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„Es ist dumm, auf Zölle mit Zöllen zu reagieren“

Herr Straubhaar, nun ist Donald Trump als US-Präsident vereidigt. Den deutschen Autobauern drohte er jüngst mit Strafzöllen. Wie ernst nehmen Sie die Ankündigen Trumps?
Ich denke, die sind ernst zu nehmen. Donald Trump wird ganz sicher „Buy American“ und „Make America Great Again“ als Argumente benutzen, um auch mit protektionistischen Maßnahmen dieses Ziel erreichen zu wollen – ohne die langfristigen Folgekosten im Blick zu haben. Besonders die Konsumgüterindustrie wird sich ernsthaft damit beschäftigen müssen, weil es Restriktionen geben könnte.

Was sind die langfristigen Folgekosten?
Durch den Protektionismus werden amerikanische Verbraucher mehr für ihre Einkäufe bezahlen müssen und eine kleinere Auswahl von Produkten haben. Das führt zu einer geringeren realen Kaufkraft der Verbraucher. Außerdem dürfte sich die Innovationskraft bei US-Herstellern nicht so schnell weiterentwickeln. Bekanntlich ist (internationale) Konkurrenz die Peitsche, die Unternehmen dazu treibt, besser zu werden.

Ein Blick in Handelsstatistiken zeigt: Deutschland hat einen großen Exportüberschuss, aber Produkte wie Motorenteile oder Erdöl importieren wir aus den USA. Wir sind also vom amerikanischen Markt abhängig, aber die US-Firmen auch von uns. Sollte Deutschland also im Zweifel mit eigenen Strafzöllen reagieren?
Es ist das Dümmste, auf Zölle auch mit Zöllen zu reagieren. In der Handelspolitik sollte man Gleiches nicht mit Gleichem vergelten. Damit kämen wir dem Thema Handelskriege näher. Das ist – wie bei jedem Krieg – am Ende für alle Beteiligten mit höheren Kosten verbunden.

Aber was ist die Alternative?
Darauf gibt eine ganz klare Antwort: Jene Branchen haben wenig zu befürchten, deren Produkte qualitativ herausragend sind. Dort wird die Trump-Administration kaum protektionistisch handeln, weil die US-Wirtschaft von importierten Spitzenprodukten abhängig ist – gerade auch, um selbst standardisierte Produkte in ihrem Land billig herstellen zu können.

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Welche Branchen sind das denn?
Das sind Investitionsgüter, also High-Tech-Maschinen, Präzisionswerkzeuge, moderne Ingenieurskunst, das sind industrielle Baustoffe, das sind im Infrastrukturbereich Brücken- und Straßenbau. In diesen Bereichen stehen deutsche Hersteller weltweit an der Spitze – da ist die Gefahr von Protektionismus geringer.

Wird Europa so viel Vernunft aufbringen? Oder müssen wir uns jetzt auf Handelskriege einstellen?
Ich hoffe, dass wir Europäer klüger sind und uns nicht auf einen Handelskrieg einlassen. Wir sollten rational handeln und beachten, dass Amerika durchaus Interesse an offenen Märkten hat, dass auch amerikanische Produkte auf einen freien Zugang angewiesen sind, dass auch amerikanische Produkte Teile und Vorleistungen enthalten, die in Europa produziert werden. Das iPhone von Apple enthält Bestandteile aus aller Welt. Das Klein-Klein hilft letztlich niemandem.


"Die WTO ist ein Auslaufmodell"

Manche sagen, gerade Deutschland müsse sich nun ohnehin in Demut üben. Schließlich sei unser Exportüberschuss für viele Probleme mitverantwortlich. Stimmt das?

Ich glaube eher, dass wir in Deutschland gerade die Quittung dafür bekommen, wie wir in den Verhandlungen zum transatlantischen Abkommen TTIP agiert haben. Wir waren skeptisch gegenüber TTIP, weil wir uns um Standards, Kultur und das typisch Europäische gesorgt haben. Donald Trump macht genau dasselbe, nur mit einer anderen Begründung: Er will das Amerikanische verteidigen, was immer das heißt und wie diffus heutzutage derartige Nationalismen auch sein mögen. Mit Strafzöllen hat er ein Instrument dafür gefunden. Unser Erschrecken über Trump ist deshalb scheinheilig.

Nicht nur Zölle könnten eine Rolle spielen. Die Briten drohen neuerdings damit, die EU im Steuerwettbewerb zu unterbieten. Hätte Deutschland da eine Chance?
Ein Ratenrennen um immer noch günstigere Standortbedingungen ist keine nachhaltig erfolgreiche Strategie. Sollte Großbritannien das tatsächlich versuchen, sehe ich darin sogar eine Chance für Deutschland. Aus empirischen Studien wissen wir, dass Steuern für Ansiedlungsentscheidungen relativ unbedeutend sind. Andere Faktoren sind viel wichtiger für die Standortwahl, wie ein gut funktionierender Rechtsstaat mit geringer Bürokratie, Planbarkeit, eine attraktive Infrastruktur oder die Verfügbarkeit an gut gebildeten Arbeitskräften. Darauf sollte die Politik setzen.

Von der WTO hört man zu all dem wenig. Die hat bereits in den vergangenen Jahren an Einfluss verloren. Ist die Welthandelsorganisation jetzt ganz am Ende?

Ja, das ist schon relativ lange meine These. Die WTO war ein Kind Amerikas der Nachkriegszeit. Aber lange schon war sie ein Auslaufmodell, spätestens als „emerging markets“ und China, Südostasien, Brasilien, Indien und Russland immer wichtiger wurden und immer mehr Einfluss auf die Gestaltung der Wirtschaftsordnung einforderten. Hoffentlich wird sie noch Bestand haben, aber höchst wahrscheinlich wird das nur in den Bereichen Güterhandel und Dienstleistungshandel der Fall sein. Sie wird sich aber nicht weiterentwickeln. Die Bereiche Digitalisierung, Mobilität von Arbeit und Globalisierung von Kapital- und Finanzmärkten – dafür ist die Organisation nicht weit genug entwickelt.

Brauchen wir dann eine andere Organisation, die das regelt? Oder brauchen wir eine neue Instanz?

Wenn wir im Paradies leben würden, könnten wir den gesamten Handel von Gütern, Dienstleistungen und die Wanderung von Menschen und Kapital international koordinieren und Regeln für grenzüberschreitende Transaktionen standardisieren. Aber im Zeitalter des Brexit, des Donald Trump und anderer neonationaler Entwicklungen in Europa und den Nachbarregionen sind wir weiter denn je von weltweit gültigen Regeln entfernt.

Herr Straubhaar, vielen Dank für das Interview.