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„Eigentlich betrügt man sich selbst“: Das taugt der Champagner vom Discounter

Jedes Jahr vor Weihnachten bringen Aldi & Co die großen Namen ins Regal. So gibt es auch dieser Tage Champagner zu einem verdächtig niedrigen Preis. Was hinter dem Aldi-Schampus steckt.

Um die Faszination von Champagner zu verstehen, muss man in die Keller im Nordosten Frankreichs hinabsteigen. Hier, in der streng abgegrenzten Champagner-Region, lagern Millionen von Flaschen. Mindestens 15 Monate müssen sie reifen, um anschließend als Champagner verkauft werden zu dürfen.

Der Reiz des prickelnden Getränks ist ungebrochen. Insgesamt 55 Millionen Flaschen wurden im vergangenen Jahr hervorgeholt und verkauft. Das meiste davon wird in Frankreich selbst getrunken, doch Deutschland ist nach Großbritannien der zweitwichtigste Auslandsmarkt: Zwölf Millionen Flaschen gehen jedes Jahr nach Deutschland. Champagner gilt als begehrtes Statusobjekt. Gerade die Namen der großen Häuser lassen die Ohren der Fans von Luxus und Glamour klingeln: Moët & Chandon, Pommery, Bollinger oder der bekannte Veuve Cliquot.

So erscheint der Name „Veuve Monsigny“ wie eine Anlehnung an den berühmten Markenchampagner. Allerdings steht Veuve Monsigny in einem Umfeld, das das Gegenteil von Dekadenz und teurer Produkte ist. Denn Veuve Monsigny ist der Name des Aldi-Champagners.

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Eine Flasche kostet 9,99 Euro. Das liegt deutlich unter dem Durchschnittspreis des prickelnden Getränks. Normalerweise muss man zwischen 25 und 50 Euro investieren, um eine Flasche Champagner zu bekommen. Aldi ist nicht der einzige Discounter, der das weltberühmte Edelgetränk ins Sortiment geholt hat. Lidl bietet seinen Hauschampagner Comte de Brismand für 12,99 Euro an, bei Penny heißt der Champagner zum gleichen Preis Comtesse Marie Louise.

Und so sitzen viele Weinfans ratlos vor den Prospekten der Discounter. Dass es den eigentlich so hochwertigen, teuren Wein für ein Viertel der üblichen Preise gibt, scheint vielen verdächtig. Andere wiederum fürchten, der durchschnittliche Champagnerpreis sei überzogen.

„Champagner für unter zehn Euro ist ein absoluter Kampfpreis. Da verdient weder Aldi noch der Lieferant etwas. Das dient vor allem dazu, die Kunden in den Laden zu locken“, sagt Hermann Pilz. Er leitet das Fachmagazin „Weinwirtschaft“, das sich mit wirtschaftlichen Zusammenhängen in der Weinbranche beschäftigt. „Das ist der unterste Preis, der möglich ist, und dürfte in der Nähe des Einkaufspreises liegen“, sagt der Experte.

Aldi selbst hingegen bezeichnet es so: „Aufgrund unserer effizienten Strukturen, langjähriger Partner und der größeren Abverkaufsmengen können wir Produkte oft günstig anbieten“, sagt eine Unternehmenssprecherin.

Gleichzeitig gibt der Tiefstpreis durchaus Hinweise auf die Qualität. Denn wer Champagner herstellt, hat hohe Kosten. Allein die Trauben aus der Champagne kosten zwischen fünf und sieben Euro pro Kilo – und man braucht mindestens eines davon, um eine Flasche zu füllen. Die Handlese ist vorgeschrieben, was hohe Personalkosten verursacht. Und nicht zuletzt sorgt die ebenfalls vorgeschriebene lange Reifezeit für Kapitalbindung.

Doch nicht alles, was unter diesen Bedingungen in der Champagne erzeugt wird, ist edler Hochgenuss. Immer wieder gibt es Weine, die qualitativ nicht einwandfrei sind. Solche Weine werden zwischen den großen Kellereien hin- und hergehandelt – Fachleute bezeichnen diese Chargen salopp als vagabundierende Partien.

„Der Discount-Champagner kommt aus Chargen des untersten Qualitätsniveaus. Anders lässt sich solch ein Preis nicht realisieren“, sagt Pilz. So kommen die Billig-Champagner zwar aus der Champagne-Region und erfüllen die Vorschriften. „Doch das Geschmacks- und Qualitätsniveau ist an der unteren Grenze des Akzeptablen“, so Pilz.

Für die Discounter gehören die Champagner-Marken indes zu ihrer Aufrüstungsoffensive am Weinregal. In den vergangenen Jahren haben die Unternehmen ihre Angebote im Feld der renommierten Weinnamen erweitert. So gehört nicht nur Champagner zum Festtagssortiment. Auch Barolo, Brunello oder Amarone sollen für Glamour sorgen.

Mit solchen Schaufenster-Weinen polieren die Discounter ihr Image auf und locken neue Zielgruppen in ihre Filialen. Das Geld verdienen sie dann an anderer Stelle: mit günstigen Massenweinen. Denn Aldi & Co sind schon lange die größten Weinhändler Deutschlands geworden. 50 Prozent aller Weine in Deutschland werden laut Gesellschaft für Konsumforschung im Discounter gekauft. Und der Durchschnittspreis für eine Flasche Wein liegt bei den Super- und Discountmärkten bei gerade einmal 2,20 Euro.

Wie die Qualität in diesem Preissegment schmeckt, wird zweimal im Jahr in Neustadt an der Weinstraße getestet. In einem alten Druckerei-Gebäude sitzt der Meininger Verlag, der sich auf Getränke und insbesondere Weinzeitschriften spezialisiert hat. Im Juli und Dezember kommen 120 Verkosterinnen und Verkoster zusammen, um das komplette Weinsortiment der Discounter durchzuprobieren.

Die Tester kaufen alles, was sie an Wein in den Discountern finden können und stecken die Flaschen in Manschetten, damit sie nicht mehr erkennbar sind. Dann probieren sie durch: rund 1200 Weine aus dem Niedrigpreissegment, inklusive Billig-Champagner. Auch Hermann Pilz gehört zum Tester-Team. „Die Champagnermarken aus dem Discount schmecken oft brausig und erscheinen sehr süß. Wir bewerten sie meist mit einem schwachen zufriedenstellend“, sagt Pilz.

Dabei liegt die eigentliche Faszination von Champagner im Gegenteil davon. Gerhild Burkhard ist Sommelière und organisiert seit drei Jahren das Sparkling Festival, eine Messe für Schaumweine aus dem Premiumbereich. Auch zahlreiche Champagnerhäuser stellen hier ihre Kollektionen aus, um zu zeigen, was den Reiz des edlen Getränks ausmacht.

„Einen guten Champagner erkenne ich daran, dass seine Fruchtaromen ganz zart und unaufdringlich sind. Zudem strahlt er diesen Duft von Hefe und Brioche aus und die Kohlensäure wirkt nicht aggressiv“, sagt die Fachfrau. Ein solch weiches Mundgefühl erreicht man jedoch nur mit langer Reifezeit – und die haben die Discountchampagner nicht.

„Der Trend vieler Häuser geht dahin, ihre Schaumweine immer länger reifen zu lassen“, sagt Burkard. Damit wollen sich die klassischen Champagnerhäuser von den Billigangeboten abgrenzen und behaupten. „Wir beobachten im Premiumbereich aktuell eine Entwicklung weg von der Süße: Die Komplexität von Champagner darf nicht durch Zucker verfälscht werden“, sagt Burkhard. Also das Gegenteil von dem Geschmack des Aldi-Champagners.

„Niemand kann erwarten, dass er viel Qualität bekommt, wenn er wenig zahlt. Man kauft nur den Namen. Eigentlich betrügt man sich selbst“, sagt Marktexperte Pilz. Und selbst zum Eindruck machen eigne sich der Veuve Monsigny nicht. Denn wer sich auskenne, wisse ohnehin, dass Veuve Monsigny der Billig-Champagner von Aldi ist.