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Mit Easy Going ist Schluss

Easyjet, Lufthansa und Co - Mit Easy Going ist Schluss

Carolyn McCall gibt sich unverdrossen. „Unser Geschäftsmodell bleibt robust, mit einer starken Cash-Position und einer flexiblen Flottenplanung“, betonte die Vorstandschefin des britischen Billigfliegers Easyjet bei der Vorlage der Quartalszahlen am Donnerstag in London. Doch auch die markigen Worte der 54-jährigen Spitzenfrau können nicht überdecken, dass der zweitgrößten Low-Cost-Fluggesellschaft in Europa ungewohnter Gegenwind entgegenbläst.

Wegen der Entscheidung der Briten für den EU-Austritt und den Ereignissen in der Türkei und Nizza geht die Airline inzwischen von einer stärkeren Verunsicherung unter den Fluggästen aus, die sich auf das vierte Quartal auswirken werde. Die Luftfahrbranche in Großbritannien befinde sich „in einer der schwierigsten Phasen seit Langem“, räumte McCall ein.

Es sind ungewohnt vorsichtige Töne der wichtigen britischen Airline – und sie steht damit nicht allein. Auch die Lufthansa senkte als Reaktion auf die Anschläge und eine „gestiegene politische und wirtschaftliche Unsicherheit“ . Schluss mit Easy Going: Lange profitierten die Fluggesellschaften im Schatten des günstigen Öls vom billigen Kerosinpreis und fuhren teilweise Rekord um Rekord beim Quartalsgewinn ein. Doch die anhaltenden Terroranschläge und die überraschende Entscheidung der Briten, sich von der EU zu verabschieden, kippten die Branche in Europa nun unsanft aus Wolke Sieben.

Die Luftfahrtindustrie steht damit vor einem schwierigen Sommer. Angesichts der Währungsschwankungen nach dem Brexit-Votum und den Ereignissen in der Türkei und Nizza rechnet Easyjet - Europas zweitgrößte Billigfluglinie – mit deutlichen Auswirkungen auf das Verbrauchervertrauen. So überdenken viele Urlauber angesichts der wachsenden Unsicherheit offensichtlich ihre Ferienpläne.

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Im dritten Geschäftsquartal zu Ende Juni sank der Umsatz von Easyjet bereits um 2,6 Prozent auf knapp 1,2 Milliarden Pfund (umgerechnet 1,43 Milliarden Euro). Die Erlöse pro Sitzplatz gaben sogar um mehr als acht Prozent nach. Easyjet begründete dies unter anderem auch mit zahlreichen Flugausfällen im Juni, für die auch ein Fluglotsenstreik in Frankreich sorgte.

Bereits kurz nach dem Referendum am 23. Juni hatte der Ryanair-Konkurrent seine Prognose gekappt und dies damit begründet, dass sich wegen des Brexits weniger Menschen im Sommer für eine Flugreise entscheiden könnten. Eine Sorge, die nicht allein die britische Airline umtreibt.

Politische Unsicherheiten und Anschläge in Europa stimmen auch die Lufthansa skeptisch. Deutschlands größte Fluggesellschaft senkte am Mittwochabend überraschend ihr Gewinnziel für dieses Jahr. Das Betriebsergebnis werde 2016 unter den 1,8 Milliarden Euro aus dem Vorjahr liegen, teilte die Gesellschaft mit. Zuvor hatte der Konzern noch erwartet, den Vorjahreswert „leicht“ übertreffen zu können. Erst vor zwei Wochen hatte Konzernchef Carsten Spohr diese Prognose bestätigt.


Easyjet wird besonders hart getroffen

Als Grund für den Pessimismus gab die Airline eine Buchungsdelle vor allem bei Langstreckenflügen nach Europa an. Ursache dafür seien die wiederholten Anschläge in Europa sowie die zuletzt gestiegene politische und wirtschaftliche Unsicherheit. „Eine vollständige Aufholentwicklung hält der Vorstand aus heutiger Sicht für nicht mehr wahrscheinlich“, hieß es in der Mitteilung des Konzerns.

In den vergangenen Monaten hatte eine Reihe von Anschlägen wie im November in Paris, im März in Brüssel sowie in der vergangenen Woche in Nizza Europa erschüttert. Die Auswirkungen bekommen nun auch die Fluggesellschaften und Tourismuskonzerne zu spüren, da viele Menschen aus Angst zunächst nicht mehr reisen wollen. Zudem belastet die Branche ein harter Preiskrieg, weshalb die Lufthansa bereits im Mai ihre Wachstumspläne zurückschraubte. Auch die British Airways-Mutter IAG stutzte ihre Expansionspläne.

Gerade Easyjet trifft diese Entwicklung hart. Denn britische Airlines sind vom Brexit-Votum stark betroffen. Die Schwäche der britischen Währung im laufenden Geschäftsjahr werde Easyjet bis Ende September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum rund 80 Millionen Pfund kosten, teilte der Ryanair-Rivale mit. Der Luftfahrtverband IATA schätzt, dass der erwartete wirtschaftliche Abschwung nach einem Brexit und der Wertverfall des britischen Pfunds die Zahl der Fluggäste aus dem Vereinigten Königreich bis zum Jahr 2020 um 3 bis 5 Prozent nach unten drückt.

Zudem müssen sich die Fluglinien mit Sitz im Vereinigten Königreich langfristig um den Zugang zum europäischen Markt sorgen. Bislang konnten Easyjet und British Airways dank der EU-Mitgliedschaft auch Flüge innerhalb aller EU-Märkte anbieten. Der Vorteil fällt mit dem Austritt weg. McCall dringt deshalb darauf, dass Großbritannien im Rahmen eines Abkommens den Zugang zum EU-Binnenmarkt sichert.

Sicherheitshalber will die Airline, die ihr Hauptquartier in einem orangefarbenen Hangar am Flughafen Luton hat, ein Luftverkehrsbetreiber-Zeugnis (AOC) in der Europäischen Union beantragen. Eine Verlagerung der Firmenzentrale aus Luton bei London sei aber nicht vorgesehen, hat das Unternehmen bereits klargestellt.

McCall zeigte sich überzeugt, dass Easyjets Geschäftsmodell den Herausforderungen gewachsen ist – und setzte dafür auch ein für Investoren deutliches Zeichen. Die Dividende für das Gesamtjahr will sie weiterhin anheben: So soll diesmal die Hälfte des Jahresgewinns den Aktionären zufließen. Für den streitbaren Easyjet-Großaktionär Stelios Haji-Ioannou, dessen Beteiligung wegen des Absturzes der Easyjet-Aktie nach dem Brexit mehr als ein Viertel an Wert verloren hat, dürfte dies allerdings nur ein schwacher Trost sein.