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Die drei wichtigsten Themen der EZB-Sitzung

Der EZB-Rat trifft sich erstmals unter der Führung der neuen Chefin Christine Lagarde zu einer geldpolitischen Sitzung. Auf diese Punkte kommt es an.

Bei Notenbankern achten Beobachter auf jedes noch so kleine Signal. Der frühere Chef der US-Notenbank Federal Reserve, Alan Greenspan, war bekannt für seine Aktentasche, die er morgens zu den Fed-Sitzungen mit sich trug. War sie voll, deutete dies auf eine Zinserhöhung hin – so die Legende.

Angeblich brachte Greenspan dann viel Material mit, um seine Kollegen zu überzeugen. Bei dem früheren EZB-Chef Mario Draghi konzentrierten sich Insider auf die Farbe der Krawatte.

Seit November hat Christine Lagarde seine Nachfolge als EZB-Chefin übernommen. Vor ihrer ersten Pressekonferenz fragen sich nun viele scherzhaft, worauf sie bei ihr achten müssen. In den ersten Wochen ihrer Amtszeit hat Lagarde bereits deutlich gemacht, dass sie einen neuen Stil pflegen will.

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Sie will stärker auf die Kritiker der lockeren Geldpolitik eingehen. Vor Kurzem lud sie den EZB-Rat zu einem ersten informellen Gedankenaustausch in das Kronberger Schlosshotel im Taunus ein.

Auf Lagardes erster Pressekonferenz werden die Experten sehr genau darauf schauen, wie sie sich im Detail von ihrem Vorgänger unterscheidet. Zudem könnte sie sich auch dazu äußern, wann die EZB mit der von ihr angekündigten Überprüfung der Strategie beginnen will. Auf folgende drei Punkte kommt es bei der Sitzung an.

1. Neuer Stil

Mario Draghi hat in seinen Pressekonferenzen zum Teil sehr ausführliche Analysen vorgetragen. Dem an der US-Kaderschmiede MIT ausgebildeten Ökonomen fiel das nicht schwer.

Die Frage ist, ob Lagarde, die selbst keine Ökonomin ist, das auch macht oder sich allgemeiner hält und kürzer fasst. Berenberg-Ökonom Florian Hense erwartet, dass sie sich vor allem im Eingangsstatement sehr eng an den Text halten wird.

In der Fragestunde dagegen könnte ihre Linie deutlicher werden, schreibt er in einer Analyse.

Die Deutsche Bank geht davon aus, dass Lagarde zwar weiterhin den Einsatz „aller Instrumente“ zur Erreichung des Inflationsziels von knapp zwei Prozent befürwortet, aber stärker als ihr Vorgänger Draghi die Notwendigkeit betont, mögliche Nebenwirkungen zu beobachten.

Frederik Ducrozet vom Vermögensverwalter Pictet dagegen sähe eine Änderung des Wortlauts zu diesem Thema als „vorzeitig“ vor der geplanten Überarbeitung der Strategie an.
Ducrozet hat seine Erwartungen für 2020 in mehreren Stufen formuliert. In seiner Basisprognose ist keine Veränderung der Geldpolitik im kommenden Jahr enthalten.

Sollte es im Euro-Raum aber zu einer größeren Abschwächung der Inflation kommen, wäre seiner Meinung nach eine weitere Zinssenkung eher im EZB-Rat durchsetzbar als eine Erhöhung der monatlichen Anleihezukäufe.

Bei einem sehr deutlichen Einbruch der Inflationserwartungen sei aber trotzdem eine Anhebung der Zukäufe von derzeit 20 Milliarden Euro auf 40 oder 50 Milliarden denkbar, schreibt der Experte.

Dann müsste die EZB jedoch ihre eigenen Regeln anpassen. Bisher darf sie nur bis zu ein Drittel der Anleihen eines Staates kaufen, dieses Limit müsste bei höheren Käufen laut Ducrozet auf 40 oder 50 Prozent erhöht werden.

Wichtig in dem Zusammenhang: Die Zukäufe sind als Differenz von den Käufen und dem Auslaufen von Zinspapieren gerechnet, sie erhöhen also netto jeweils den Bestand.

2. Geldpolitische Strategie

Ein weiteres wichtiges Thema in der Pressekonferenz wird die geplante Überprüfung der geldpolitischen Strategie der EZB sein. Lagarde hat bereits angekündigt, dass die Notenbank bald damit beginnen will.

Möglicherweise wird sie nun einen genaueren Zeitplan aufzeigen. Bei der Überprüfung geht es um grundsätzliche Probleme. Zum Beispiel darum, ob das bisher etwas umständlich formulierte Inflationsziel von „unter, aber nahe an zwei Prozent“ einfach neu definiert wird als zwei Prozent.
Außerdem stellt sich die Frage, wie stark die EZB schädliche Nebenwirkungen ihrer Geldpolitik beachtet. Schließlich gibt es auch innerhalb des EZB-Rats, zu dem neben dem sechsköpfigen Direktorium die Chefs von 19 nationalen Notenbanken gehören, tiefgehende Meinungsverschiedenheiten.
Bundesbankpräsident Jens Weidmann zum Beispiel hält Anleihezukäufe nur in Ausnahmesituationen für zulässig, weil die Notenbank damit einer direkten Staatsfinanzierung sehr nahe kommt. Der italienische Notenbankchef Ignazio Visco warnte dagegen kürzlich in einem Handelsblatt-Interview in erster Linie vor Minuszinsen, weil die seiner Meinung nach wenig bringen und relativ große Nebenwirkungen haben. Anleihekäufe sieht er entspannter als Weidmann.

3. Inflations- und Wachstumsprognosen

Zudem legt die EZB am Donnerstag neue Prognosen für das Wachstum und die Inflation im Euro-Raum vor. Im Vergleich zur letzten Prognose im September hat sich die wirtschaftliche Lage zuletzt etwas stabilisiert.

Die Märkte schätzen inzwischen das Risiko eines harten Brexits in Großbritannien geringer ein. Zudem hoffen Investoren auf eine Entspannung im Handelskonflikt zwischen den USA und China.

Die Mitglieder des EZB-Schattenrats, in dem 15 Ökonomen auf Einladung des Handelsblatts über die Geldpolitik im Euro-Raum debattieren, gehen im Durchschnitt davon aus, dass die Inflation im Euro-Raum bis 2020 auf 1,6 Prozent steigt, für die Wachstumsrate erwarten sie im selben Jahr einen Wert von 1,4 Prozent.