexperte Diermeier.

Im Mai kämpfte Daimler in dem Werk in Tuscaloosa nach einem Brand bei einem Zulieferer mit Lieferengpässen für die drei SUV-Varianten GLE, GLS und GLE-Coupe. Während dieses Problem nach einigen Wochen gelöst werden konnte, dürften die drohenden chinesischen Einfuhrzölle für in den USA produzierte Fahrzeuge noch länger das Ergebnis von Daimler nach unten drücken.

Zudem droht weiteres Ungemach. „Wenn sich der weltweite Handelskonflikt intensiviert und die USA wie angedroht auch auf Autos aus europäischer Produktion Importzölle verhängen, wäre Daimler negativ betroffen“, so Diermeier.

BMW prüft Verlagerungen

Allerdings bedroht der von den USA entfachte Handelskonflikt mit China und der EU längst auch das Geschäft anderer Autokonzerne – allen voran BMW. Denn auch in München hadert man seit Monaten mit den Widrigkeiten drohender Handelsbarrieren, gesättigten Märkten und wachsenden Sorgen beim Autoabsatz.

Zwar verkündete Konzernchef Harald Krüger bereits im vergangenen Jahr „die größte Modelloffensive der Firmengeschichte“ mit dem Ziel Mercedes bis 2020 beim Absatz wieder einzuholen. Doch auch mit den neuen Autos ist nach sieben Jahren Dauerboom wenig Begeisterung am Markt zu entfachen.

Die Folge: Nach schwachem Jahresauftakt gingen die Verkäufe im Mai sogar um zwei Prozent zurück. Mit Deutschland und Großbritannien liegen die wichtigsten europäischen Märkte im Minus, im Mai brach dann auch China ein. Die Situation wird in München mittlerweile so schwerwiegend eingestuft, dass Krüger im Vorstand eine „Task Force“ eingerichtet hat.

Angeführt von Finanzvorstand Nicolas Peter suchen die Vertriebsvorstände Peter Schwarzenbauer und Pieter Nota nach Möglichkeiten, Verkäufe und Rendite im Lot zu halten. Ab Juni, so die jüngste Botschaft aus dem „Vierzylinder“ gehe es wieder bergauf.

Die BMW-Manager hoffen, dass die Wende mit einer Produktionserhöhung der bislang gut nachgefragten Geländewagen eintreten wird. So wird der neue X3 nicht mehr nur in den USA, sondern auch in China und Südafrika gebaut. Das Werk in South Carolina soll seine Kapazitäten erhöhen und seine Exporte nach China erhöhen, besonders im Luxusgeschäft.

2019 soll ein neues Werk in Mexiko zusätzlich Limousinen in die USA liefern. Doch Trump und sein drohender Handelskrieg mit China und dem Rest der Welt könnte dem selbsternannten US-Exportmeister BMW nun einen Strich durch die Rechnung machen.

In München werden deshalb schon eifrig Alternativen erwogen. Neben dem X3 prüft BMW nun auch die Produktion des X5 in China. Sollten dann auch noch die Zölle zwischen den USA und der EU anziehen, potenzieren sich die Probleme. Wichtige Komponenten werden in Deutschland gebaut und in die USA verschifft.

Der Motor eines in Deutschland verkauften BMW-Geländewagens hat den Atlantik schon zweimal überquert, bevor das Auto zum ersten Mal ein Nummernschild ziert. Bislang ist dieses Geschäftsmodell erfolgreich. In der Ära Trump könnte es aber bald auf der roten Liste stehen.