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Ebay oder Zalando: Plattformen werden zum Rettungsanker für stationäre Händler

Die Geschäftsschließungen waren für viele Händler ohne Webshop ein Weckruf. Marktplätze wie Ebay und Zalando ebnen ihnen jetzt den schnellen Weg ins Netz.

In der Coronakrise sucht der Discounthändler den schnellen Weg in den Onlinehandel. Foto: dpa
In der Coronakrise sucht der Discounthändler den schnellen Weg in den Onlinehandel. Foto: dpa

Der erste Artikel, den die Ladenkette Tedi online angeboten hat, waren Gummibänder. Weil so viele Menschen Schutzmasken aus Stoff selber nähen, waren die Bänder zeitweise nur noch schwer zu bekommen. Entsprechend begehrt waren die Bänder, als der Einzelhändler vor gut zwei Wochen seinen Verkauf über die Plattform Ebay begonnen hat. Der Start sei „sehr gut gelaufen“, bestätigte eine Sprecherin.

Eigentlich hatte sich Tedi vor gut einem Jahr aus dem Onlinevertrieb wieder zurückgezogen und seinen Webshop dicht gemacht. Zu schwierig schien es, dieses Geschäft wirtschaftlich zu einem Erfolg zu machen. Doch die Coronakrise hat alle Rahmenbedingungen auf den Kopf gestellt: Tedi musste seine Läden schließen – und stand auf einmal ohne Umsatz da.

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Da es Monate gedauert hätte, eine eigenen Webshop neu aufzubauen, bot sich der Marktplatz von Ebay als Alternative an. In nur knapp zwei Wochen war alles technisch eingerichtet und der Verkauf konnte losgehen. „Ebay ist sehr engagiert und entgegenkommend“, sagt die Tedi-Sprecherin. Geholfen habe dabei auch, dass einige der Tedi-Mitarbeiter noch Erfahrungen mit dem Onlinehandel haben. „Auch deshalb brauchten wir abgesehen von Ebay keinen externen Dienstleister.“

Die Coronakrise hat den Handel auf den Kopf gestellt. Zahlreiche stationäre Geschäft mussten schließen – und viele Onlineplattformen haben die Chance gesehen, sich als Retter in der Not zu profilieren. Ebay, Zalando, Stilwerk oder Douglas – sie alle werben aktiv darum, dass stationäre Händler auf ihre Plattformen kommen.

Denn selbst wenn jetzt die ersten Läden wieder aufmachen dürfen, wird noch über längere Zeit ein großer Teil des Umsatzes für viele Händler in den Filialen fehlen. Eine Präsenz auf einer Plattform, auch wenn sie erst mal aus der Not geboren ist, bietet da auch eine Perspektive auch für zukünftiges Zusatzgeschäft.

Ebay beispielsweise bietet neuen Partnern Sonderkonditionen. Die Händler erhalten für sechs Monate kostenfrei einen Premium-Shop bei Ebay.de und zahlen für drei Monate keine Verkaufsprovisionen für verkaufte Artikel. Händler können aus dem Programm jederzeit wieder aussteigen und gehen keine langfristigen Verpflichtungen ein.

Auch Zalando bietet Partnern jetzt eine schnelle Anbindung an die Plattform innerhalb von zwölf Tagen. „Wir wollen jegliche Modemarken, Designer und Einzelhändler unterstützen, die unter den Auswirkungen der Coronavirus-Krise leiden und somit die Vielfalt der Branche sichern“, erklärt David Schneider, Co-CEO bei Zalando.

„Existenzielle Einschränkungen für den Handel“

Bis Ende Juni schüttet Zalando Einnahmen aus dem Partnerprogramm an seine Partner alle 14 Tage aus und erhöht damit die Zahlungsfrequenz, was wiederum die Liquidität für Marken und Händler steigert. Auch Händlern, die wegen Ladenschließungen auf vollen Lagern sitzen, bietet Zalando Hilfe beim Abverkauf an: Mit ihrem Offprice-Geschäft Zalando Lounge bieten sie Kommissionsgeschäfte an und übernehmen die komplette Auftragsabwicklung.

Der Shoppingcenterbetreiber Unibail Rodamco Westfield (URW) hat als erster Centerbetreiber die Chance genutzt, die Händler in seinen Einkaufszentren jetzt an Zalando anzubinden. Die Partnerschaft war schon länger geplant, URW habe sich aber durch die Ladenschließungen und „die massiven bis existenziellen Einschränkungen für den stationären Handel“ dazu entschieden, die Gespräche zügig abzuschließen, sagt URW-Deutschlandchef Andreas Hohlmann.

Gerade weil noch nicht allen Bundesländern Shoppingcenter wieder öffnen dürfen und viele Kunden durch die verschärften Hygienemaßnahmen abgeschreckt sein könnten, sieht URW diese Partnerschaft als große Chance. „Das System ist auch in der jetzigen Zeit ohne eine Öffnung der Shops funktionsfähig und bewegt sich vollumfänglich im Rahmen der behördlichen Verordnungen“, betont Hohlmann.

Das Programm Connected Retail von Zalando verbindet stationäre Händler mit der Plattform. Bestellt ein Kunde online ein Produkt, kann die Bestellung direkt an einen angeschlossenen Partnerhändler weitergeleitet werden, der es vorrätig hat. Die Mitarbeiter im Store oder einem lokalen Lager des Einzelhändlers übernehmen den Versand.

Der Fokus der Partnerschaft zwischen URW und Zalando soll zunächst auf dem Großraum Berlin liegen, wo URW sieben Shoppingcenter betreibt, und auf Großmietern. In kurzer Zeit sollen aber auch die restlichen 17 Center des Betreibers in Deutschland angeschlossen werden.

Die Drogeriekette Douglas will die Reichweite ihrer Plattform kleineren Händlern zur Verfügung stellen, damit sie in der Krise mehr Kunden erreichen können. Dafür hat das Unternehmen auf douglas.de extra die Contentseite #helplocalheroes eingerichtet. Dort können sich lokale Händler mit bis zu zehn Mitarbeitern sich und ihre Produkte vorstellen und auf ihre eigenen Onlineshops und Social-Media-Kanäle verlinken. „Mit #helplocalheroes wollen wir kleinen Unternehmen und Selbstständigen ermöglichen, ihre Sichtbarkeit über die große Reichweite unserer Douglas Digitalkanäle zu steigern“, erklärt Douglas-Chefin Tina Müller.

Auch kleinere Onlineplattformen sehen die Coronakrise als Chance, der Kreis ihrer Partner zu erweitern. „Um das durch Corona beschleunigte Ladensterben der Kleineren zu verhindern, haben wir entschieden, unseren reichweitenstarken Online-Shop auch für externe Marken und Händler kostenfrei zu öffnen“, sagt Andraes Garbe, Inhaber des Möbelhändlers Stilwerk.

Viel mehr Reichweite und neue Kunden

Das Unternehmen bietet an den drei Standorten Berlin, Düsseldorf und Hamburg Zentren für Läden rund um Wohndesign und Lifestyle. Zugleich unterhält das Unternehmen aber auch eine Onlineplattform, über die die rund 100 Händler und Markenhersteller aus den Stilwerk-Häusern ihre Waren anbieten können. Diese soll jetzt weiteren kleineren Händlern zugängig gemacht werden.

Profitieren davon kann jetzt Anna Wahdat. Sie hat 2015 den Orientteppichhandel On the Rugs gegründet, der durch die Kontaktsperre deutlich belastet ist. „Rund 90 Prozent unserer Kundenkontakte liefen bisher über unseren Showroom in Hamburg“, erzählt die Unternehmerin. „Wir leben von der intensiven Beratung, auch bei den Kunden vor Ort“, sagt sie.

Deshalb war es für sie ein Glücksfall, dass sie über einen Auftrag mit Stilwerk in Kontakt gekommen war. Denn Stilwerk will in Kürze eigene Hotels eröffnen und diese mit Teppichen von On the Rugs ausstatten lassen. Als die Coronakrise ausbrach, entstand über diese Gespräche schnell die Idee, Wahdats Unternehmen auf die Plattform zu nehmen.

So bekommt sie auf einen Schlag immerhin schon mal viel mehr Reichweite und interessante neue Kunden. Das eigentliche Geschäft läuft dann meist doch wieder über den direkten Kontakt. Weil die Teppiche alle Unikate sind, bietet sie Kunden auch an, ihnen Probeteppiche nach Hause zu bringen. „Die neue Situation ist eine große Herausforderung, aber in so einer Krise wird man auch kreativ, neue Wege zu finden“, sagt Wahdat.

Diese neue Kreativität weckt die Krise zurzeit bei vielen Händlern – und sie dürfte auch langfristig etwas verändern. Der Discounthändler Tedi beispielsweise baut seinen Shop auf Ebay weiter aus – auch wenn jetzt wieder die ersten stationären Geschäfte öffnen dürfen. „Wir listen im Moment im 10-Minuten-Takt neue Artikel ein“, erzählt die Tedi-Sprecherin.

Der Händler nutzt das auch, um den Kontakt zu den Kunden zu intensivieren. So fragt das Unternehmen über Social Media, welche Produkte die Kunden am meisten vermissen und berücksichtigt das bei der Gestaltung des Online-Sortiments. Besonders oft gewünscht sind in Zeiten der Kontaktsperre Bastelartikel.