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Wie ich einmal ein Elektroauto kaufen wollte

Ich bin in Deutschland ein Exot, denn ich wäre gerne Elektroautofahrer. Seit ich mal testweise am Steuer des Model S saß, warte ich auf ein bezahlbares Elektroauto. Ich hätte mich sogar in die langen Schlangen vor dem Tesla-Store eingereiht, und hätte ein Model 3 bestellt, wäre da nicht diese lange Wartezeit. Mindestens zwei Jahre müssen Käufer auf das Mittelklassemodell der Kalifornier warten. Das dauert mir zu lange. Ich will schneller elektrisch fahren.

In Deutschland sollte das kein Problem sein. Der Staat gibt bis zu 4000 Euro Kaufprämie für Elektroautos. Und immerhin, so wirbt der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA), stehe „den Kunden in keinem anderen Land eine solche segmentübergreifende Vielfalt der Elektrofahrzeuge zur Auswahl“. Ganze 29 verschiedene Elektromodelle könne die deutsche Autoindustrie heute schon anbieten. Eines davon will ich mir ansehen, an einem ganz gewöhnlichen Samstag in einer ganz gewöhnlichen deutschen Großstadt. Wir wollen unser Elektroauto in Krefeld kaufen, einer Stadt mit immerhin 200.000 Einwohnern. Keine Metropole, aber auch nicht Provinz.

Die erste Station: Der größte VW-Händler der Stadt. Immerhin hat Konzernchef Matthias Müller versprochen, das Elektroauto zum neuen Markenzeichen des Konzerns zu machen. Hier sollten wir fündig werden.

Schon auf den Parkplatz muss ich mich vorkämpfen. Denn ganz so gewöhnlich wie erhofft ist dieser Samstag nicht. Der Händler hat zum „Volkswagen-Fest“ geladen – und viele, viele sind gekommen. Es gibt Freibier und Waffeln. Die Parkplatzsuche ist schwierig. Ich entdecke einen freien Stellplatz. Doch zwei Einweiser passen auf: „Nur für Elektrofahrzeuge“. Auf dem Stellplatz daneben steht bereits ein Elektro-Golf, breitflächig bedruckt mit der Werbung des Autohauses („Ich stehe unter Strom“). Wie gerne würde ich jetzt auch schon zu diesen privilegierten Elektroauto-Fahrern gehören.

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Denn die Parkplatzsuche erweist sich als schwieriger als zunächst angenommen. Nach 15 Minuten gebe ich auf. Zum Glück gibt es einen weiteren -Händler in der Stadt. Wir kommen später wieder.

Beim nächsten VW-Händler finde ich sofort einen Parkplatz, obwohl auch hier „Volkswagen-Fest“ gefeiert wird. Im Verkaufsraum stehen die Kunden in einer langen Schlange an. Allerdings nicht, um ein Auto vorzubestellen: am Ende der Schlange gibt es Gratis-Pasta.

Ich schaue mich suchend um. An einer Ecke des Autohauses wirbt VW in hellblau: „Die Zukunft gewinnt an Fahrt“. Wo wohl normalerweise ein Elektroauto steht, wird heute der Tiguan beworben, ein SUV. Zum Volkswagen-Fest wird er zum Sonderpreis verkauft – und ist damit etwa 10.000 Euro günstiger als der Elektro-Golf.

Die Suche nach einem Elektroauto entpuppt sich als schwierig. Das „Volkswagen-Fest“ fühlt sich an wie eine Party, auf die man nicht eingeladen wurde. Die Verkäufer begrüßen ihre Stammkunden („Grüß dich, Jupp“) oder stehen in kleinen Grüppchen zusammen, flachsen, trinken Cola aus Plastikbechern. Ich spreche einen Verkäufer an. Könnte ich mir den Elektro-Golf mal ansehen? „Leider nicht“, sagt er. Man habe einen zugelassen, aber der sei heute auf einer anderen Veranstaltung. „Kommen Sie doch nächste Woche wieder.“

Auf einem Stehtisch finde ich eine Pappbrille: „Jetzt Volkswagen in Virtual Reality erleben“. Na immerhin kann man damit einen kurzen Blick auf den Elektro-Golf werfen. Auf dem Weg nach draußen fülle ich noch eine Karte für ein Gewinnspiel aus. Mit etwas Glück gewinne ich einen Tiguan.


BMW: „Hilf mir mal, Silvia“

Als nächstes fahre ich zu BMW. Immerhin gelten die Münchener mit ihren i-Modellen als Vorreiter der elektrischen Mobilität. Für Konzernchef Harald Krüger entscheidet sich am Elektroauto sogar „die Zukunft des Standorts Deutschland“. Schon beim Frühstück hatte mich schon ein Werbespot im Radio neugierig gemacht. „BMW feiert die Zukunft“, hieß es dort. „Erleben Sie unsere neuen Plug-in-Hybridmodelle“. So werden Autos genannt, die sowohl Verbrenner als auch Elektromotor an Bord haben. Wenn man sie regelmäßig an einer Steckdose lädt, kann man damit kurze Strecken rein elektrisch fahren.

Tatsächlich wird beim -Händler gefeiert. Es gibt ein paar Häppchen und Kaffee. Ich werde – anders als bei VW – freundlich begrüßt und schaue mich im Autohaus um. Ein BMW X6 steht dort. Ein Riesen-SUV, das in dieser Ausstattung mehr als 100.000 Euro kosten soll. Daneben ein M2, eine Rennmaschine mit 370 PS. Ein Verkäufer (schicker Anzug, Krawatte) kommt vorbei. Wir fragen ihn, wo wir uns die neuen Plug-in-Hybridmodelle ansehen können. Er macht uns wenig Hoffnung. „Die hätten wir sehr gerne hier gehabt, aber die werden erst ausgeliefert“. Wann kann man sich die ansehen? „In den nächsten Wochen“, verspricht er. „Aber im Grunde sehen die genauso aus wie die normalen Modelle.“

Er sieht, dass mich die Antwort nicht glücklich macht. Ich frage nach dem i3, dem kompakten Elektroauto von BMW. „Haben wir nicht. Wir sind ja kein BMW-i Händler“, sagt er. Den nächsten gebe es in Düsseldorf. Hat er die Adresse für mich? Der Verkäufer blickt sich etwas verzweifelt um. „Hilf mir mal Silvia“. Doch Silvia weiß es auch nicht. Dann sucht er uns zwei Prospekte raus – einen zum 3er und einen zum 2er Active Tourer. Es sind die Verkaufsbroschüren für ganz normale Verbrenner. „Da finden Sie aber auch die Plug-in-Modelle drin.“

Eine freundliche Verkäuferin fragt, ob wir ein Erinnerungsfoto machen wollen. Wir werden – zumindest virtuell – neben den „BMW Vision Next 100“ gestellt. Bitte lächeln, bitte Ihre E-Mail-Adresse. Meine Frau bekommt eine rosa Blume geschenkt, ich ein Poster des futuristischen Sportwagens. „Ich habe heute mit BMW faszinierende Visionen erlebt“ wird hinterher unter dem Erinnerungsfoto stehen. Ein echtes Elektroauto habe ich dabei leider nicht gesehen.

Unsere nächste Station ist der örtliche Renault-Händler. Die Franzosen rühmen sich, die meisten Elektroautos in Deutschland zu verkaufen. Hier sollte ich doch das erste Elektroauto auf unserer Tour finden. Ich erreiche das Autohaus zwanzig Minuten vor Ladenschluss. Zwei Verkäufer unterhalten sich in einem Büro mit Glastür. Sie sehen mich kommen, reagieren aber zunächst nicht.

Schließlich kommt einer der beiden zu mir, ein mittelalter Mann mit einem etwas zu großen blauen Anzug. Ein Elektroauto könne er mir leider nicht zeigen, sagt er. Aber mit dem Zoe habe man ein sehr günstiges im Angebot. Das sei etwa so groß wie der Clio. Er geht mit mir in einen Nebenraum und reicht mir zwei Prospekte. Neu würde der – je nach Ausstattung zwischen 21.500 und 23.300 Euro kosten. Aber davon könne ich eine Prämie von 5000 Euro abziehen. „Wir zahlen da noch 1000 Euro mehr als die anderen“, sagt er. Dazu komme eine Batteriemiete, die von der Kilometerzahl abhänge und bei 50 Euro im Monat losgehe.

Das erste Mal an diesem Samstag führe ich sowas wie ein Verkaufsgespräch. Der Verkäufer erklärt die Vorteile des Autos: „Das ist vollvernetzt, da können Sie die Heizung mit dem Handy anschalten.“ „Könnte ich mal eine Probefahrt machen?“, frage ich. „Schwierig“, sagt der Verkäufer. Aber er gibt mir einen Tipp: die örtlichen Stadtwerke hätten den Zoe in der Carsharing-Flotte. Da könne ich das Auto schneller testen. Ich bedanke mich und gehe nach gegenüber – zu Nissan.


„Bitte nicht mehr anstellen“

Immerhin haben die Japaner mit dem Leaf das laut Eigenwerbung „meistverkaufte Elektroauto der Welt“ im Angebot. Das Nissan-Autohaus ist kurz vor Ladenschluss fast leer. Ein einziger junger Verkäufer in Pullover und Jeans berät ein junges Paar. Autokauf-Wortfetzen dringen an mein Ohr, während ich in den Prospekten für den Leaf blättere. „Habe mich sofort in das Auto verliebt“, „Das Auto ist so gut, das kriegen Sie noch nicht gebraucht“. Es dauert rund 25 Minuten bis ich dran bin. Der Verkäufer hätte jetzt eigentlich schon längst Feierabend, bleibt aber freundlich.

Ein Elektroauto hätte er da. Er holt den Schlüssel. Wir sehen tatsächlich das erste Elektroauto von innen. Schön ist es leider nicht. Der Leaf ist in seiner Basisausstattung ein ziemlicher Plastik-Bomber. Wie teuer wäre der jetzt? „Hängt davon ab, ob man die Batterie kauft oder mietet“, sagt der Verkäufer. Mit gemieteter Batterie gibt es den Leaf ab etwa 23.000 Euro, mit Batteriekauf ab etwa 30.000 Euro.

„Schon komisch“, sagt der Verkäufer. Die Anfragen für Elektroautos seien in den vergangenen Wochen „um 200 Prozent gestiegen“. Er fragt, wofür wir das Auto brauchen. Erklärt, welche Batterie er empfehlen würde. „Wollen wir ganz ehrlich sein, für Langstrecken über die Autobahn ist der nichts“. Dann sagt er uns, wen ich kontaktieren sollte, um eine Ladestation in der Garage einzurichten. „Bestellt da nicht irgendwas, lasst erst einen Elektriker prüfen, ob ihr technisch die Voraussetzungen habt“. Ich fühle mich ehrlich beraten. Der Verkäufer gibt mir seine Karte. „Meldet Euch gerne, wenn Ihr noch Fragen habt“. Dann macht er Feierabend.

Ich fahre zurück zum Marktführer. Dorthin, wo meine Reise begonnen hat. Das Volkswagen-Fest neigt sich langsam dem Ende zu. An der Waffel-Bude hängen bereits Schilder „Bitte nicht mehr anstellen“. Jetzt finde ich einen Parkplatz.

Zwischen hunderten -Modellen suche ich einen Verkäufer und werde tatsächlich fündig. Ich frage, ob man sich den Elektro-Golf mal ansehen könne, der hinten auf dem Parkplatz steht. „Da müssen Sie mal in der Neuwagen-Abteilung nachfragen“, sagt der Verkäufer. „Ich bin Gebrauchtwagen“.

Ich laufe zurück über den Hof. Wenige Schritte vom Glücksrad entfernt, finde ich einen graumelierten Verkäufer in braunem Anzug hinter einem Schreibtisch. Sein Blick sagt „Bitte nicht mehr anstellen“. Ich frage trotzdem, ob er mir ein paar Informationen zum Elektro-Golf geben kann. „Okay, was wollen Sie da wissen?“. Ich frage ihn, was das Auto kosten würde, wie weit es kommt, und wie es mit der staatlichen Kaufprämie aussieht. Der Verkäufer atmet schwer, dann schaut er in seinen Computer.

„Sie können mit 3000 Euro Prämie rechnen, wenn das durch den Bundestag geht“, sagt er. 3000 Euro? Sollte es nicht 4000 Euro geben? „Doch hier: für den Golf GTE gibt es 3000 Euro“. GTE? Der Verkäufer will mir offenbar kein Elektroauto, sondern einen Plug-in-Hybrid verkaufen. Ich stelle mich ahnungslos: „Haben Sie denn einen reinen Elektrogolf, den Sie mir mal zeigen könnten?“, frage ich. Und die Antwort des Verkäufers ist tatsächlich „Nein.“


„Kann ich sonst noch was für Sie tun, junger Mann?“

Am allgemeinen Informationsstand mitten im Autohaus finden wir keinen Prospekt zum GTE. Der Verkäufer will „hinten nachsehen“. Ich warte zehn Minuten an seinem Schreibtisch. Währenddessen sehe ich durchs Fenster, wie der Elektro-Golf mit dem Werbeslogan des Autohauses auf der Motorhaube vorbeifährt.

Der Verkäufer kommt wieder. Einen Golf-GTE-Prospekt hat er nicht gefunden, nur eine Preisliste. 37.000 Euro soll er kosten – etwa 7000 Euro mehr als ein Golf GTI. Außerdem hat der Verkäufer herausgefunden, dass es doch einen Elektro-Golf gibt. Der sei aber auf die Gebrauchtwagen-Abteilung zugelassen. Ein Kollege sei gerade damit unterwegs. „Kommen Sie doch nächste Woche nochmal vorbei“.

Dann überreicht er mir einen Prospekt für den ganz normalen Golf. „Damit Sie schon mal die Maße sehen“. Ich schaue verwirrt. Den normalen Golf könnte ich mir in vielfacher Ausführung auf dem Hof anschauen. „Kann ich sonst noch was für Sie tun, junger Mann?“. Nein danke, für heute reicht es.