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Drohende Eskalation im Erdgasstreit: Griechischer Premier telefoniert mit Merkel

Athen befindet sich im Streit mit Ankara. Foto: dpa

Der Konflikt um Wirtschaftszonen im Mittelmeer erreicht eine neue Dimension. Athen versetzt seine Streitkräfte in Alarmbereitschaft und fordert von der EU Sanktionen gegen Ankara.

Die wachsenden Spannungen zwischen Athen und Ankara beschäftigen die deutsche EU-Präsidentschaft. Wie das Büro von Griechenlands Regierungschef Kyriakos Mitsotakis am Mittwoch mitteilte, habe der Premier mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefoniert.

Zahlreiche Schiffe der türkischen Kriegsmarine bewegen sich seit Dienstag in der Ägäis und im östlichen Mittelmeer südlich der griechischen Inseln Rhodos und Kreta. Auch zahlreiche Schiffe der griechischen Marine sind in der Region unterwegs, wie das griechische Staatsfernsehen berichtete. Mitsotakis habe Merkel die Beweggründe dafür erläutert.

Wie brenzlig das Thema ist, erfuhr Bundesaußenminister Heiko Maas am Dienstag aus nächster Nähe. Während er bei einem Besuch in Athen Anknüpfungspunkte für einen Dialog der beiden verfeindeten Nato-Partner suchte, kündigte die Türkei Erdgasexplorationen vor der griechischen Insel Kastelorizo an – in einem Gebiet, das Griechenland als seine Wirtschaftszone beansprucht.

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Das türkische Forschungsschiff „Oruc Reis“ nahm Kurs auf das umstrittene Seegebiet, eskortiert von türkischen Kriegsschiffen, berichtete das griechische Staatsfernsehen ERT. Griechenland versetzte daraufhin seine Streitkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft.

Der griechische Generalstabschef Konstantinos Floros brach einen offiziellen Besuch in Zypern vorzeitig ab und kehrte nach Athen zurück. Wie das griechische Verteidigungsministerium meldete, überflogen am Dienstagnachmittag zwei F-16-Kampfjets der türkischen Luftstreitkräfte die Insel Kastelorizo.

Nach Informationen aus griechischen Militärkreisen beobachtet man auch erhöhte Aktivitäten auf der türkischen Marinebasis Aksaz bei Marmaris. Etwa 15 Kriegsschiffe seien von dort ins östliche Mittelmeer ausgelaufen.

Unterdessen traf Bundesaußenminister Maas im Außenministerium an der Athener Königin-Sofia-Straße mit seinem griechischen Kollegen Nikos Dendias zusammen. Dendias erklärte nach dem Gespräch, die „illegalen und provozierenden Aktionen der Türkei“ gefährdeten den Frieden und die Stabilität in der Region, den Zusammenhalt der Nato und die Beziehungen der Türkei zur Europäischen Union.

Maas forderte: „Das Völkerrecht muss eingehalten werden.“ Deswegen seien Fortschritte in der EU-Türkei-Beziehung „nur möglich, wenn Ankara Provokationen im östlichen Mittelmeer unterlässt“.

Risiko eines militärischen Konflikts

Am Nachmittag wurde Maas von Premierminister Mitsotakis empfangen. Der griechische Regierungschef sagte: „Die Türkei fügt der Kette ihrer aggressiven Aktionen gegenüber Griechenland und Zypern ein weiteres Glied hinzu.“

Mitsotakis fordert Strafmaßnahmen: „Sanktionen der EU gegen die Türkei sind jetzt der einzige verbliebene Weg.“ Die Türkei habe es selbst in der Hand, welche Art von Beziehungen sie mit Griechenland, mit Zypern und mit Europa haben möchte, sagte Mitsotakis. „Ich denke, jetzt zeigt sich, dass sie einen falschen Weg wählt“, so der Premier.

Maas wollte in Athen ausloten, wie die beiden verfeindeten Nachbarländer wieder miteinander ins Gespräch kommen können und ob Deutschland dabei helfen kann. Mit dieser Agenda hat sich der Bundesaußenminister viel vorgenommen.

Denn kein Konflikt in Europa ist so verwickelt wie die griechisch-türkischen Streitfragen. Und nirgendwo auf dem Kontinent ist das Risiko eines militärischen Konflikts größer als in der Ägäis.

Dort streiten die beiden Nachbarländer um die Grenzen, Hoheitszonen und Kontrollbefugnisse. Gefährlich verschärft haben sich die Spannungen, seit im östlichen Mittelmeer Erdgasvorkommen entdeckt wurden.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan macht Griechenland und Zypern die Wirtschaftszonen streitig, die den beiden EU-Staaten nach der Uno-Seerechtskonvention zustehen. Die EU-Außenminister warnten die Türkei erst kürzlich vor „illegalen“ Erdgaserkundungen im Mittelmeer. Der Außenbeauftragte Josep Borrell bereitet Sanktionen gegen Ankara vor.

Erdogan beeindruckt das nicht, wie nicht nur die Explorationen vor Kastelorizo zeigen. Bereits seit dem vergangenen Samstag sucht das türkische Tiefseebohrschiff „Yavuz“ 90 Kilometer südwestlich von Zypern nach Erdgas – in einem Seegebiet, für das die Regierung in Nikosia bereits Konzessionen an die Energiekonzerne Total und Eni vergeben hat.

Im September soll sich ein EU-Sondergipfel mit dem Thema Türkei befassen. Außenminister Maas hofft, bis dahin die beiden Länder wieder miteinander ins Gespräch zu bringen.

Aber wie undankbar die Rolle des Vermittlers sein kann, erfuhr man in Berlin erst kürzlich: Auf deutsche Initiative trafen sich zwei ranghohe Gesandte aus Griechenland und der Türkei mit Jan Hecker, dem außenpolitischen Berater von Kanzlerin Angela Merkel. Man vereinbarte strikte Vertraulichkeit. Die Begegnung sollte geheim bleiben.

Dennoch plauderte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu das Treffen anderntags aus. Griechische Regierungskreise sehen in der Indiskretion den Versuch der Türkei, den Annäherungsprozess zu torpedieren, noch bevor er überhaupt begonnen hat.

Mit dem Aufkreuzen des türkischen Forschungsschiffs „Oruc Reis“ vor Kastelorizo bekommt der Konflikt eine gefährliche Dimension. Erinnerungen an den griechisch-türkischen Streit um die Imia-Inseln, zwei unbewohnte Felseneilande in der Ägäis, werden wach.

Auf dem Höhepunkt der Krise lagen bei der Inselgruppe am Nachmittag des 30. Januar 1996 fast drei Dutzend türkische und griechische Kriegsschiffe gefechtsbereit einander gegenüber. In nächtlichen Telefonaten mit Athen und Ankara gelang es dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton, den Konflikt in letzter Minute zu entschärfen. Diesmal könnte die deutsche EU-Präsidentschaft als Krisenfeuerwehr gefordert sein.