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Eon will Vorschlag zum Atomausstieg akzeptieren

Finanzierung des Kernkraft-Abschieds - Eon will Vorschlag zum Atomausstieg akzeptieren

Als vor zwei Wochen die von der Bundesregierung eingesetzte Atomkommission ihren Abschlussbericht vorlegte, bekam sie Lob von vielen Seiten. In der Kommission selbst wurde das Konzept, das die Finanzierung des Atomausstiegs regeln soll, auch von den 19 Mitglieder einstimmig verabschiedet – darunter waren Vertreter aus der Politik, der Wirtschaft, von Umweltverbänden und sogar der Kirche.

Nur von einer Fraktion kam eine deutliche Ablehnung. Die ist allerdings entscheidend, weil sie die Kosten tragen soll. Die vier AKW-Betreiber Eon, RWE, EnBW und Vattenfall lehnten das Konzept in einer gemeinsamen Stellungnahme ab. Sie fürchteten um ihre „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“.

Nach Informationen des Handelsblatts bröckelt jetzt aber die Font. Deutschlands größter Energiekonzern Eon ist bereit, den Vorschlag grundsätzlich zu akzeptieren – wenn auch zähneknirschend, wie es in Konzernkreisen hieß.

Die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) will einen Teil des Geldes, das die Konzerne für die Abwicklung der Atomkraft zurückgestellt haben, in einem öffentlich-rechtlichen Fonds sichern. Während die Konzerne für den Rückbau der Reaktoren weiter selbst zuständig bleiben sollen, soll der Fonds die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung der Brennelemente übernehmen. Die Atomkonzerne sollen dafür 23,3 Milliarden Euro in den Fonds einbringen. Das sind sechs Milliarden Euro mehr als die gut 17 Milliarden Euro, die die Unternehmen dafür zurückgestellt haben. Der Risikozuschlag soll etwaige Kostensteigerungen abfangen.

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Eon-Chef Johannes Teyssen deutete auf Anfrage auch schon eine große Kompromissbereitschaft an. „Eon ist – besonders im Sinne eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses zum Ausstieg aus der Kernenergie – an einer baldigen und endgültigen Klärung des Themas in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung auf Basis des Vorschlags der KFK interessiert“, sagte Teyssen dem Handelsblatt. Es gebe dabei zwar „zahlreiche Fragen, die für die notwendigen Vereinbarungen und für das Gesetzgebungsverfahren noch geklärt werden müssen“. Auch müssten die endgültigen Regelungen dem Aufsichtsrat vorgelegt werden. Eon sei aber „bereit, diesen Prozess konstruktiv und offen zu begleiten“. Tatsächlich wird sich der Konzern dem Kompromiss nicht verweigern. „Der Konzern wird die Kröte notfalls schlucken“, hieß es ergänzend in den Konzernkreisen.

Eon bringt damit Rivale in die Bredouille. Beim Konkurrenten ist der Widerstand gegen den Vorschlag besonders groß. Der Konzern fürchtet um eine weitere Absenkung seines Ratings.

Auch Teyssen erklärte, dass der Vorschlag für Eon nur schwer zu verkraften sei. „Die enormen zusätzlichen Belastungen, die der Vorschlag der KFK unter anderem für Eon bedeutet, greifen tief in die finanzielle Grundstruktur unseres Unternehmens ein“, sagte er. „Eon wird deswegen Zukunftsinvestitionen verschieben, zusätzliche Kosteneinsparungen vornehmen und damit die Neuausrichtung verzögern müssen.“




KONTEXT

Wie im Ausland die Atommüll-Kosten gestemmt werden

Frankreich

Das Land hat die meisten Atomkraftwerke in Europa, die alle von der staatlich dominierten EDF betrieben werden. Der Konzern ist gesetzlich verpflichtet, für die Entsorgungskosten in einem zweckgebundenen Fonds zu sparen. Das Geld muss nach festgesetzten Kriterien vorsichtig angelegt werden, was von einer nationalen Kommission überwacht wird. Die Offenlegung geht über normale Auskunftspflichten von Firmen hinaus. EDF darf dabei nur mit einer Verzinsung des Kapitals kalkulieren, die sich an einer Reihe vom Staat vorgegebenen Parametern orientiert. Zuletzt setzte EDF 4,6 Prozent an, wofür der Konzern allerdings eine Ausnahmegenehmigung in Anspruch nehmen musste. Zum Vergleich: Die deutschen Versorger kalkulieren mit einer Verzinsung ihrer Rückstellungen in nahezu der gleichen Höhe.

Finnland

Ein Fonds, der von der Regierung verwaltet wird, soll sowohl die Ausgaben für Abriss der Meiler als auch die langfristige Lagerung des Mülls finanzieren. In den Fonds eingezahlt wird eine Abgabe der AKW-Betreiber, die etwa zehn Prozent der Strom-Produktionskosten beträgt. Die genaue Höhe wird jedes Jahr neu festgelegt. Dazu kann ein Risikoaufschlag von bis zu zehn Prozent der Gesamtsumme verlangt werden, um unerwartete Kostensteigerungen bei der Müll-Entsorgung abzufangen. Das Geld wird nach festgelegten Kriterien überwiegend in Staatsanleihen angelegt. Je nachdem, wie hoch die Rendite des Fonds in einem Jahr ausfällt, werden die Gebühren für den Müll erhöht oder gesenkt. Die Betreiber können sich bis zu 75 Prozent des Geldes aus dem Fonds zurückleihen, allerdings nur mit ausreichenden Sicherheiten. Geht ein Betreiber Pleite, muss der Steuerzahler allerdings für ihn einspringen.

Schweden

Auch hier soll ein unabhängiger Fonds sowohl die Abrisskosten als auch die Mülllagerung finanzieren. Alle drei Jahre legen die Betreiber Kostenschätzungen vor, nach denen sich dann die Einzahlungen in den Fonds richten. Dazu wird für jedes einzelne Kraftwerk eine unterschiedliche Gebühr erhoben. Die Mittel im Fonds bleiben auf die einzelnen Betreiber aufgeteilt, eine Gesamthaftung gibt es nicht. Investieren darf der Fonds nur in risikoarme schwedische Anleihen und Festgeldanlagen. Sollten die Summen nicht ausreichen, müssen die Betreiber nachschießen. Der Staat darf auch einen Risikoaufschlag erheben, um sich gegen Pleitegefahr eines Betreibers abzusichern, hat das aber bislang nicht getan.

Schweiz

Das Land unterscheidet zwischen einem AKW-Stilllegungs- und einem Entsorgungsfonds. Beide Fonds stehen unter staatlicher Kontrolle. Die Verwalter entscheiden über Höhe der Beiträge sowie über die Anlagepolitik. Zuletzt wurde eine Sonderzahlung als Risikoaufschlag beschlossen. Alle fünf Jahre werden die erwarteten Entsorgungskosten neu berechnet und die Jahresbeiträge der Versorger angepasst. Sollten die Fondsanteile eines Versorger für die Altlasten nicht ausreichen und dieser nicht zahlungsfähig sein, müssen andere Betreiber bis zu einer Belastungsgrenze mithaften. Danach muss der Steuerzahler einspringen.