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Dreikampf um die IAA: So wollen Berlin, Hamburg und München überzeugen

Frankfurt verliert die Automesse IAA. München, Berlin und Hamburg sind noch im Rennen. Mit diesen Konzepten wollen die Städte die Automesse gewinnen.

Die Autoshow soll zum Mobilitätsfestival umgebaut werden – in Berlin, Hamburg oder München. Foto: dpa
Die Autoshow soll zum Mobilitätsfestival umgebaut werden – in Berlin, Hamburg oder München. Foto: dpa

Die Überraschung war groß. Nach 70 Jahren als Veranstalter der Internationalen Automobilmesse IAA schied Frankfurt im Wettbewerb um ein neues Messekonzept in der ersten Runde aus. „Mit München, Hamburg und Berlin werden wir jetzt in weitere Gespräche eintreten“, verkündete Daimler-Chef Ola Källenius die traurige Nachricht für Frankfurt im Berliner Automuseum „Classic Remise“.

Dort fand am Mittwochabend der Neujahrsempfang des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) statt. Der Name Frankfurt fiel der Rede des VDA-Vize Källenius gar nicht mehr. Auch Köln, Stuttgart und Hannover sind aus dem Rennen. Källenius bedankte sich höflich bei den sieben Bewerberstädten und versprach, „dass die neue IAA wichtige Impulse für die Transformation des Automobils setzen wird.“ Die ganze Messestadt soll zur „Smart City“ werden.

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Unter Autoherstellern und Zulieferern herrschte am Ende recht schnell Einigkeit, die IAA besser nicht in Frankfurt fortzuführen. Ein glaubhafter Neubeginn sei nur möglich, wenn man sich auch für eine neue Stadt entscheidet. Die Besucherzahlen waren zuletzt von 800.000 auf gut 500.000 stark zurückgegangen.

Zudem gab es formelle Kritik an der Bewerbung. Die Frankfurter hätten vergessen, die gesamte Rhein-Main-Region stärker in ihre neuen IAA-Pläne aufzunehmen. Dies verlangt der VDA als Ausrichter. „Frankfurt schwebt zu sehr in seiner ganz eigenen Welt“, kritisierte ein Teilnehmer.

Bei der Messegesellschaft Frankfurt und auch der Stadt ist die Enttäuschung deutlich zu spüren. „Wir haben so eine gute Arbeit geleistet. Wahrscheinlich war die Bürde zu schwer“, sagte der Wirtschaftsdezernent von Frankfurt, Markus Frank (CDU), mit Blick auf die Unzufriedenheit der Autohersteller mit der letzten IAA. Die Branche habe sich nun für einen vollständigen Neubeginn entschieden, konstatiert Uwe Behm, Geschäftsführer der Messe Frankfurt.

Frankfurter Oberbürgermeister in der Kritik

Dennoch hoffte man in der Mainmetropole, zumindest auf die Shortlist kommt. Man habe ein ausgefeiltes Konzept vorgelegt, heißt es. 250.000 Euro soll es gekostet haben, die „Manpower“ nicht eingerechnet. Es sollte Präsentationen auf städtischen Plätzen und am Mainufer geben. In der berühmten Paulskirche sollten öffentliche Diskussionen stattfinden – unter Einbindung von Kritikern und Klimaschützern.

Welchen Einfluss das etwas unglückliche Agieren von Oberbürgermeister Peter Feldmann auf die Entscheidung hatte, ist nicht ganz klar. Bei der letzten IAA hatte der SPD-Politiker der Branche in einem kritischen Beitrag die Leviten gelesen. Eigentlich wollte er das in seiner Rede auf der IAA tun. Doch Feldmann war nicht eingeplant, was kurzzeitig für Verwerfungen mit dem VDA führte.

Andererseits war Feldmann zusammen mit Frank und Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) nach Berlin gereist, um beim VDA für Frankfurt zu werben. „Sein Auftritt war sehr professionell“, hieß es hinterher von Teilnehmern.

Berlin, Hamburg und München gehen nun in die finale Auswahlentscheidung. Für die will sich der VDA Zeit bis Anfang März nehmen. Doch die Hauptstadt wird bei einigen Mitgliedsunternehmen des Verbandes schon jetzt als Favorit gesehen. „Berlin kann die IAA nur noch selbst verspielen“, meinte ein Unternehmensvertreter.

Die Messe Berlin hält sich mit Details zu ihren Konzepten bewusst bedeckt. Die Metropole sei bestens geeignet, um urbane Mobilität der Zukunft zu demonstrieren, heißt es lediglich. Man wolle diverse Verkehrsmittel von Sharing über E-Roller bis zum öffentlichen Nahverkehr einbinden. Mit „Berlkönig“ gebe es bereits Ridesharing der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Die Sammeltaxis lassen sich per App rufen. Das Netz der BVG gilt als fortschrittlich. In einer Studie der TU Turin schnitten die Verbindungen unter 32 Weltstädten am besten ab, noch vor Paris.

Berlin muss Sicherheitskonzept überarbeiten

Berlin gilt jedoch nicht unbedingt als autofreundlich. Die grüne Verkehrssenatorin will zudem bis 2030 alle Verbrennerautos aus der Stadt verbannen. Das sei kein Widerspruch zu IAA – im Gegenteil, heißt es bei der Messe.

Die Hauptstadt müsse vor allem an ihrem Sicherheitskonzept für die Messe nacharbeiten, meint ein Insider. Dem VDA kann es nicht gefallen, wenn radikale Umweltschützer die IAA für ihre eigenen Zwecke nutzen. Den gesellschaftlichen Diskurs mit Kritikern scheuen Messe und Stadt indes nicht, die neue IAA solle eine Dialogforum für alle bieten. Berlin sei nicht zuletzt durch die Grüne Woche im Umgang mit Kritikern und Demonstranten – ob Tierschützer oder Bauern auf Traktoren – geübt.

München will im Unterschied mit dem großen Flughafen Pluspunkte sammeln. „München verfügt über den einzigen Fünf-Sterne-Flughafen Europas sowie herausragende städtische Infrastruktur“, preist Messe-Chef Klaus Dittrich die Vorzüge. Das Messegelände liegt außerhalb des Zentrums. Deshalb hatte München das frühere Olympia-Gelände als zusätzlichen Veranstaltungsort in der Stadt vorgeschlagen.

„Der Park bietet mit seinem einzigartigen Ambiente einen idealen Rahmen für den Dialog mit der Öffentlichkeit“, teilt die Messe auf Anfrage mit. Es biete genug Platz für Markeninszenierungen rund um neue Formen der Mobilität. Zudem könnten dort neue Mobilitätsangebote erlebt und erprobt werden – auch mit Testfahrten hinein in den realen Verkehrsfluss.

Das Olympia-Gelände gefällt allerdings Volkswagen und Daimler nicht unbedingt, weil Konkurrent BMW in unmittelbarer Nähe seine Konzernzentrale hat. „Dieses Problem wäre aber lösbar“, sagte sogar ein VW-Vertreter. München müsse einfach nur einen anderen Standort auswählen.

Hamburg will mit Fakten punkten

Hamburg hat aus Sicht der VDA-Mitglieder eine grundsolide Bewerbung vorgelegt. Die Hansestadt hatte schon vor ihrer IAA-Bewerbung eigene Mobilitätskonzepte für sich und die umgebende Region aufgelegt. Denn im Oktober 2021 – vier Wochen nach der geplanten IAA – findet in der Hansestadt der Weltkongress für Intelligente Transportsysteme (ITS) statt. Hamburg hat dafür rund 100 Mobilitätsprojekte angeschoben, von denen 30 bereits fertig sind.

Schon jetzt verläuft eine neun Kilometer lange Teststrecke für autonomes Fahren mitten durchs Messegelände. Zum Bahnhof Dammtor wird 2021 ein autonom fahrender Bus pendeln. In der Hafencity gibt es solch einen Bus bereits. „In Hamburg ist das schon Realität, was andere Städte erst planen“, betont Bernd Aufderheide, Chef der Messe Hamburg, gegenüber dem Handelsblatt. „Statt mit Promis wollen wir mit Fakten überzeugen“, sagt er mit Seitenhieb auf Berlin. Die Hauptstadt war mit Fußball-Legende Jürgen Klinsmann zum Pitch erschienen.

Digitalisierung steht im Mittelpunkt der neuen IAA. Das hebt die Chancen der Hansestadt, die im Ranking des Branchenverbands Bitkom Platz eins unter den digitalen Städten belegt. Die Messehallen mitten in der Stadt sind zwar relativ klein, aber die neue Schau soll ohnehin die ganze Stadt einbeziehen.

Direkt vor dem Südeingang der Messe liegt das Heiligengeistfeld, wo sonst der Hamburger Dom mit Riesenrädern und Achterbahnen gastiert. „Diese 350.000 Quadratmeter Freifläche sind mit Infrastruktur und Technik bestens angeschlossen“, sagt Aufderheide. Hamburg will alle Formen moderner urbaner Mobilität anbieten – von autonom fahrenden Kleinbussen und E-Autos über Fahrräder bis E-Scooter.

Ab Sommer steht auch das modernisierte CCH, das größte Kongresszentrum Europas, zur Verfügung. Hamburg ist zudem ab März Reallabor für die Nationale Plattform der Mobilität der Zukunft (NPM), die im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. Doch noch fließt der Verkehr in der Hansestadt eher zäh.

Hamburg wurde nach Daten von TomTom gerade zur „Stauhauptstadt Deutschlands“ gekürt. Fahrten dauern im Schnitt 34 Prozent länger. Berlin allerdings folgt auf dem zweiten, München auf dem vierten Platz. Aufderheide sieht die IAA deshalb als Chance: „Intelligente neue Mobilitätskonzepte sind so wichtig, damit die Menschen nicht mehr so lange im Stau stehen müssen.“

Wer den Zuschlag für die neue IAA letztlich bekommt, ist offen. Beim VDA wird davor gewarnt, Berlin schon jetzt als feste Wahl zu setzen. In der Führungsriege könnten sich spontan neue Koalitionen bilden, die bei der geplanten Entscheidung Anfang März einem Überraschungskandidaten zum Sieg verhelfen können.