Einmal Runter-Rauf und wieder ab zur Fed: Fünf Themen des Tages
(Bloomberg) -- Jan-Patrick Barnert über billige Versicherung. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages und erhalten Sie sonntags das Hauptstadtgeflüster direkt in Ihre Mailbox.
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Nur ein kurzer Blip
Käufer des jüngsten Kursrückgangs erscheinen trotz des bevorstehenden FOMC-Protokolls und des Jackson Hole-Symposiums mehr als robust. Mit schlagartig erneut niedriger Volatilität ergeben sich trotzdem günstige Absicherungsmöglichkeiten, für jene die etwas mehr Obacht bevorzugen.
Auch nach dem Ausverkauf im August scheint der Appetit auf Aktien ungebrochen. Der DAX stieg zwischendurch 10 Tage in Folge, die längste Gewinnserie in fast einer Dekade. Die Erwartungen an eine sanfte makroökonomische Landung sind weiterhin vorhanden und die Überzeugung wächst, dass die Fed von nun an einen gemäßigten Kurs einschlagen wird. Folglich steigen die Positionierungen auf breiter Front.
Das Land der Aktienoptionen zeigt keine Anzeichen von Besorgnis seitens der Volatilitätsverkäufer. „Der Aktienvolatilitäts-Smash ist zurück“, bemerkt der Cross-Asset-Stratege von Nomura Charlie McElligott. Der kurzfristige Volatilitätsanstieg Anfang des Monates war schneller Geschichte denn je und gilt als echter Beweis für die ungebrochene Macht der Volatilitätsverkäufer.
Der angenehme Nebeneffekt für alle anderen besteht darin, dass durch sinkende Volatilität nicht nur die Kosten für Aktienabsicherung nach unten künstlich niedrig bleiben. Auch die Verändere Positionierung der Optionsbücher der großen Market Maker, sogenanntes Long-Gamma, hat einen stabilisierenden Effekt auf die Märkte.
„Angesichts der Risiken und Unsicherheiten sowie der raschen Erholung der Aktienvolatilität auf relativ niedrige Niveaus ist es in einer saisonal schwierigen Zeit ratsam, sich gegen die Abwärtsrisiken abzusichern“, empfehlen die Derivatestrategen von Bank of America.
Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Alexander Kell, Celine Imensek, Rainer Bürgin und Annika Reichelt: Goldene Aussichten, grünes Geld, Energieriesen ziehen Stecker, Hürden für EZB, und Drohnenangriff auf Moskau.
Goldene Aussichten
Der Goldpreis hat in dieser Woche die Marke von 2.500 Dollar je Unze überwunden und ist mehrmals auf neue Rekordwerte geklettert. Schub brachte die Erwartung, dass US-Notenbankchef Jerome Powell beim jährlichen Fed-Symposium in Jackson Hole eine deutliche Lockerung der amerikanischen Geldpolitik signalisieren könnte. Heute kostet die Unze 2.508 Dollar oder rund 2.255 Euro beim Krügerrand-Händler um die Ecke. Angesichts der Anzeichen für Konjunkturprobleme in der weltgrößten Volkswirtschafts scheint das Umfeld für Bullion-Investments günstig. Wayne Gordon von UBS Global Wealth Management sieht den Preis des gelben Edelmetalls bis Mitte nächsten Jahres in Richtung $2.700 Dollar anziehen. Günstig scheint die Marktlage derzeit auch für Digital-Gold: Das Krypto-Analysehaus K33 Research konstatiert am Markt für ewige Bitcoin-Futures Anzeichen überbordender Abwärtswetten. Schlägt — zum Beispiel wegen der Fed — die Stimmung in Bezug auf die weltgrößte Digitalmünze um, könnte es zu einem Short Squeeze kommen, der die Bitcoin-Skeptiker zur eiligen Eindeckung ihrer Abwärtswetten zwingt. Derzeit liegt die BTC-Notierung bei rund 59.550 Dollar und damit etwa 14.250 Dollar unter dem Preis vom Allzeithoch aus dem März. Bei einem Short Squeeze könnte sich dies schnell ändern.
Grünes Geld
Hedgefonds-Veteran Kyle Bass, der 2008 mit Wetten gegen die Subprime-Blase bekannt wurde, verwendet in diesen Tagen einen Großteil seiner Zeit in einem sehr speziellen Segment des Immobilienmarktes. In den letzten drei Jahren hat der Amerikaner Land aufgekauft, das ökologisch fragile Lebensräume mit Monarch-Schmetterlingen oder seltenen Fledermaus-Populationen beheimatet. Sein Private-Equity-Haus Conservation Equity Management hat dafür mehr als 125 Millionen Dollar bereitgestellt. Ziel sind Renditen im „mittleren bis hohen zweistelligen Bereich”, sowohl auf Basis steigender Bewertungen von Grund und Boden als auch durch Einnahmen aus dem Verkauf von Umweltzertifikaten. Das Konzept: Auf denm erworbenen Arealen werden mit Hilfe von Experten die Lebensbedingungen für bedrohte Arten verbessert. Unternehmen können dann damit verbundene Zertifikate kaufen, um negative Auswirkungen eigener Wirtschaftsprojekte auszugleichen. “Wir werden dabei ein nettes Sümmchen Geld verdienen”, sagte Bass im Bloomberg-Interview. “In den nächsten zehn Jahren werden auf diesen Märkten Dutzende von Milliarden Dollar ausgegeben werden.”
Energieriesen ziehen Stecker
Die Unfähigkeit der Ampel, bei knappen Kassen — trotz Rekordeinnahmen — Prioritäten im Bundeshaushalt zu setzen, zieht weite Kreise. Eigentlich wollte die Bundesregierung die deutsche Tochter des Stromnetzbetreibers Tennet übernehmen. Dass für dieses Vorhaben kein Geld da ist, hatte man bereits im Juni festgestellt und obwohl eine Minderheitsbeteiligung immer noch im Spiel ist, hat der gescheiterte Deal nun weiterreichende Folgen in der Privatwirtschaft. Informierten Kreisen zufolge haben die beiden Energieriesen EnBW und RWE die geplanten Verkäufe ihrer Anteile an deutschen Netzbetreibern auf Eis gelegt. Zunächst erwartet man mehr Klarheit aus Berlin, wie denn nun der Plan zur Klimaneutralität bis 2045 umgesetzt werden soll. Eigentlich wollte man dafür die vier Hochspannungsnetze in Deutschland zusammenlegen und Stromautobahnen bauen, um den Windstrom aus dem Norden in die Industriezentren im Süden zu transportieren. Wie das ohne die Tennet-Übernahme klappen soll, bleibt zunächst fraglich. Dabei ist der Bedarf akut: Die bestehende Infrastruktur ist veraltet und kann den steigenden Strombedarf, der mit der geplanten Dekarbonisierung der Wirtschaft einhergeht, nicht bewältigen.
Hürden für EZB
Der kräftige Lohnanstieg in Deutschland ist nach Einschätzung der Bundesbank ungebrochen und dürfte die Inflation hoch halten. Für die EZB, die darum kämpft, die Teuerung wieder auf ihr Ziel von 2% zurückzubringen, sind das schlechte Nachrichten. Die Tariflöhne seien im Frühjahr um 4,2% gestiegen, die Forderungen der Gewerkschaften nach wie vor hoch, teilte die Bundesbank gestern in ihrem Monatsbericht mit. “Die bis zuletzt hohe Streikbereitschaft und die immer noch verbreitete Arbeitskräfteknappheit sprechen für auch künftig vergleichsweise hohe Lohnanhebungen.” Morgen stehen Lohndaten aus der Eurozone an, die in die Entscheidung über eine mögliche Zinssenkung im September mit einfließen werden. Bereits die vor sich hindümpelnde Produktivität in der Eurozone im zweiten Quartal war ein Dämpfer für Zinssenkungsphantasien. Entlastung kommt unterdessen vom Arbeitsmarkt, zumindest kurzfristig. Im Mai bekamen 33,8% der Firmen zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte, nach 34,9% im April, wie aus der jüngsten Ifo-Konjunkturumfrage hervorgeht. “Aufgrund des demografischen Wandels wird das Problem aber dauerhaft sein und sich wieder verschärfen”, so Ifo-Ökonom Klaus Wohlrabe.
Drohnenangriff auf Moskau
Während die ukrainischen Truppen dabei sind, ihre Geländegewinne in der Nähe der russischen Großstadt Kursk zu verteidigen, hat Kiew der russischen Hauptstadt einen der größten Luftangriffe seit Beginn des Krieges beschert. Nach Angaben des Moskauer Bürgermeisters Sergej Sobjanin wurden zehn Drohnen im Anflug abgeschossen. In ganz Russland seien es 45 gewesen, hieß es vom Verteidigungsministerium in Moskau. Am Gasoptionsmarkt scheinen die Zeichen indessen erst einmal auf Entspannung zu stehen. Die Notierungen signalisieren zunehmende Zuversicht, dass Europa auch in diesem Winter ausreichend versorgt sein wird. Nach dem Vordringen Kiews auf russisches Territorium hatten sich Händler eilig bemüht, sich gegen Preisspitzen abzusichern. Von den Kämpfen betroffen ist auch eine Verdichterstation bei Sudscha, über die Gas in den Westen fließt. Nach Angaben des Pentagon verfügen derzeit weder die Ukraine noch Russland über die militärischen Mittel, um größere Offensiven gegeneinander zu starten.
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