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Ehemaliger AvP-Geschäftsführer im Skandal um Apothekenabrechner angeklagt

Der Abrechnungsdienstleister AvP ist jüngst wegen Zahlungsunfähigkeit zusammengebrochen. Ein ehemaliger Geschäftsführer soll nun wegen des Verdachts der Untreue vor Gericht.

Im September rutschte der Apothekenabrechner in die Insolvenz. Finanzielle Unregelmäßigkeiten gab es schon länger. Seit 2018 ermitteln Staatsanwälte. Foto: dpa
Im September rutschte der Apothekenabrechner in die Insolvenz. Finanzielle Unregelmäßigkeiten gab es schon länger. Seit 2018 ermitteln Staatsanwälte. Foto: dpa

Es soll bescheiden angefangen haben. Am Anfang seien es private Rechnungen der Baumarktkette Bauhaus gewesen, die der Geschäftsführer mit dem Geld seines Arbeitgebers gezahlt haben soll. Knapp ein Jahrzehnt ist das laut Insidern schon her.

Im Verlauf der Zeit verlor Ralf Franzius (Name geändert) offenbar immer mehr Hemmungen. Anfang 2018 soll der Manager des Apothekenabrechners AvP sechsstellige Beträge auf ein Konto gebucht haben, das er demnach als eine Art schwarze Kasse bei einer Schwestergesellschaft führte.

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Nachdem ihn sein Partner im Management lange Zeit gedeckt und sogar gegenüber der Staatsanwaltschaft entschuldigt haben soll, war im März 2020 Schluss. Der 63-jährige Franzius musste seinen Posten räumen. Am Ende stand Ermittlern zufolge ein mutmaßlicher Millionenschaden.

Nach Informationen des Handelsblatts hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf jetzt Anklage wegen Untreue gegen den früheren AvP-Manager erhoben. Das zuständige Amtsgericht Düsseldorf bestätigte auf Nachfrage den Eingang der etwa 30 Seiten starken Anklageschrift. Darin geht es um jene Taten, die Franzius 2018 begangen haben soll – mit einem vermuteten Schaden von 800.000 Euro. Der Anwalt von Franzius äußerte sich auf Nachfrage nicht.

Der Apothekenabrechner AvP hatte im September 2020 Insolvenz angemeldet. Nun hat dort der Insolvenzverwalter Jan-Philipp Hoos das Sagen. In seinem Gutachten berichtet er den Gläubigern der AvP, dass zwischen 2009 und 2018 insgesamt 1,8 Millionen Euro „ohne ersichtlichen Rechtsgrund“ auf das Konto flossen, das Franzius als „schwarze Kasse“ geführt haben soll. Den Großteil davon soll der Geschäftsführer für private Zwecke verwendet haben.

Jahrelange schuldrige Buchhaltung

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hatte nach einer Geldwäscheverdachtsanzeige der Stadtsparkasse Düsseldorf wegen auffälliger Überweisungen im August 2018 Ermittlungen aufgenommen und im April 2019 die Geschäftsräume von AvP durchsucht. Über mehrere Monate hinweg hatte Franzius insgesamt Hunderttausende Euro aus der AvP-Firmengruppe für private Zwecke abgezweigt, so der Verdacht.

Insidern zufolge war die mutmaßliche Untreue an der Unternehmensspitze aber nicht der Grund für den Zusammenbruch. Der Dienstleister fiel über jahrelange schludrige Buchhaltung – dem Unternehmen entgingen dadurch hohe Millionenbeträge. Die Düsseldorfer gaben etwa einen Abschlag, wenn Rechnungen schnell bezahlt wurden, zum Beispiel fünf Prozent, wenn dies innerhalb von zehn Tagen geschah. Der sogenannte Apothekenrabatt ist gesetzlich vorgesehen, die Branche hat damit also reichlich Erfahrung. Bei AvP aber ging diese Praxis schief. Es gab auch dann Skonto, wenn nicht zügig gezahlt wurde.

Für die 4000 Gläubiger der AvP freilich wird es kaum einen Unterschied machen, warum das Unternehmen zusammenbrach. Laut Gutachten des Insolvenzverwalters betragen die offenen Forderungen fast 600 Millionen Euro. Die meisten Gläubiger sind Apotheken – viele von ihnen gerieten durch die AvP-Insolvenz selbst in eine bedrohliche Schieflage. Erste Rufe nach einem politischen Rettungsschirm sind bereits laut geworden.

Die Arbeit der Staatsanwaltschaft läuft unbeirrt fort. Nach Recherchen des Handelsblatts haben die Ermittler bereits den Verdacht, dass Franzius nicht der Einzige war, der auf eigene Rechnung wirtschaftete. Insider berichten von einer Firmenkultur der Bereicherung. So soll der langjährige Firmenchef und Haupteigentümer seinen extravaganten Lebensstil und teure Hobbys wie die Fliegerei auf Kosten der AvP finanziert haben. Auch gegen ihn wird ermittelt.

In seinem Verfahren geht es nicht nur um Untreuehandlungen, sondern auch um Insolvenzverschleppung und Bankrotthandlungen. Der Verdacht: Es wurden dreistellige Millionenbeträge an Apotheken ausgezahlt, als längst klar war, dass AvP nicht mehr zu retten war. Sein Mandant sei von sich aus auf die Staatsanwaltschaft zugegangen, gibt der Verteidiger des beschuldigten Managers dazu an, und werde auch weiterhin mit ihr kooperieren.

Obwohl die Bafin bereits einen Aufseher in die Firmenzentrale nach Düsseldorf geschickt hatte und dem Unternehmen untersagt hatte, Transaktionen zu tätigen, flossen am 10. September noch etwa 127 Millionen an wichtige Kunden ab. Warum gerade sie bedacht wurden und ob womöglich Gelder als Kick-backs zurückflossen, sind Fragen, denen die Staatsanwaltschaft nun nachgeht.

Mehr: Pleite des Apothekenabrechners AvP: Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen ein