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„Ehrlich gesagt sind wir auf dem Meeresgrund ziemlich blind“: Wie Deutschland und Norwegen mithilfe der Nato Pipelines und Kabel schützen wollen

Die HMS Queen Elizabeth, nun im Hafen von Oslo, ist 284 Meter lang und 73 Meter hoch. Der Nato-Flugzeugträger kann bis zu 40 Kampfflugzeuge transportieren. - Copyright: picture alliance / NTB | Stian Lysberg Solum
Die HMS Queen Elizabeth, nun im Hafen von Oslo, ist 284 Meter lang und 73 Meter hoch. Der Nato-Flugzeugträger kann bis zu 40 Kampfflugzeuge transportieren. - Copyright: picture alliance / NTB | Stian Lysberg Solum

Dicke Schneeflocken trüben die Sicht auf ein riesiges Etwas, das sich am Montag langsam in den Hafen der norwegischen Hauptstadt Oslo schiebt: 284 Meter lang, 73 Meter hoch, aus grauem matten Stahl. Die HMS Queen Elizabeth ist ein britischer Flugzeugträger, auf dem bis zu 40 Militärmaschinen Platz haben. Begleitet wird das Nato-Schiff von drei kleinen Schiffen – zwei britischen Fregatten und der "Sachsen", eine Fragatte der deutschen Bundeswehr. Es wird klar: Die Nato-Allianz signalisiert Kriegsbereitschaft.

Denn Ende September machten mutmaßliche Sprengstoffanschläge auf Leitungen der Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 und wenige Tage darauf verdächtige Drohnenaktivitäten über norwegischer Energieinfrastruktur auf schmerzhafte Weise deutlich, wie verwundbar die "Lebensadern für unsere Staaten" unter der Meeresoberfläche sind. Als solche bezeichnet Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zwei Tage, nachdem die Queen Elizabeth in Oslo eingelaufen ist, Internet-, Telefon-, Starkstromkabel und Gaspipelines. Sein norwegischer Amtskollege Jonas Gahr Støre ist zu Gast auf der Berliner Sicherheitskonferenz. Gemeinsam wollen die beiden die Nato bitten, den Schutz auszuweiten.

Für Deutschland steht die Gasversorgung auf dem Spiel – für Norwegen Milliardeneinnahmen

Deutschlands Interesse an diesem Schutz ist seit dem Einfall Russlands in die Ukraine und allerspätestens, seitdem kein Gas mehr aus Russland kommt, groß. Denn über 40 Prozent der Erdgaslieferungen – Tendenz steigend – werden mittlerweile aus Norwegen bezogen. Und dem skandinavischen Königreich wiederum hat die Infrastruktur unter Wasser in den vergangenen Jahrzehnten ermöglicht, dass Norwegen sein Gas und Öl exportieren und damit von einem vergleichsweise armen Land zu einer der reichsten Industrienationen aufsteigen konnte. Nicht umsonst heißt der norwegische Pensionsfonds, der die Renten der Norwegerinnen und Norweger sichern soll und umgerechnet weit über eine Billion Euro umfasst, auf Norwegisch Oljefondet – Ölfonds.

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Die Bestrebungen Deutschlands und Norwegens für mehr Sicherheit stoßen auch auf Wohlwollen bei der Nato. Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Montag, er freue sich darauf, die Pläne in Berlin mit Scholz und Støre zu besprechen. "Wir haben unsere Anstrengungen nach der jüngsten Sabotage der Nord-Stream-Pipelines verstärkt. Und es ist nun entscheidend, noch mehr zu tun, um sicherzustellen, dass unsere Infrastruktur im Meer gegen weitere zerstörerische Taten gesichert ist."

Nicht zuletzt die Anschläge auf die Pipelines von Nord Stream 1 und 2 hätten gezeigt, welche großen Risiken hier bestünden, sagte Scholz. Ziel müsse es nun sein, polizeiliche und militärische Kräfte effizient aufeinander abzustimmen.

So fahren seit den Anschlägen etwa vermehrt Korvetten der Skjold-Klasse, die schnellsten Kriegsschiffe der Welt, Rohrleitungen entlang der norwegischen Küsten im Nordatlantik ab. Und auch ein riesiges Marinemanöver namens Flotex 22 fand am vergangenen Donnerstag unter Beteiligung dänischer und deutscher Streitkräfte vor der norwegischen Inselgruppe der Lofoten statt. Das ist viel Militärpräsenz, zumindest mehr als vor den Anschlägen auf Nord Stream 1 und 2.

Doch lassen sich so die Zigtausenden Kilometer Unterwasserkabel und Pipelines in Nord-, Ostsee und im Nordatlantik wirklich schützen? Allein in norwegischen Gewässern befinden sich 9000 Kilometer Leitungen. Besonders geschützt sind solche Röhren und Kabel in der Regel nicht. Anker und Fischerei-Equipment könnten schon mal für Schäden sorgen, sagte etwa Henrik Wachtmeister, Experte für Energiesicherheit an der Universität Uppsala, im Gespräch mit Business Insider im Oktober.

„Ehrlich gesagt sind wir auf dem Meeresgrund ziemlich blind“

Und auch von norwegischen Militärs heißt es, wenn jemand unbedingt etwas sabotieren wollte, könne man das tun. Nur würde das Militär zumindest in Erfahrung bringen können, wer dahinter stecke. Das erzählte der Kapitän einer der Korvetten, die die nordatlantische Küste Norwegens bewachen, einem Reporter der "Süddeutschen Zeitung".

Noch krasser formulierte es ein Teilnehmer der Berliner Sicherheitskonferenz. Der dänische Generalstabschef Flemming Lentfer, auch für Grönland und die Faröer Inseln zuständig, bezeichnete einen potenziellen Krieg auf dem Meeresgrund als unterseeisches Neuland. „Ehrlich gesagt sind wir auf dem Meeresgrund ziemlich blind“, zitierte ihn die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" von dem Treffen am Mittwoch in Berlin.

Deutlich mehr Zuversicht signalisierte Kanzler Scholz auf der Berliner Konferenz: Kein Aggressor dürfe jemals daran zweifeln, dass Deutschland fest entschlossen sei, "jeden Alliierten und jeden Zentimeter des Bündnisgebietes" mit allen zur Verfügung stehenden Kräften zu verteidigen. Er habe der Führung der Bundeswehr gesagt, der Kernauftrag sei die Landes- und Bündnisverteidigung und die Verteidigung der Freiheit in Europa. "Alle anderen Aufgaben unserer Streitkräfte leiten sich daraus ab. Alle anderen Aufgaben ordnen sich diesem zentralen Auftrag unter".

Mit Material der DPA