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Endstation Hoffnung

Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz könnten mit ihrem TV-Duell heute Abend Wahlkampfgeschichte schreiben. Warum die Königsdisziplin des Wahlkampfs die letzte Hoffnung für die Genossen ist.

Dieses Umfrageergebnis kommt wie bestellt: Im Emnid-Sonntagstrend der „Bild am Sonntag“ kann die SPD leicht zulegen. Im Vergleich zur Vorwoche haben die Genossen um einen Prozentpunkt auf 24 Prozent leicht gewonnen. In einem Wahlkampf, der für die Sozialdemokraten bislang äußerst ungünstig verlaufen ist, wird dieser Mini-Anstieg in der Wählergunst um einen Prozentpunkt schon als Hoffnungsschimmer gewertet. Könnte das gar die Startrampe für eine fulminante Aufholjagd von Martin Schulz werden?

In der SPD gibt man sich betont optimistisch. Es sei noch alles möglich, der Wahlkampf entscheide sich erst auf den letzten Metern, heißt es im Willy-Brandt-Haus. „Wir konzentrieren uns auf die Aufholjagd und da spielt das Duell am Sonntag eine große Rolle“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Er glaube, dass der Sonntag für viele der Tag der Entscheidung sei. Schließlich seien nach jetzigem Stand 40 Prozent der Menschen unentschlossen, für wen sie bei der Bundestagswahl am 24. September abstimmen wollen. „Wir werden die Wahl gemeinsam gewinnen, das ist doch klar“, sagte Oppermann.

Eine Forsa-Umfrage für den „Stern“ belegt, dass das TV-Duell heute noch deutliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben kann. 48 Prozent der 61,5 Millionen Wahlberechtigten wollen der Umfrage zufolge den Schlagabtausch zwischen Merkel und Schulz am Fernseher verfolgen. Mehr öffentliche Aufmerksamkeit ist kaum möglich. Noch wichtiger aber ist: 22 Prozent der Befragten geben an, der Ausgang des Duells könne ihr Votum bei der Wahl beeinflussen.

Für die Genossen könnte das die große und auch letzte Chance sein: Wenn ihr Kanzlerkandidat am Sonntagabend eine gute Figur abgibt, könnte sich das in steigender Wählerzustimmung niederschlagen. Im Idealfall ließe sich sogar die Stimmung noch drehen.

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Beispiele aus der Vergangenheit zeigen, dass das TV-Duell viel bewirken kann. Wobei die Kanzlerkandidaten der Genossen seit 2005 trotz der Zugewinne durch das TV-Duell letztlich Angela Merkel am Wahltag nie überflügeln konnten. Trotzdem keimt in der SPD-Zentrale die Hoffnung, dass der aus Sicht der Genossen bislang trostlose Verlauf des Wahlkampfs noch eine überraschende Wendung nehmen könnte. Das Duell biete die Chance für Martin Schulz, Merkel zu stellen, die sonst jeder Auseinandersetzung aus dem Weg gehe, heißt es aus dem Umfeld von Schulz.

Kajo Wasserhövel, SPD-Wahlkampfmanager der Jahre 2005 und 2009, empfiehlt Schulz, nicht zu zimperlich zu sein: „Merkel persönlich anzugehen ist kein Fehler. Sie vermeidet jede Debatte, das kann dann auch aufgezeigt werden. Wahlkampf ist Auseinandersetzung, auch über politischen Stil“, sagte er dem Handelsblatt.

Bei welchen Themen der SPD-Kanzlerkandidat die Kanzlerin attackieren will, bleibt noch unklar. Die Genossen wollen das Waffenarsenal, mit dem sie Schulz in den Kampf gegen Merkel schicken, nicht zeigen. Man habe ja bereits für viele Themenfelder im Wahlkampf inhaltlich starke Vorschläge gemacht, heißt es. Schulz sei somit gut gerüstet.


„Schulz ist oft zu authentisch. Man spürt, dass er sich abrackert“

Bei den vier Fernsehsendern, die das Duell heute zur besten Sendezeit ausstrahlen, hieß es am Freitag, vier Themenblöcke seien festgelegt: Migration, Außenpolitik, soziale Gerechtigkeit und innere Sicherheit. Es gilt allerdings als unstrittig, dass noch weitere Aspekte auf die Tagesordnung gehoben werden, etwa die Themen Bildung und wahrscheinlich auch die VW-Abgasaffäre.

Gleichzeitig wissen die Kandidaten: Es kommt weniger darauf an, was man sagt, als darauf, wie man es sagt. Laut einer 40 Jahre alten US-Studie hängt die Vermittlung einer Botschaft nur zu sieben Prozent vom Inhalt ab, während es zu 38 Prozent auf Stimme, Tonfall, Betonung und Artikulation ankommt. 55 Prozent werden über Gestik und Mimik transportiert.

Wer also will, dass seine Botschaften verfangen, muss sie entsprechend vortragen. In dieser Hinsicht ist Schulz gegenüber Merkel durchaus im Vorteil. Er agiert lebhafter und kann anschaulich formulieren. „Das Format des TV-Duells ist ebenso wie Spontaneität und Eloquenz nicht gerade Merkels Stärke. Sie wirkt eher etwas spröde. Davon könnte Schulz profitieren“, sagt Forsa-Chef Manfred Güllner.

In den Augen von Stefan Wachtel, der Politiker und Manager für öffentliche Auftritte coacht, fällt das Urteil nicht so eindeutig aus: „Schulz ist oft zu authentisch. Man spürt, dass er sich abrackert. Das nimmt ihm jeden Glanz.“

Wachtel empfiehlt dem SPD-Kanzlerkandidaten, „Attacke zu üben, ohne allzu humorlos zu wirken wie in den vergangenen Wochen“. Die Kanzlerin dagegen hat es aus seiner Sicht vergleichsweise leicht. „Sie muss ruhig und besonnen sagen, wie wunderbar alles ist, ohne dass es zu platt wirkt“, sagt Wachtel.

Erfahrungen mit TV-Duellen haben sowohl Merkel als auch Schulz. Schulz lieferte sich 2014 im Europawahlkampf ein Duell mit Jean-Claude Juncker, das aber kaum mit einem Duell bei einer Bundestagswahl vergleichbar ist. Merkel dagegen kann inzwischen auf drei TV-Duelle mit drei verschiedenen SPD-Kanzlerkandidaten zurückblicken. Und in keinem unterlief ihr ein entscheidender Patzer.